Open Software Foundation sammelt Vorschläge für Verteilungssoftware:

OSF will mit neutralem Standard Ernst machen

12.05.1989

MENLO PARK / KALIFORNIEN (IDG) - Auf der langwierigen Suche nach Argumenten für Ihr Betriebssystem OSF/1 hat die Open Software Foundation jetzt die verteilten Anwendungen entdeckt: Sie forderte ihre Mitglieder sowie Third-Party-Entwickler auf, Vorschläge für einen Standard für ein "Architecture-Neutral Distribution Format" (ANDF) einzureichen.

Mit dem ANDF soll es dann möglich sein, ein und dieselbe Anwendung auf Unix-Systemen verschiedener Hersteller zu fahren. Allerdings wird der Anwender dazu ein systemspezifisches Übersetzungsprogramm brauchen, das die ANDF-Verteilungssoftware in eine für das individuelle System ausführbare Form umwandelt.

Mittels dieses zweistufigen Prozesses kann eine Anwendung mehrere verschiedene Prozessoren und Architekturen addressieren, sofern diese in einer OSF/1-Umgebung integriert sind. Auf die Weise sollen mehr Entwickler ermutigt werden, OSF-Anwendungen zu schreiben.

Elizabeth Cobb, Business Area Manager bei der OSF, erwartet, die erste Softwarewelle jedoch nicht vor 1991 - also etwa ein Jahr nach der mutmaßlichen Freigabe von OSF/1 Mitte des kommenden Jahres. Wie die OSF bekannt gab, wurden die OSF/ 1 Spezifikationen jetzt den Mitgliedern zur Beurteilung überlassen.

Die angestrebte Struktur des ANDF kommt der Abneigung vieler Software-Entwickler entgegen, Source-Code an Endanwender auszugeben. So soll der ANDF-Compiler den Quellcode in eine Zwischenform transformieren, ohne die entwicklereigene Codierung preiszugeben.

Zu den im "Request for Technology" geforderten Kriterien gehören neben der Posix-Kompatibilität und der Unterstützung unterschiedlicher Architekturen auch die Möglichkeit zur Arbeit mit einer Bibliothek, der Schutz für die anbietereigenen Informationen und die Unterstützung nationaler Sprachen. Zunächst steht ein Compiler für Programme in ANSI-C auf dem OSF-Programm, doch die Wunschliste der "Foundation" enthält auch Compiler für Fortran- und Cobol-Quellprogramme.

Der Zeitplan sieht folgendermaßen aus: Interessierte Software-Entwickler müssen bis zum 30. Juni geantwortet haben, detaillierte Vorschläge sind bis zum 16. Oktober abzugeben. Im November werden dann die ersten Anbieter ihr Material der OSF vorstellen. Eine Liste der Entwicklungen, die in die engere Wahl genommen werden, soll am 8. Januar veröffentlicht werden. Noch im selben Monat haben die Finalisten unter Beweis zu stellen, daß sich ihre Entwürfe auch umsetzen lassen.

Ein Datum für den abschließenden Auswahlprozeß wollte die OSF noch nicht nennen. Auch der Zeitpunkt für eine Produktfreigabe liegt noch im Halbdunkel - im Request for Technology ist lediglich die Rede von einer Freigabe der ANDF-Software "im Laufe des Jahres 1990".

Informationen darüber, welche Verteilungsmedien oder Datenformate für die Verteilung der ANDF-Anwendungen benutzt werden sollen, liegen bislang nicht vor. Allerdings äußerte die OSF die Absicht, die Spezifikationen der ANDF-Format- und Conversion/Translation-Mechanismen bekannt zu geben, um den Third Parties und Systemhäusern die Entwicklung eigener Versionen des ANDF-Compilers und der Übersetzungsprogramme für spezifische Systeme zu ermöglichen.