Zu wenig Umsatz, zu hohe Kosten

Oracle muß zum ersten Mal einen Quartalsverlust einstecken

21.09.1990

REDWOOD CITY/KALIFORNIEN (CW) - Außer Tritt geraten ist der Datenbank-Highflyer Oracle Systems Corp. Für den ersten Abschnitt des laufenden Geschäftsjahres werden die Kalifornier erstmals in ihrer 13jährigen Firmengeschichte einen Quartalsverlust ausweisen müssen.

Obwohl konkrete Zahlen noch ausstehen, ließen Oracle-Sprecher bereits durchblickend daß das erste Quartal 1990/91 (31. August) schlechter als erwartet gelaufen ist. Man habe mit einem Umsatzplus von 50 Prozent gerechnet, jedoch nur eine Steigerung von 30 Prozent erreicht.

Dadurch seien die Kosten höher gewesen als die Einkünfte, so daß Oracle für die ersten drei Monate des laufenden Geschäftsjahres erstmals einen Verlust von 20 Cent pro Aktie ausweisen müsse. Dies, so folgert das "Wall Street Jounal", würde einen Minusbetrag von 27,4 Millionen Dollar bedeuten.

US-Marktbeobachter reagierten auf diese Ankündigung mehr als überrascht. Ein überragendes Ergebnis hatte zwar niemand erwartet, doch traute man den Kaliforniern immerhin noch die 11,6 Millionen Dollar Gewinn des vergleichbaren Vorjahresabschnitts zu. Die roten Zahlen des ersten Quartals, so erklärten amerikanische Analysten, zeigen nun, daß das enttäuschende dritte Quartal des letzten Geschäftsjahres keineswegs nur ein einmaliger Ausrutscher gewesen sei, wie das Oracle-Management damals hätte glauben machen wollen. Vielmehr räche sich jetzt die "Wachstum-um-jeden-Preis"-Strategie der Kalifornier. Deshalb, so der Rat der Analysten, solle der führende Datenbankanbieter endlich seine Philosophie ad acta legen, jedes Jahr den Umsatz verdoppeln zu wollen. Realistischer seien fortan Steigerungsraten von 15 bis 20 Prozent.

Was zwölf Jahre klappte und Oracle zum liebsten Kind der Wall-Street-Börsianer werden ließ, baute bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr nicht mehr hin. Die Einkünfte konnten "nur" um 66 Prozent gesteigert werden, was dazu führte, daß die Kalifornier die angepeitte Umsatzmilliarde knapp verpaßten. Zu Beginn des neuen Geschäftsjahres am 1. Juni schlug das Oracle-Management denn auch bescheidenere Töne an. Man erwarte ein Umsatzplus von 50 Prozent. Diese Prognose wurde nach der mageren Ausbeute im ersten Quartal weiter nach unten revidiert. Für 1991, so verlautete aus dem Unternehmen, visiere man nun ein Wachstum von 30 Prozent an.

Auch personelle Konsequen zen hat das Oracle-Management gezogen. Gary D. Kennedy, bis lang Chef der US-Geschäfte, wurde abgelöst und durch Michael S. Fields, Vice-President der Division US-Field-Sales and Consulting, ersetzt. Kennedy steht nunmehr als President den Oracle Complex Systems vor.