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Oracle lässt sich seine Datenbanken vergolden

19.04.2001
Für eine Oracle-Datenbank müssen Anwender nicht selten drei- bis fünfmal mehr Geld auf den Tisch legen als für vergleichbare Produkte von IBM oder Microsoft. Ein Wechsel auf eine preiswertere Datenbank ist aber wegen proprietärer Funktionen für viele Anwender nur schwer möglich.

Von CW-Redakteur Martin Ottomeier

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Für eine Oracle-Datenbank müssen Anwender nicht selten drei- bis fünfmal mehr Geld auf den Tisch legen als für vergleichbare Produkte von IBM oder Microsoft. Ein Wechsel auf eine preiswertere Datenbank ist aber wegen proprietärer Funktionen für viele Anwender nur schwer möglich.

In wirtschaftlich schweren Zeiten, wie sie im Moment anstehen, schauen die Investitionsentscheider wieder stärker auf die Kosten. Das lohnt sich bei Datenbanken. Untersuchungen verschiedener Marktforschungsinstitute und Recherchen der COMPUTERWOCHE zeigen, dass die Lizenzpreise sich teilweise massiv unterscheiden.

Beispiel Hewlett-Packards "HP 9000 V2500": Praktisch alle Datenbankhersteller bieten für diese Server ein prozessorbasiertes Preismodell an, bei dem die Zahl der Benutzer nicht beschränkt ist und Anwender nur für die Maschinenleistung zahlen. Die Preise für den exemplarisch ausgewählten HP-Rechner mit 32 Prozessoren unterscheiden sich enorm. Während der "Informix Dynamic Server 9.2x" mit rund 1,5 Millionen Mark inklusive Wartung etwa genauso viel kostet wie IBMs "DB2 EEE", für die etwa 1,6 Millionen Mark fällig werden, kassiert Oracle rund fünf Millionen Mark - also mehr als das dreifache der Mitbewerber. Der Oracle-Preis wurde über den Web-Shop des Anbieters ermittelt. Das Unternehmen weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Leistungs- und Lieferumfang von "Oracle 8i" sich erheblich von dem anderer Anbieter unterscheiden kann und abhängig vom jeweiligen Projekt beziehungsweise der spezifischen Anwendung auch Rabatte möglich sind, die im Web-Store nicht explizit abgebildet werden.

Auch in Wintel-Umgebungen langt Oracle kräftig zu. Für einen Intel-Rechner, der mit vier Prozessoren vom Typ "Pentium III Xeon" mit je 700 Megahertz ausgestattet ist, verlangen die Kalifornier fast 440.000 Mark (ohne Wartung). Microsoft kassiert für den "SQL Server" dagegen nur zirka 180.000 Mark - also 60 Prozent weniger.

Diese Beispiele decken sich mit der Beobachtung von Marktforschern. So geht die Meta Group davon aus, dass Oracles Datenbankprodukt rund drei- bis fünfmal teurer ist als die entsprechenden Programme von IBM und Microsoft. Die Analysten von D.H. Brown bestätigen diese Aussage - allerdings in einer von IBM in Auftrag gegebenen Studie. Ihren Untersuchungen zufolge kostet DB2 oft nur rund 15 bis 30 Prozent von dem, was für Oracle 8i zu zahlen ist.

Details erschweren den direkten Vergleich

Die Preise für ein Datenbanksystem lassen sich in der Regel nur im konkreten Einzelfall vergleichen, da die Preisschemata sich im Detail unterscheiden. So berechnen IBM und Microsoft nur die Zahl der Prozessoren, auf denen der Server laufen soll. Oracle hingegen berücksichtigt auch noch die Leistung der jeweiligen Prozessoren, das heißt bei Unix- und Windows-2000-Servern werden die Taktraten (in Megahertz) einbezogen, bei Mainframes dagegen die MIPS-Leistung. Daneben bieten alle Hersteller auch ein benutzerbasiertes Lizenzmodell, bei dem für die Zahl der Anwender bezahlt wird, die mit einer Datenbank arbeiten. Das kann gegebenenfalls günstiger sein als das leistungsbasierte Verfahren. Außerdem weist Andreas Manthey, Leiter Oracle 9i Marketing Deutschland, Österreich und Schweiz, darauf hin, dass die Serviceverträge miteinander verglichen werden müssen. So sei bei Oracle ein Upgrade auf die nächste Datenbankgeneration mit der Wartung abgedeckt, was nicht bei allen Anbietern der Fall sei. Wegen der gravierenden Preisunterschiede zwischen Oracle auf der einen und IBM sowie Microsoft auf der anderen Seite erwartet die Meta Group, dass Oracle in nächster Zeit die Preise reduziert.

Auch unabhängig vom Preis sind andere Datenbanksysteme durchaus eine Alternative. So beobachtet Datenbankexperte Henrik Klagges, Analyst bei TNG Technology Consulting, Unterföhring bei München, dass Oracle seit langem keine TPC-Datenbank-Benchmarks mehr für SMP-Systeme unter Windows 2000 und NT veröffentlicht, sondern nur für exotische Cluster. "SQL Server 2000 zeigt auf Intel-SMP-Servern sehr gute Performance - auch bei komplexen Anwendungen wie SAPs R/3", stellt Klagges fest.

Auch DB2 und Oracle 8i lassen sich bei der Leistungsfähigkeit durchaus vergleichen. Zwar gibt es keine TPC-Benchmarks, die einen direkten Vergleich der beiden Datenbanksysteme zulassen, dafür aber Leistungstests für SAPs Mysap-Software. So bringt es eine Oracle-8-Datenbank beim "Standard Application Benchmark" in der Zentralkonfiguration, bei der Datenbank und Anwendung auf einem Server betrieben werden, auf einer Bull "Escala EPC 2400", die baugleich mit der "RS6000 S80" von IBM ist, mit 24 RS64-III-Prozessoren auf 549.000 Dialogschritte pro Stunde. "DB2 UDB 6.1" erreicht auf einer RS6000 S80 mit der gleichen Prozessorkonfiguration 513.000 Dialogschritte pro Stunde. Beide Benchmarks sind schon vor rund einem Jahr mit älteren Versionen der Datenbanksysteme durchgeführt worden. DB2 in der Version 7 hat allerdings von Analysten sehr gute Noten erhalten.

Rabatte vor allem für Bestandskunden

Bisher sieht es mit Oracles Entgegenkommen beim Pricing eher schlecht aus. "Im Rahmen von Neukundenverträgen ist bei Oracle praktisch keine Bereitschaft zu individuellen Rabatten vorhanden", beobachtet Fried Saacke, Vorsitzender der Deutschen Oracle-Anwendergruppe (DOAG). Anders sei das aber bei Bestandskunden, die auf das neue leistungsbasierte Preismodell wechseln müssen. Hier sei der Anbieter bereit, auf betroffene Kunden zuzugehen um im Einzellfall Härten abzuwenden. Oracle hatte vor über einem Jahr sein Concurrent-User-Lizenzierungsmodell aufgegeben. Beim Wechsel auf die alternativen Preismodelle fielen für einige Anwender deutlich höhere Kosten an, was für einige Verärgerung gesorgt hat.

Gerade bei Altkunden könnte Oracle aber eigentlich rücksichtsloser sein. Die Meta Group weist nämlich darauf hin, dass der Umstieg von einem Datenbanksystem auf ein anderes nur mit großen Mühen möglich ist. Insbesondere die Oracle-Produkte zeichneten sich durch eine Reihe besonderer, aber damit auch proprietärer Eigenschaften aus, die eine Migration behindern. Hierzu gehören in der Datenbank abgelegte Programmroutinen (Stored Procedures), die Datenbankprogrammierung mittels prozeduralem SQL sowie die Entwicklungsumgebung. Obwohl es also Alternativen gibt, kann Oracle von seinen Bestandskunden gut leben.