Collaboration Suite versus Exchange von Microsoft

Oracle kämpft im Messaging-Markt

18.10.2002
MÜNCHEN (CW) - Der Datenbankanbieter Oracle hat die im Sommer angekündigte "Collaboration Suite" auf den Markt gebracht und dringt damit in ein von Microsoft und IBM/Lotus dominiertes Segment ein. Der Hersteller behauptet, bessere Skalierbarkeit und einen günstigeren Preis bieten zu können als die Konkurrenz.

Oracles Messaging-Server verfügt nicht nur über E-Mail-Funktionen, sondern ermöglicht auch die Kommunikation per Fax und Voice-Mail. Die Suite besteht aus der eigentlichen Messaging-Software, der hauseigenen Datenbank sowie dem Applikations-Server des Herstellers. Das System bedient PCs und gestattet den Zugriff per mobilem Endgerät sowie via Web-Browser. Laut Anbieter können Outlook-Anwender genauso mit dem Mail-System arbeiten, als wenn ihr Client mit einem Exchange-Server verbunden wäre - ein spezieller Konnektor bewerkstelligt dabei die Anbindung.

Repository für Dateien

Zu den Besonderheiten des Produkts zählt ein Dokumenten-Repository ("Oracle Files") für unterschiedliche Dateitypen nebst integrierter Suchfunktion und Versionierung. Nach Angaben des Datenbankherstellers seien Unternehmen damit in der Lage, viele einzelne E-Mail- und File-Server auf eine Oracle-Umgebung zu migrieren. So brüstet sich der Anbieter damit, seine eigenen 97 weltweit installierten E-Mail-Rechner durch ein Cluster aus drei leistungsstarken Servern ersetzt und so die Administrationskosten drastisch gesenkt zu haben.

Oracle fordert vor allem Microsoft heraus. Der Messaging-Newcomer setzt darauf, dass einige Anwender von "Exchange 5.5" auf die eigene Plattform umsteigen werden. Noch immer nutzt der überwiegende Teil der Anwender diese Softwareversion, was nicht zuletzt mit dem komplexen Umstieg auf Exchange 2000 zusammenhängt. Der Release-Wechsel macht nämlich die Einführung des Verzeichnisdienstes "Active Directory" erforderlich, was für Firmen mitunter zur Tortur werden kann. So rauft sich beispielsweise George Defenbaugh wegen der anstehenden Migration die Haare. Er ist IT-Verantwortlicher beim petrochemischen Konzern Amerada Hess aus New York, der zurzeit beide Server-Versionen im Mischbetrieb fährt. Ursache der Probleme ist unter anderem der "Active-Directory-Connector", der alte und neue Exchange-Server miteinander verknüpft.

Potenziellen Kunden verspricht Oracle einen niedrigeren Preis sowie geringere Administrationskosten als der Wettbewerb. Pro User verlangt Oracle 60 Dollar, entscheidet sich der Kunde für ein Subskriptionsmodell, fallen 15 Dollar pro Jahr an. Alternativ dazu können Firmen die Suite im Hosting-Betrieb nutzen und berappen dann zehn Dollar pro User und Monat. Der Datenbankspezialist verbreitet zur Veranschaulichung des Kostenvorteils ein Rechenbeispiel. So komme die Collaboration Suite für 5000 Anwender sowie einem dreijährigen Wartungsvertrag auf 450000 Dollar, während für ein vergleichbares Produkt von Microsoft 1,28 Millionen Dollar zu zahlen seien. Dabei vergleicht Oracle das eigene Angebot mit 5000 "Microsoft Core Client Access Licenses", die erworben werden müssten, und zwar für den Windows-Server, Exchange-Server, Management-Server sowie Sharepoint Portal Server.

Als weiteren Pluspunkt gegenüber Exchange führt Oracle die Skalierbarkeit der eigenen Software an, was nicht zuletzt mit der Anzahl an unterstützten Plattformen zusammenhängt, denn die Collaboration Suite läuft unter HP-UX, Solaris, Windows 2000/NT und Linux. Versionen für True 64 Unix und AIX sollen Ende des Jahres folgen.

Titanium-Cluster

Doch Microsoft bleibt nicht untätig und bereitet das nächste Release des eigenen E-Mail-Servers vor. Auch der Softwarekonzern setzt auf Server-Konsolidierung sowie auf Reduzierung der Administrationskosten. So soll sich der nächste Exchange Server (Codename "Titanium") zu Clustern von bis zu acht Systemen zusammenschalten lassen, und zwar unter dem kommenden Betriebssystem Windows .NET Server. Die Administration der mitunter zahlreichen Messaging-Server in einem Unternehmen soll sich mit dem "Exchange Management Pack for Microsoft Operations Manager" einfacher gestalten. Verwalter werden darüber hinaus in der Lage sein, Nutzungs- und Performance-Daten von den Clients abzurufen und diese auszuwerten. Ferner überarbeitet Microsoft die MAPI-Schnittstelle, um den Datentransfer zwischen Client und Server zu reduzieren. Zudem erlaubt "MAPI over HTTP" einen Client-Zugriff auf die Messaging-Umgebung via Internet. Ein Virtual Private Network (VPN) ist laut Hersteller dadurch nicht mehr erforderlich. Verringert werden sollen auch Spam-Mails, hierzu integriert der Anbieter spezielle Nachrichtenfilter.

Ausblick auf Outlook

Microsoft bastelt nicht nur Exchange-Erweiterungen, sondern will Mitte nächsten Jahres auch ein neues "Outlook" herausbringen. Outlook 11 wird unter anderem über einen lokalen Cache verfügen, so dass die Benutzer ihre E-Mails, Adressen und Kalender auch offline lesen können, und zwar selbst dann, wenn der Server ausgefallen sein sollte. Zudem beschleunigt sich der Download von Nachrichten über Wählverbindungen wesentlich. Weitere Features betreffen das Markieren von Nachrichten, um diese einfacher in Gruppen zusammenzufassen. (fn)

Exchange-Alternative

Die US-Firma Stalker Software (www.stalker.com) mit deutschem Sitz in Koblenz hat mit "Communigate Pro Groupware" eine Alternative zu Exchange Server vorgestellt. Das Produkt liegt bisher nur als Betaversion vor, in drei Wochen soll das endgültige Release verfügbar sein. Laut Hersteller ist der Betrieb dieser Software weitaus günstiger als bei Microsoft Exchange, wobei Endanwender dennoch weiterhin mit "Outlook" als Client auf ihre Mail- und Kalenderverzeichnisse zugreifen beziehungsweise andere MAPI-fähige Programme nutzen können. Stalkers Produkt läuft auf 25 Betriebssystemen, darunter einige Unix-Derivate, Windows 2000 sowie Suse Linux und Red Hat.

Abb: E-Mail- und File-Server

Mit einem vielseitigen Messaging-System versucht Oracle etablierten Herstellern Marktanteile abzujagen. Quelle: Oracle