Nicht nur an Kosteneinsparungen denken

Optimaler Cloud-Einsatz braucht strategische Überlegungen

09.11.2017
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Joachim Seidler ist Geschäftsführer der Exolink GmbH und verantwortet in seiner Rolle als CEO Kundengewinnung und Strategieberatung im Bereich Public Cloud Computing. Exolink ist ein Tochterunternehmen von Adacor Hosting.
Was macht Cloud-Dienste attraktiv? Fast reflexartig kommt als Antwort die Kostenersparnis. Doch ist dem wirklich so? Oder sollten besser andere Faktoren die Cloud-Entscheidung beeinflussen?
Kostenersparnis sollte nicht das einzige Argument für die Cloud-Nutzung sein.
Kostenersparnis sollte nicht das einzige Argument für die Cloud-Nutzung sein.
Foto: Lukiyanova Natalia frenta - shutterstock.com

Die reflexartige Antwort ist oft mit dem Thema "Kostenersparnis" verbunden. Das Reflexe nicht immer die optimale Reaktion auf äußere Reize sind, bewahrheitet sich auch hier. Woher kommt die impulsartige Assoziation Kostenersparnis im Kontext Cloud? Dazu gehen wir ein paar Schritte zurück, in der noch jungen Cloud-Historie.

Viele Cloud-Dienste, gerade im Bereich IaaS, haben sich aus dem Themenkomplex der Virtualisierung entwickelt. Virtualisierung wurde bereits seit längerem in der Unternehmens-IT eingesetzt. Der Virtualisierung eigen ist dabei die Portionierung von Ressourcen zur bedarfsabhängigen Bereitstellung, abseits von klassischen Konfektionsgrößen. So konnte nicht mehr nur ein Hardware-Server für eine Anwendung fungieren, sondern dank Virtualisierung konnte dieser bedarfsgerechte Portionen virtueller Server bereitstellen und so mehreren Applikationen eine Betriebsbasis geben.

Als diese Technologie im Kontext mit IaaS als Service-Angebot am Markt populär wurde, mussten Differenzierungsmerkmale geschaffen werden. Ein Merkmal war die Dynamisierung der Ressourcen von virtuellen (Cloud-)Server-Systemen. Parameter wie Speicher, Rechenkapazität oder Datenablage konnten in der noch jungen Cloud dynamisch zur Laufzeit - ohne Betriebsunterbrechung - skalieren. Technisch war dies eine kleine Revolution und nun kamen die Marketing-Spezialisten ins Spiel.

Der Appetit bestimmt die Kosten

Pay-as-you-use wurde anfangs zum herausragenden Cloud-Merkmal erhoben: Die Anwender zahlen nur für die Leistung, die sie auch wirklich nutzen. Im Umkehrschluss bürgerte sich noch eine andere Interpretation ein - der eigenen Anwendung stehen gefühlt immer mehr Ressourcen zur Verfügung, als sie wirklich nutzt. Deshalb kann es nur günstiger werden. Eine Vorstellung, die naheliegend ist - doch wie erfolgt die Steuerung der Ressourcennutzung? Genau hier liegt des Pudels Kern.

Für die Steuerung der Ressourcennutzung ist in der Regel der Anwender verantwortlich. Weil die Steuerung keine Standard-Cloud-Funktion ist, ergeben sich keine Kostenersparnisse, wenn eine Applikation 1:1 in die Cloud überführt wird. Ein einfaches Beispiel verdeutlicht dies: Eine Applikation benötigt auf einem Server-System 4 CPU Kerne, 8 GB RAM und 100 GB Festplattenkapazität. Der Preis berechnet sich aus den einzelnen Komponenten (CPU, RAM und Festplattenkapazität) multipliziert mit den jeweiligen Einzelpreisen und erneut multipliziert mit der Nutzungsdauer. Verändert sich keiner der Parameter, verändert sich auch der Gesamtbetrag nicht. Im Umkehrschluss heißt das, es müssen Mittel und Wege hinzugefügt werden, um diese Parameter beeinflussen zu können. Idealerweise erfolgt diese Beeinflussung anhand der Business-Anforderungen. Sicher, das Beispiel ist sehr einfach gehalten, verdeutlicht aber den grundsätzlichen Mechanismus. In der Realität haben die Cloud-Anbieter deutlich mehr Parameter entwickelt, anhand derer sich die Gesamtkosten berechnen, die Systematik ist allerdings identisch.

Schöne neue Welt

Mittlerweile haben die Cloud-Dienstleister ihre Angebote weiterentwickelt. Dennoch ist die verbrauchsabhängige Vergütung noch immer ein wesentlicher Vorteil der Cloud-Technologie. Doch die Liste der Punkte Pro Cloud wird immer länger. Hier ein paar Beispiele:

  • Schnelle Verfügbarkeit. Cloud-Ressourcen sind schneller verfügbar, als typische IT-Abteilungen in Unternehmen entsprechende Ressourcen bereitstellen können.

  • Spezifische Funktionalitäten. Zunehmend bereichern spezifische Funktionen wie künstliche Intelligenz, Internet of Things oder Business Intelligence das Cloud-Angebot. Sie sprechen Themen an, die bisher üblicherweise On Premise gelöst wurden.

  • PaaS Angebote: Neben Infrastruktur und Spezialanwendungen verbreitert sich das Plattformangebot wie Microsoft Office 365 oder SAP ständig.

Die drei Beispiele sind nur ein Auszug von Cloud-Merkmalen, die in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden sollten.

Back to the roots - Kosten sparen

All diese Fortschritte können über eine bittere Wahrheit nicht hinwegtäuschen: Ist eine Applikation nicht auf den Betrieb in der Cloud angepasst, ergeben sich kaum Kostenvorteile. Die Kosten können sogar höher sein. Wie kann das sein? Um eine spontane Skalierung von Ressourcen zu ermöglichen, muss der Cloud-Anbieter diese vorhalten. Dies erfordert wiederum Investitionen, die später im Rahmen der Kostenparameter auf die Kunden umgelegt werden. Der Pay-as-you-use-Vorteil kann also nur dann voll genutzt werden, wenn die Applikation mit der Cloud-Steuerung verknüpft ist. Das bedeutet wiederum, dass die Software-Architektur bestimmte Anforderungen erfüllen muss, um über Trigger auf die Infrastruktur einwirken zu können. Das führt zwangsläufig zu Themen wie Autoscaling, DevOps oder Cloud-Native-Applikationen.

Fazit

Kosten durch die Cloud-Nutzung sparen - das sollte nicht das einzige Ziel für den Cloud-Einsatz sein. Falls doch, sind Applikationen oder Services auf die spezifischen Anforderungen der Cloud vorzubereiten. Allerdings sollte beachtet werden, dass neben den Kosten viele andere Aspekte für eine Cloud-Nutzung sprechen. Der optimale Cloud-Einsatz bedarf jedoch einer strategischen Betrachtung.