Opentext und Ixos: Technische Fusion steht noch bevor

22.12.2004
Nach dem geschäftlichen Zusammenschluss der beiden Unternehmen soll nun das heterogene Produktportfolio konsolidiert und integriert werden.

Ein knappes Jahr nach Übernahme von Ixos durch die kanadische Opentext Corp. vermeldet das Unternehmen Fortschritte bei der Produktintegration. Die stärksten Überschneidungen zwischen den beiden Firmen gab es beim Web-Content-Management. Ixos brachte das zugekaufte "Obtree C4" mit in die Ehe, bei Opentext gesellte sich zur eigenen Software das von Gauss übernommene "VIP". Alle drei WCMS-Engines wurden zu einem Produkt ("Livelink WCM Server") zusammengeführt. Dort agieren sie zwar noch als separate Prozesse, jeder kann aber auf alle der bisher gebräuchlichen Content-Repositories zugreifen.

Gemeinsames Web-CMS

Diese Verzahnung der Web-CMSe ist aber nur ein erster Schritt in einem ehrgeizigen Vorhaben, bei dem ein umfangreiches Portfolio aus selbst entwickelter und zugekaufter Software zu einer ECM-Suite zusammengeführt werden soll. Die Grundlage dafür bildet die "ECM Services Architecture", ein J2EE-Framework, auf das Opentext die meisten Komponenten nach und nach portieren will. Das Unternehmen stellt in den nächsten zwei Jahren für diesen weitreichenden Umbau ein Budget von 500 Millionen Dollar bereit.

Als erstes Produkt auf Basis der neuen Plattform kündigte Opentext die Collaboration-Komponente "Touchpoint" an. Sie bietet ähnliche Funktionen wie Documentum mit "eRoom" oder die großen Messaging-Anbieter IBM/Lotus und Microsoft. Dazu zählen synchrone Kommunikation via Chat, Anzeige der Online-Präsenz, virtuelle Arbeitsräume oder so genannte Whiteboards. Als Teil einer ECM-Lösung stehen dieser Software die dort angebotenen Dienste zur Verfügung. Das betrifft etwa die Archivierung von Online-Meetings, die Integration von Echtzeitkommunikation in Workflows oder die Volltextsuche in den via Chat erzeugten Informationen.

Touchpoint überschneidet sich in seiner Funktionalität mit drei weiteren hauseigenen Angeboten: "Firstclass" ist eine zugekaufte Collaboration-Software, die voraussichtlich nicht auf die ECM-Architecture portiert wird und die Opentext weiterhin als Einzelprodukt vertreiben will. Hingegen sehen die derzeitigen Planungen vor, dass "Livelink for Communities of Practice" in Touchpoint aufgeht. Als weitere Komponente kommt schließlich "Collaboration for Livelink" hinzu, eine Erweiterung für den "Livelink Enterprise Server". Letzterer soll unter dem Codenamen "Vermont" ebenfalls auf die ECM-Plattform übertragen werden, wo er die Dienste von Touchpoint in Anspruch nehmen kann. Entsprechend dürfte für das bisherige Addon nicht mehr viel Bedarf bestehen.

Umstieg auf ECM-Architektur

Zeitlich steht indes als nächstes die Portierung von "Artesia for Digital Asset Management" an. Diese ebenfalls zugekaufte Software soll Mitte 2005 in der Version 6.0 ausgeliefert werden. Sie erlaubt auf Grundlage von Benutzerrollen und Policies die Definition von fein abgestuften Zugriffsrechten. Daneben sieht das Produkt ein unternehmensweites Management von Metadaten vor. Derzeit klappt das allerdings nur in Zusammenarbeit mit dem Livelink Enterprise Server. Im Rahmen der ECM-Architektur soll diese Funktionalität dann für alle digitalen Inhalte zur Verfügung stehen, die mit dem Opentext-Portfolio verwaltet werden, etwa auch für archivierte E-Mails. Ähnliches gilt für das Records-Management, das sich derzeit auf zwei Produkte verteilt: das "Livelink Records Management" sowie die von Ixos stammenden Funktionen für E-Mail.

Im Prinzip findet sich diese Konstellation aus Funktionsüberlappung und eingeschränktem Zusammenspiel zurzeit in den meisten Produktkategorien wieder: Auch das von Quest Software zugekaufte Output-Management "Vista Plus" kooperiert nur mit dem Enterprise-Server und wird seine Dienste auf Basis der neuen Architektur allen anderen Modulen anbieten.

Schutz der Legacy-Anwendungen

Am Ende dieses auf Jahre angelegten Umbaus soll eine voll integrierte ECM-Suite stehen. Nur Neukunden werden dann eine homogene Opentext-Lösung erhalten. Unternehmen, die schon heute Produkte von Opentext oder Ixos nutzen, dürften Module auf Basis der ECM-Architektur neben älterer Software betreiben wollen. Laut Harmut Schaper, Senior Vice President für Forschung und Entwicklung, soll daher auch bestehende Software in die ECM-Suite eingebunden werden. Zu diesem Zweck erhält sie dieselben Web-Service-Schnittstellen wie ihre Nachfolger auf Basis des ECM-Frameworks. Dadurch soll eine bidirektionale Kommunikation zwischen Alt und Neu möglich sein. Diese Option wird jedoch nicht für beliebig alte Produktversionen gelten, sondern voraussichtlich nur für die derzeit aktuell angebotenen. Ihr Release-Stand wurde durchgängig auf 9.5 vereinheitlicht. (ws)