Open Text verfehlt Quartalsziele

15.10.2004
Open Text wird die Erwartungen für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2004/05 verfehlen. Die aggressive Übernahmestrategie der Ixos-Mutter gerät stärker in die Kritik.

Die Open-Text-Verantwortlichen erwarten für das erste Geschäftsquartal einen Umsatz zwischen 84 und 86 Millionen Dollar sowie einen Nettogewinn von drei bis sechs Cent je Aktie. Zuvor war der im kanadischen Waterloo beheimatete Softwareanbieter von Einnahmen in Höhe von 87 bis 93 Millionen Dollar und einem Plus von bis zu zwölf Cent je Anteilsschein ausgegangen. Analysten hatten sogar mit einem Umsatz von rund 96 Millionen Dollar gerechnet.

Einige Deals seien nicht rechtzeitig im abgeschlossenen Berichtszeitraum unter Dach und Fach gebracht worden, rechtfertigte CEO Tom Jenkins die enttäuschenden Resultate. Allerdings seien keine tief greifenden Änderungen im von Open Text adressierten Markt für Enterprise-Content-Management (ECM) zu erwarten. Daher stehe das Unternehmen zu seinen Prognosen. Der Anbieter erwartet für das Geschäftsjahr 2004/05 Einnahmen zwischen 420 und 450 Millionen Dollar. Der Nettogewinn soll zwischen 1,10 und 1,30 Dollar je Aktie betragen.

Um dieses Ziel zu erreichen, muss es dem ECM-Anbieter jedoch erst gelingen, seine Geschäfte anzukurbeln. Bereits im zurückliegenden vierten Quartal des Geschäftsjahres 2003/04 verfehlte Open Text die Erwartungen der Analysten. Zwar hatte das Unternehmen im Vergleich zum Vorjahresquartal seinen Umsatz auf rund 105 Millionen Dollar verdoppelt. Dieser Sprung resultierte jedoch aus den Übernahmen der deutschen Anbieter Ixos und Gauss Interprise. Diese Akquisitionen waren auch dafür verantwortlich, dass der Gewinn dieses Quartals unter dem Strich um vier Prozent auf neun Millionen Dollar zurückging.

Die beiden aufeinander folgenden schlechten Quartale ließen Zweifel aufkommen, ob das Open-Text-Management in der Lage sei, die Akquisitionen zu integrieren, moniert Edward Maguire, Analyst von Merrill Lynch. Die Kanadier hatten in den zurückliegenden zwei Jahren insgesamt sechs Firmen aufgekauft. Maguire befürchtet, dass die aggressive Einkaufspolitik den Geschäften geschadet und das organische Wachstum der Firma beeinträchtigt habe. Er gehe nicht davon aus, dass sich diese Probleme in den nächsten Quartalen schnell lösen lassen. Vielmehr sei zu befürchten, dass Open Text auch in den kommenden Monaten seine Ziele reduzieren müsse.

Die meisten anderen Analysten teilen Maguires Befürchtungen. Nach ihrer Einschätzung verspielt das Open-Text-Management zunehmend das Vertrauen von Investoren und Kunden.

Es mangelt an Glaubwürdigkeit

Ende August dieses Jahres hatte das Unternehmen nach wiederholten Warnungen in den Vorquartalen die Vorgaben für den ersten Berichtszeitraum 2004/05 als konservativ bezeichnet, um die Gemüter der Analysten zu beruhigen. Umso überraschender war die Meldung, Open Text werde auch im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres seine Ziele verfehlen. "Die Bedenken wegen der angeschlagenen Glaubwürdigkeit des Managements werden sich kurzfristig nicht beschwichtigen lassen", befürchtet Martin Cecchetto, Analyst der Investmentbank UBS.

Etwas weniger pessimistisch äußert sich David Wright von BMO Nesbitt Burns über die Zukunft von Open Text. Zwar gebe es Probleme mit dem Verkauf der eigenen Produkte sowie mit den Lösungen von Ixos. Auch die Kosten habe das Management noch nicht im Griff. Diese Schwierigkeiten seien jedoch temporär. Er rechne damit, dass sich bereits im zweiten Quartal Umsatz und Ergebnis wieder verbessern werden. Allerdings bemängelt auch Wright die undurchsichtige Planung und den fehlenden Weitblick des Managements. (ba)

Übernahmen der letzten Jahre

August 2004: Artesia Technologies Inc., Digital-Asset-Management (DAM), Kaufpreis unbekannt;

Oktober 2003: SER E-Government Deutschland GmbH und SER Solutions Software GmbH, Dokumenten-Management, Kaufpreis unbekannt;

Oktober 2003: Ixos Software AG, Enterprise-Content-Management (ECM); Kaufpreis: rund 200 Millionen Dollar;

August 2003: Gauss Interprise, Web-Content-Management (WCM); Kaufpreis: rund 11 Millionen Dollar;

Februar 2003: Corechange, Portal-Software, Kaufpreis: 3,6 Millionen Dollar;

Januar 2003: Eloquent Inc., Sales Force Automation (SFA); Kaufpreis: 6,7 Millionen Dollar;

November 2002: Centrinity, Kommunikationssoftware, Kaufpreis: 20,3 Millionen Dollar.