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Open-Source-Guru adressiert "UserLinux" an Red-Hat-Kunden

14.11.2003
Bruce Perens will das neue Linux-Paket "UserLinux" schnüren, das die Lücke schließen soll, die Red Hat mit der Einstellung seiner Consumer-Distribution "Red Hat Linux 9" hinterlässt.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Open-Source-Guru Bruce Perens will ein neues Linux-Paket unter der Bezeichnung "UserLinux" schnüren, mit dem er eigenen Aussagen zufolge die Lücke schließen will, die Red Hat mit der Einstellung seiner Consumer-Distribution "Red Hat Linux 9" hinterlässt. Die Entwicklung von UserLinux werde mit mehreren Millionen Dollar von einer Reihe großer Unternehmen aus verschiedenen Branchen unterstützt, die Perens allerdings nicht nennen will. Außerdem sei die Zertifizierung durch wichtige Hardwarehersteller geplant.

Bruce Perens: "Es gibt den Trend, quelloffenen Code proprietär zu machen". (Foto: perens.com)
Bruce Perens: "Es gibt den Trend, quelloffenen Code proprietär zu machen". (Foto: perens.com)

Die Sponsoren sind zum einen auf eine Alternative zu Microsoft-Produkten aus, die fehlerhaft, anfällig für Viren und schwierig zu verteilen und zu warten seien, sagte Perens auf einem Treffen des im Februar unter anderem von Suse, Mandrakesoft, Arklinux und Lycoris gegründeten Desktop Linux Consortium (Computerwoche online berichtete). Zum anderen begrüßten die Firmen die Entwicklung einer Alternative zu "kommerziellen" Linux-Versionen wie der von Red Hat, die an "abscheuliche" Bedingungen gebunden seien, wie zum Beispiel an die Einschränkung der Installationen oder an Service-Verträge, die Modifikationen der Software verbieten würden, so Perens.

UserLinux basiert auf Debian GNU/Linux und ist voraussichtlich bis Mitte 2004 erhältlich. Das Paket soll im Laden für unter zehn Dollar zu haben sein. ob sich >Anwender Patches bei Debian besorgen müssen oder ein Support-Programm für UserLinux geplant ist, ist nicht bekannt.

Red Hat verteidigt Einstellung von "Red Hat Linux 9"

Red Hat weist unterdessen Anschuldigungen zurück, mit der Einstellung des Pakets "Red Hat Linux 9" ein neues Linux-Lizenzmodell durch die Hintertür einführen zu wollen (Computerwoche online berichtete).

Nachdem bekannt wurde, dass die Consumer-Edition nicht weiter vertrieben wird, sind zahlreiche Proteste laut geworden. Der Grund dürfte in zu erwartenden höheren Support-Kosten liegen. Denn der Bezug von Patches und Sicherheits-Updates war beim "kleinen Linux" an das Paket gebunden, egal, auf wie vielen Rechnern es installiert war. Mit dem Erwerb einer Distribution ließen sich also beliebig viele Installationen pflegen.

Die Vertragsbedingungen für die hauseigene Enterprise-Distribution sehen dagegen ein Rechner-gebundenes Support-Modell vor. Demnach muss für alle Rechner, auf denen das Paket läuft, ein Wartungsvertrag abgeschlossen werden. Das Paket auf mehreren Computern zu installieren, jedoch nur einen in den Red-Hat-Support einzubinden, verstößt laut Daniel Riek, Manager Public Sector Sales für Deutschland, Österreich und die Schweiz, gegen die Vertragsbedingungen.

Red Hat stellt seine Kunden vor die Entscheidung, "Red Hat Enterprise Linux" oder Fedora zu wählen. Wer Support benötigt, muss zur Enterprise-Version greifen.
Red Hat stellt seine Kunden vor die Entscheidung, "Red Hat Enterprise Linux" oder Fedora zu wählen. Wer Support benötigt, muss zur Enterprise-Version greifen.

Kritiker meinen, dieses Vorgehen unterbinde ein freies Kopieren des Betriebssystems und verstoße gegen die GPL (General GNU Public Licence). Es sei doch gerade die GPL, die Red Hat zu den mit der Enterprise-Version verbundenen Vertragsbedingungen zwinge, entgegnet Riek. Denn nicht nur Linux selbst, sondern auch Patches und Updates für das System unterliegen der GNU-Lizenz. Demnach dürfen sie, einmal heruntergeladen, wie das Betriebssystem frei weiterverteilt werden. Das ermögliche es aber, mit dem Kauf eines einzigen Linux-Pakets beliebig viele Rechner zu betreiben und zu pflegen. Aus diesem Grund habe Red Hat die Weiterentwicklung der "kleinen" Distribution aufgegeben. Da weder die freie Verteilung des Betriebssystems noch der Patches eingeschränkt werden darf, setzt der Anbieter beim Support an. Wer einen Wartungsvertrag - von Support-Lizenzen spricht Riek in diesem Zusammenhang nicht gerne - abschließen will, muss alle Rechner im Red Hat Network anmelden und damit

für alle Rechner die Wartung bezahlen, auf denen Red Hat Enterprise Linux läuft.

Mit der GPL kollidiere das nicht. Schließlich dürfe auch die Enterprise-Version auf beliebig vielen Rechnern installiert werden, solange kein Support von Red Hat in Anspruch genommen wird.

Anwender, die auch künftig eine Linux-Distribution ohne Einschränkung auf beliebig vielen Rechner installieren wollen, verweist Riek an das von Red Hat unterstützte Open-Source-Projekt Fedora, das Anfang November sein erstes Linux-Paket zum Download bereit gestellt hat (Computerwoche online berichtete).

Wie viele Anwender auf Fedora umsteigen werden, ist nicht abzusehen. Für das System liefert Red Hat keinen Support. Auf der anderen Seite dürften mit Red Hats Enterprise Linux insbesondere Betreiber von Clustern im Regen stehen. Laut Riek gibt es bislang kein Preismodell für den Support der Rechnerverbünde. Das heiße jedoch nicht, dass man die Support-Kosten eines Rechners mit der Anzahl der Cluster-Knoten multiplizieren müsse. "Wir regeln das mit individuellen Absprachen", sagte Riek. Ein verbindliches Preismodell werde zurzeit in der US-Firmenzentrale entwickelt.

Verfechter der reinen Open-Source-Lehre

Open-Source-Pionier Perens sieht in Geschäftsmodellen zur Vermarktung von Linux hingegen einen Trend, quelloffenen Code proprietär zu machen. Dabei vertreibe nicht nur Red Hat sondern auch die letzte Woche von Novell übernommene Suse Linux AG Linux als "de facto proprietäres System". UserLinux sei aus der Motivation heraus entstanden, diesen Trend zu stoppen. "Open-Source-Entwickler, die ihre Arbeit kostenlos zur Verfügung stellen, haben es satt, für die Nutzung ihrer eigenen Entwicklungen zahlen zu müssen", sagte Perens. (lex)