Internet-Strategien/Viele rechtliche Probleme sind noch nicht gelöst

Online-Auktionen - Schnäppchen und was dann?

26.05.2000
Internet-Auktionen, früher eher etwas für Spezialisten, erfreuten sich zuerst in den USA und mittlerweile auch in Deutschland wachsender Beliebtheit. Sie gehören häufig zum "Repertoire" virtueller Marktplätze, sind also Teil der Internet-Strategie von Firmen.Von Julia Hilterscheid*

Auch wenn die Gerichte noch längst nicht alle das Internet betreffende Fragen geklärt haben, besteht keineswegs ein rechtsfreier Raum. Nicht abschließend geklärt ist etwa, welche der Vertragsparteien wann welche Willenserklärung abgibt; dennoch können die meisten, für herkömmliche Auktionen bestehenden Rechtsgrundsätze auf Online-Auktionen übertragen werden.

Bei (Online-)Auktionen stehen sich Einlieferer, Versteigerer und Ersteigerer gegenüber. Der Versteigerer schließt mit dem Einlieferer einen Maklerdienstvertrag ab, mit dem er die Verpflichtung übernimmt, sich um die Vermittlung eines Erwerbers für den eingelieferten Gegenstand zu bemühen. Für die erfolgreiche Vermittlung eines Vertragsabschlusses erhält er vom Einlieferer eine Provision. Da der Versteigerer nach dem Dienstvertrag keinen Erfolg schuldet, kann er für den Fall der nicht erfolgten Vermittlung vom Einlieferer der Ware nicht in Anspruch genommen werden.

Versteigerungen werden als Auf- und Abwärtsauktionen praktiziert. Bei der Aufwärtsversteigerung wird mit einem niedrigen Erstgebot begonnen, das durch Abgabe eines höheren Gebotes bis zum vom Einlieferer vorgegebenen Auktionsende (meist zwischen drei Tagen und vier Wochen) des jeweiligen Auktionsgegenstandes überboten werden kann. Bei der Abwärtsauktion setzt der Versteigerer ein Anfangsgebot an, welches nach bestimmten Zeitabständen so lange verringert wird, bis der erste Bieter bei einem bestimmten Betrag ein Gebot abgibt. Auf diesem Erstgebot aufbauend, haben die weiteren Bieter die Möglichkeit, dieses durch Nennung eines höheren Betrages ins Leere laufen zu lassen. Der Bieter, der zum angegebenen Auktionsende das höchste Gebot abgegeben hat, erhält den Zuschlag automatisch mit Zeitablauf. Nach der Auktion werden Einlieferer und Ersteigerer über den Ausgang der Auktion benachrichtigt. Sie erhalten die Daten des jeweils anderen, um ihnen eine Kontaktaufnahme und Abwicklung des Kaufs zu ermöglichen.

Vertrauen ist gut, Kontrolle wäre besserDer Kontakt zwischen Versteigerer und Einlieferer kommt bei Online-Auktionen dadurch zustande, dass sich der Einlieferer als Auktionsmitglied registrieren lässt. Der Einlieferer gibt dann über eine Bildschirmmaske Daten wie zum Beispiel bestimmte Kaufbedingungen und eine Beschreibung des Versteigerungsgegenstands ein.

Der Versteigerer überprüft weder die Person des Einlieferers noch dessen Angaben zum Versteigerungsgegenstand, was - da der erfolgreiche Bieter für die ersteigerte Ware im Voraus zahlen muss - ein Risiko darstellt. Hinzukommt, dass der Versteigerer in der Regel weder vom Einlieferer noch vom Ersteigerer schriftliche Unterlagen oder eine Vertragsbestätigung verlangt.

Es stellt sich die Frage, wie in Zukunft Kontrollmöglichkeiten bei Online-Auktionen geschaffen beziehungsweise verbessert werden können. Hier gilt es zu klären, zwischen welchen Parteien des Drei-Personen-Verhältnisses der eigentliche Kaufvertrag zustande kommt, aus dem sich für den Fall des Gewährleistungseintritts - kann der Erwerber den Einlieferer wegen dieses Mangels der Ware in Anspruch nehmen? - Ansprüche herleiten lassen.

Der Versteigerer kann sowohl in fremdem, also des Einlieferers Namen für fremde Rechnung, oder in eigenem Namen für fremde Rechnung auftreten. Bei Handeln in fremdem Namen schließen der Ersteigerer und der Einlieferer den Kaufvertrag, wobei der Versteigerer lediglich als Stellvertreter fungiert. Handelt der Versteigerer hingegen in eigenem Namen für fremde Rechnung, kommt der Kaufvertrag zwischen ihm und dem erfolgreichen Bieter zustande. Das zwischen Einlieferer und Versteigerer beziehungsweise dem Einlieferer und dem Ersteigerer bestehende Kaufvertragsvertragsverhältnis wird nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts beurteilt, auf die im Folgenden noch einzugehen sein wird.

Der potenzielle Bieter muss sich ebenso wie der Einlieferer als Auktionsmitglied registrieren lassen. Der Bieter kann sich dann über die eingelieferten Waren informieren und mit seiner Mitgliedsbezeichnung und unter Verwendung des ihm zugeteilten Passworts Gebote abgeben. Er kann dabei entweder den vorherigen Bieter direkt zu überbieten versuchen oder über ein so genanntes Agentengebot mitsteigern. Hierbei benennt der Bieter ein Höchstgebot, bis zu dem für ihn automatisch mitgeboten wird. Wird dieses überboten, erhält der Bieter eine Nachricht.

Gleich bei der Registrierung weist der Versteigerer regelmäßig auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Online-Versteigerung hin. Hier schließt der Auktionator in der Regel, um nur einige Punkte zu nennen, seine Haftung für Mängel der ersteigerten Sache aus, teilt mit, dass er nur als Vermittler auftrete und dass die Versteigerung die Anforderungen des Gewerberechts nicht erfülle. Ferner versichert er, dass die Verwendung der Daten des "Feedback-Systems" nur zur Kontrolle der Seriosität der Auktionsteilnehmer erfolge.

Da die Auktionsteilnehmer vom Versteigerer bei deren Registrierung genauso wenig überprüft werden wie die vom Einlieferer zum Versteigerungsgegenstand gemachten Angaben, sind einige Auktionshäuser dazu übergegangen, solche Feedback-Systeme zur Verfügung zu stellen, mit Hilfe derer sich Einlieferer und Bieter gegenseitig überprüfen können.

Auf dieses System haben alle für eine Auktion registrierten Mitglieder Zugang. Jedes Mitglied einer Auktion hat hierdurch die Möglichkeit, den jeweiligen Vertragspartner nach Grundkriterien (positiv, neutral, negativ) sowie Kommentaren aus der Erfahrung heraus zu bewerten. Abgesehen davon, dass für Neueinsteiger eine solche Bewertung zwangsläufig nicht vorliegt, sind Manipulationen durch abgesprochene Geschäfte beziehungsweise Bewertungen möglich.

Um Auktionsmitgliedern die Angst vor schwarzen Schafen bei Internet-Versteigerungen zu nehmen, bietet zum Beispiel das Auktionshaus Ebay in Deutschland die so genannte Ebay-Garantie an. Hiernach haben die Mitglieder von Online-Versteigerungen monatlich einmal die Möglichkeit, die Klärung von Streitfällen auf den Auktionator abzuwälzen, der durch unseriöse Auktionsteilnehmer eingetretene Verluste bis zu einem Betrag von 200 Mark übernimmt.

In Bezug auf die Gewährleistung wird immer wieder heiß diskutiert, ob der Auktionator für die Echtheit von bei Versteigerungen eingebrachten Kunstwerken haftet, sofern er sich im Katalog beziehungsweise der Beschreibung auf dem Bildschirm sogar auf ein von einem Kunstexperten ausgestelltes Zertifikat bezieht, das als Urheber des Werkes einen bestimmten Künstler nennt und somit seine Authentizität zusichert.

Sichert nämlich der Versteigerer die Echtheit eines Werkes zu, so haftet er für den Fall einer fehlerhaften Angabe grundsätzlich nach den Gewährleistungsvorschriften des Kaufrechtes. Der Ersteigerer der Ware, bei der die ursprünglich zugesicherten Eigenschaften nicht vorliegen, kann den Versteigerer grundsätzlich auf Wandelung, Minderung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch nehmen.

Allerdings liegt regelmäßig in der Beschreibung des (Kunst-) Werkes durch den Versteigerer selbst dann keine Zusicherung der Echtheit, wenn der Versteigerer in den Versteigerungsbedingungen die Übernahme der Gewähr für die Echtheit von Bildern und anderen Kunstgegenständen ausgeschlossen hat. Der Versteigerer haftet selbst dann nicht, wenn die Beschreibung einen Hinweis auf ein Echtheitsgutachten eines Kunstexperten enthält. Da sich potenzielle Bieter gerade auf derartige Echtheitsgutachten eines Kunstexperten verlassen, ist diese Wertung häufig kritisiert worden. Der Bundesgerichtshof hat dennoch den vollständigen Gewährleistungsausschluss nach dem Gesetz über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für wirksam erachtet, da der Versteigerer zumindest bei einer Versteigerung in eigenem Namen für fremde Rechnung (also bei einem Kommissionsgeschäft) auf die Angaben des Einlieferers und des Sachverständigen angewiesen sei.

Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag kann der Ersteigerer immer nur demjenigen gegenüber geltend machen, mit dem er den Vertrag geschlossen hat. Dies wird, da Internet-Versteigerungen in der Regel vom Versteigerer in fremdem Namen und für fremde Rechnung abgehalten werden, der Einlieferer sein. Denn in Internet-Versteigerungsbedingungen wird regelmäßig darauf hingewiesen, dass der Online-Auktionator nur als Marktplatz für das Zusammentreffen von Bietern und Einlieferern zur Verfügung stehe und dass die Verträge zwischen den Letztgenannten zustande kämen.

Der erfolgreiche Bieter hat sich daher etwa wegen Auslieferung der Ware oder Fehler derselben grundsätzlich an den Einlieferer zu wenden. Andererseits hat wiederum der Einlieferer nach den Regeln des Kaufrechts gegenüber dem Erwerber ebenfalls Rechte, so auf Abnahme und Bezahlung der Sache. Der Einlieferer eines verkauften Gegenstandes kann unter Umständen - ebenso wie der Bieter die seine - die von ihm abgegebene Willenserklärung, die zum Abschluss des Kaufvertrages geführt hat, anfechten. Voraussetzung hierfür ist indessen das Bestehen eines Anfechtungsgrundes. So kann sich der Verkäufer/Einlieferer zum Beispiel nicht darauf berufen, er habe sich über den (zu erzielenden) Preis geirrt.

Gegenüber dem Versteigerer kann der Ersteigerer sich allenfalls im Wege der Drittschadensliquidation schadlos halten. Handelt der Versteigerer jedoch abweichend von den Gepflogenheiten im Internet in eigenem Namen für fremde Rechnung (Kommissionsgeschäft), kommt der Kaufvertrag über die Auktionsware zwischen Versteigerer und Ersteigerer zustande. Der Ersteigerer muss dann seine Gewährleistungsansprüche direkt gegenüber dem Versteigerer anmelden.

Bei der Wandelung wird der bereits vorgenommene Verkauf derart rückabgewickelt, dass sich beide Vertragsparteien die jeweils empfangenen Leistungen - Ware und Geld - zurückgewähren. Der Ersteigerer kann sich jedoch auch dazu entschließen, das seinen ursprünglichen Vorstellungen nicht entsprechende Werk dennoch zu behalten und den Kaufpreis zu mindern. Statt der Wandelung oder der Minderung kann der Erwerber den Partner des Kaufvertrages schließlich auch auf Schadenersatz in Anspruch nehmen, wenn dieser seinen nach dem Vertrag geschuldeten Pflichten nicht nachgekommen ist.

Auf den Kaufvertrag finden die allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts Anwendung. Bei Gewährleistungsfällen mit Auslandsberührung, bei denen der Einlieferer der Ware beim Einloggen in das Auktionssystem keine Angaben zum geltenden Recht gemacht hat, ist an internationale Abkommen (wie etwa das UN-Kaufrecht) zu denken. Bestehen derartige Abkommen nicht, wendet der deutsche Richter grundsätzlich das Recht an, das - beim hier interessierenden Kauf- beziehungsweise Maklerdienstvertrag - für den Verkäufer, hier also den Einlieferer, beziehungsweise den Auktionator gilt. Anders kann der Fall zu beurteilen sein, wenn die Vertragssprache und die Währung, in der der Kaufpreis zu zahlen ist, deutsch sind. Entscheidend ist letztlich der Einzelfall.

Ein weiteres Problem der Internet-Versteigerungen besteht darin, dass sie in der bisher üblichen Form gegen mehrere Vorschriften der Gewerbeordnung und der Versteigererverordnung verstoßen. An sich muss danach zum Beispiel eine Versteigerung "persönlich" geleitet werden, was bei dem nur per Internet "anwesenden" Auktionator schon nicht gegeben ist. Außerdem fordert die Versteigererverordnung grundsätzlich, dass während der Dauer von zwei Stunden die Möglichkeit bestehen muss, die angebotenen Waren zu besichtigen.

Vielfach wird die Auffassung vertreten, dass die Vorschriften der Versteigererverordnung und der Gewerbeordnung auf Internet-Auktionen ohnehin keine Anwendung finden könnten beziehungsweise angepasst werden müssten. Abzuwarten bleibt, wie sich das 1999 gefällte Urteil des Landgerichts Münster auswirken wird, in dem entschieden wurde, dass es sich bei Online-Auktionen nicht um zivilrechtlich wirksame Versteigerungen handele.

*Julia Hilterscheid ist Rechtsanwältin in Berlin.