"On-Demand ist eine Waffe gegen SAP"

31.01.2006
Über das Geschäft mit Software aus dem Internet sprach Jürgen Rottler, Vice President von Oracle, mit CW-Redakteur Martin Bayer.

CW: Welche Rolle spielt On-Demand für Oracle?

ROTTLER: Wir investieren bereits seit 1999 in diesen Bereich. Über die Jahre hat sich On-Demand zum am schnellsten wachsenden Geschäftsfeld für Oracle entwickelt. Mittlerweile haben wir auch die Größe erreicht, mit der sich die notwendigen Skaleneffekte realisieren lassen. Unser Ziel ist, dass irgendwann 50 Prozent oder mehr des gesamten Oracle-Geschäfts on Demand ablaufen.

CW: Wie viel Umsatz macht Oracle derzeit mit seinen On-Demand-Lösungen?

ROTTLER: Wir weisen die Zahlen nicht separat aus, da wir das Geschäftsfeld etwas anders interpretieren als der Markt. Wenn wir jedoch das On-Demand-Business selbst und die dazugehörigen Advanced Customer Services nehmen, dann ergibt sich eine Größenordnung von rund einer halben Milliarde Dollar jährlich.

CW: Wann sollen die magischen 50 Prozent vom Gesamtumsatz erreicht werden?

ROTTLER: Es ist natürlich die Frage, wie aggressiv wir uns in diesem Markt bewegen können. Ich gehe aber davon aus, dass es vier oder fünf Jahre dauern wird.

CW: Was bietet Oracle seinen On-Demand-Kunden konkret?

ROTTLER: Wir betreiben eigene Rechenzentren. Unser zentrales Data Center steht in Austin, Texas. Von hier aus werden vor allem Kunden betreut, die mit dem On-Demand-Service "At Oracle" den kompletten Oracle-Stack einsetzen. Als Variante gibt es das Programm "At Partner". Hier bedienen wir Kunden, die bereits einen Outsourcing-Vertrag mit einem anderen Dienstleister haben, jedoch wünschen, dass Oracle das Software-Management übernimmt.

CW: In diesen Konstellationen treffen Sie dann auch auf Wettbewerber wie IBM?

ROTTLER: Das ist richtig. Dort ergeben sich auch durchaus Reibungspunkte. Wir versuchen zum Teil ganz bewusst, die Infrastrukturlösung mit zu beeinflussen. Das machen wir natürlich gemeinsam mit dem Partner. Aber wir spüren auch den Wunsch der Kunden, dass Oracle in diesem Servicegefüge eine gleichwertige Rolle ausfüllen soll.

CW: Warum wollen die Kunden das?

ROTTLER: Oracle ist unabhängig, was die Infrastruktur anbelangt. Wir achten sehr auf Standardisierung, um den Kunden möglichst wenig Kosten zu verursachen. In unserem Rechenzentrum in Austin betreiben wir auf Basis von Standardrechnern das größte Linux-Grid der Welt. Das ist ein leistungsfähiges und hoch verfügbares System, mit dem wir IBM-Mainframes, HPs Superdomes und Suns Highend-Server ablösen. Damit tut sich ein Hardwareverkäufer natürlich schwer.

CW: Wird Oracle On-Demand zu einer Art Infrastrukturplattform wie beispielsweise "Appexchange" von Salesforce.com weiterentwickeln?

ROTTLER: Salesforce.com hat ein Problem. Die Lösung wird meist an einzelne Anwender verkauft. Ein Sales-Mitarbeiter lädt sich eine Lizenz herunter und spielt damit herum. Aber irgendwann kommt die IT-Abteilung und bemängelt, dass die Salesforce.com-Lösung nicht in die Infrastruktur des Unternehmens passt, was das Datenmodell oder die Anbindung an das ERP-System im Backbone betrifft. Appexchange ist der Versuch, eine integrierte Suite aufzubauen, ohne selbst investieren zu müssen. Das umzusetzen wird schwer.

CW: Übernimmt Oracle auch den On-Demand-Service für Fremdapplikationen?

ROTTLER: Meist betreut der Kunde selbst diese Applikationen. Die Aufgabe kann aber auch ein weiterer Serviceanbieter übernehmen. Wir entwickeln dafür Support- und Software-Management-Lösungen, die auf die jeweilige Umgebung des Kunden abgestimmt sind.

CW: Dann bietet Oracle kein SAP-on-Demand?

ROTTLER: Diese Frage kommt immer wieder auf. Die Kunden interessieren sich dafür, weil sich die SAP immer noch nicht klar äußern kann, wo sie in Sachen On-Demand hin will. Wir sind strategisch noch nicht ganz da, weil wir mit unseren eigenen Applikationen beschäftigt sind. Aber warum nicht? Wenn ein Kunde von SAP zu Oracle wechseln möchte, dann wäre SAP-on-Demand sicher eine interessante Option für den Übergang.

CW: Wobei SAP jetzt eigene On-Demand-Services angekündigt hat.

ROTTLER: Das ist auch sehr interessant. Wenn ich mir die Folien ansehe, die Herr Kagermann auf der jüngsten Bilanzpräsentation gezeigt hat, dann ist das ein großes Kompliment an Oracle. Eine zeigt ein Konzept, das zu 100 Prozent unserer Strategie entspricht. SAP ist nur ein paar Jahre zu spät dran. Das werden wir auch aggressiv im Markt ausnutzen. On-Demand ist eine unserer stärksten Waffen gegen SAP.