Akzeptanz der Outplacement-Beratung wächst

Ohne Streit und mit einer neuen Perspektive den Betrieb verlassen

31.07.1992

MÜNCHEN (hk) - Wie wird man verdiente Mitarbeiter los, ohne daß es großen Krach gibt? Ein Thema, das mittlerweile bei Geschäftsführern und Personalchefs ganz oben auf der Tagesordung steht. Den rettenden Schwimmreifen sollen die Outplacement Berater werfen, die im Konflikt Unternehmen contra Hinausgeworfenem vermitteln und zusätzlich versuchen, dem Geschaßten einen neuen Job zu vermitteln.

Der Druck auf die Unternehmen, der angeblich tagtäglich größer wird, verlangt ein schnelles Reagieren - auch beim Personal, und dann kann es selbst einem verdienten Manager passieren, der jahrelang Budgetverantwortung hatte und Personal führte, daß er von heute auf morgen überflüssig wird.

Gleich 80 Interessenten hatten sich zu einem Informationsnachmittag mit Vorträgen zum Thema Outplacement der Beratungsfirma Dr. Claessens GmbH angemeldet.

Die Gründe für Outplacement klingen in der Tat sowohl für den Betrieb als auch für den Hinausgeworfenen verlockend, wenn man bedenkt, daß ein Berater dem Unternehmen zumindest einen Teil der Drecksarbeit beim Hinauskomplementieren des verdienten Mitarbeiters abnimmt.

Wilfried Lütteke, Münchner Niederlassungsdirektor der Claessens-Beratung versteht Outplacement als "ein Paket aus Beratung und Dienstleistung, das der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter anbietet, um diesen in die Lage zu versetzen, in kürzestmöglicher Zeit bei optimalem Gehalt einen neuen, passenden Arbeitsplatz zu finden".

Lütteke empfiehlt denn auch, den Outplacement Berater bereits zu den ersten Trennungsgesprächen hinzuzuziehen, damit nicht zuviel Porzellan zerschlagen wird. Häufig sei es nämlich so, daß die Berater erst dann agieren dürfen, wenn die Fronten bereits verhärtet sind.

Für den geschaßten Manager sei es zunächst sehr wichtig, den oft als existenzbedrohend empfundenen Verlust seines Arbeitsplatzes im Gespräch mit dem Berater zu verarbeiten. Gemeinsam werde dann ein Aktionsplan zum Aufbau einer neuen Karriere entwickelt, wobei, "der Blick nach vorne gelenkt werden muß", so Lütteke.

Zuviele Manager machen nämlich den Fehler, um eine möglichst hohe Ablösesumme zu kämpfen ohne sich mit den eigenen Berufsperspektiven auseinanderzusetzen.

Softlab-Personalentwickler Bernt Mayer glaubt dennoch, daß bei der jetzigen Generation der Geschaßten das Problembewußtsein in bezug auf Berufsplanung vorhanden sei. "Die Zeiten, in denen DV-Profis einfach nur die Abfindung kassierten und sich selbst auf Jobsuche begaben, sind endgültig vorbei", resümiert der Münchner Personal-Manager. Man merke eindeutig, daß sich zur Zeit Datenverarbeiter mit Führungserfahrung um einen neuen Arbeitsplatz bemühen; die Diskussion über flache Hierarchien werde an ihnen nicht vorbeigehen.

Lütteke bestätigt, daß er in der DV-Industrie mehr Outplacement-Fälle hat als früher. Andererseits sieht er die "junge DV-Industrie" überhaupt nicht als problematisch an, schwierig zu vermitteln seien höchstens die 50jährigen Programmierer. Eine Rolle spielt nach Lüttekes Einschätzung die starke Präsenz amerikanischer Firmen in dieser Branche, die sich leichter von ihren Geschäftsführern trennen als das üblicherweise in Europa der Fall ist: "Einige US-Betriebe sind sehr fortschrittlich und dort ist die Outplacement-Beratung sogar Bestandteil des Arbeitsvertrages, andere wiederum sind ruppig und clever und versuchen ihre Mitarbeiter auszutricksen".

So eine Beratung kostet zwischen 15 bis 20 Prozent des Brutto-Gehaltes, dazu kommt noch eine Zusatzpauschale von 3850 Mark, etwa für die Nutzung des Büroservice, um sich auf die zukünftigen Bewerbungen vorzubereiten.