Ohne funktionierende Kommunikation geht es nicht

Ohne funktionierende Kommunikation geht es nicht Teil-Outsourcing nimmt Kunden nicht die Kontrolle

12.03.1999
CW-Bericht, Sabine Ranft MÜNCHEN - Egal, welcher Trend gerade aufkommt, die Frage in den IT-Abteilungen lautet immer: Sollen wir das selbst machen oder nach außen geben? Im Zusammenhang mit Netzen schrecken Anwender allerdings oft vor einer Auslagerung zurück, weil sie den Kontrollverlust fürchten. Doch das Outsourcing von Teilleistungen wie Sicherheit, E-Mail oder elektronischem Handel weckt weniger Ängste.

Das Netz hat - anders als beispielsweise die Anwendungsentwicklung - nur in Ausnahmefällen Bedeutung für die Abgrenzung von der Konkurrenz. Von daher spricht eigentlich nichts dagegen, seinen Betrieb in fremde Hände zu legen. Weil aber ein Ausfall des Netzes sofort den Nerv des Unternehmens trifft und geschäftskritische Applikationen lahmlegt, ist eine solche Entscheidung immer ein heißes Eisen. Nur selten treten Firmen damit an die Öffentlichkeit. Die Citibank, deren weltweites Datennetz AT&T betreibt, und die Messe AG aus Hannover, die ihr Netz der Verantwortung der Deutschen Telekom übergeben hat, bilden hier eine Ausnahme (siehe CW 11/98, Seite 41, und CW 13/98, Seite 36).

"Die Auslagerung des kompletten Netzes - einschließlich Transfer von Mitarbeitern und technischer Ausrüstung - kommt nicht oft vor", beschreibt David Neil, Analyst bei der Gartner Group, die Zurückhaltung bei den Unternehmen. Der Marktbeobachter stellte in seinen Gesprächen sogar einen gegenläufigen Trend fest: Anwender, die sich ganz von ihrem Netz getrennt haben, seien oft unzufrieden. Der Weg zurück gilt als problematisch, und zwar um so mehr, je weiter sich die outgesourcten Dienste von der Hardware entfernen. "Grundsätzlich unmöglich ist es nicht", kommentiert Frank Dzierzon, Geschäftsführer der Everest Outsourcing Consultants GmbH aus Frankfurt, "aber der finanzielle Aufwand wäre immens, und bei der gegenwärtigen Lage auf dem Arbeitsmarkt neues Personal aufzubauen ist auch keine leichte Aufgabe."

Entsprechend stehen etliche Anwender dem Thema Netz-Outsourcing ablehnend gegenüber, weil sie den absoluten Verlust von Fachwissen und Kontrolle fürchten. "Wir machen das nicht und haben es auch in Zukunft nicht vor", weist Klaus Bresink, DV-Leiter bei der Energieversorgung Mittelrhein GmbH in Koblenz, den Gedanken an eine Auslagerung des Netzes von sich. Die Reaktionszeiten, so der IT-Manager, würden einfach zu lang werden.

Auf den er- sten Blick ähneln die Schwierigkeiten beim Netz- Outsourcing denen, die auftreten, wenn jemand andere Teile der DV wie zum Beispiel Rechenzentren in fremde Hände legt. Doch einige Unterschiede gibt es: Dazu gehört beispielsweise die große geografische Ausdehnung von Netzen, die berücksichtigt werden muß. Im Gegensatz dazu konzentrieren sich Rechenzentren auf möglichst wenige Standorte. Folglich hinkt der Netz-Outsourcing-Markt dem für die Auslagerung von Rechenzentren hinterher.

"Zur Zeit können die Netz-Outsourcer die Dienstegüte noch nicht garantieren. Es wird noch zwei bis drei Jahre dauern, bis der Markt reif ist", schätzt Neil.

Beim Outsourcing von Netzen geht es jedoch nicht notwendigerweise um die Entscheidung, das Netz ganz oder gar nicht in fremde Hände zu legen. Auch einzelne Teile dieser Leistung lassen sich an einen Dienstleister vergeben. Anbieter unterscheiden zwischen Basistransport- und Mehrwertdiensten. Während erstere Leitungen, Protokolle und das Netz-Management umfassen, gehören zu den Mehrwertdiensten das Outsourcing von E-Mail, Sicherheit, elektronischem Handel sowie von Internet-Diensten wie Web-Hosting.

Diesen Diensten räumen Marktforscher gute Zukunftsperspektiven ein. "Mit Managed Network Services gewinnt eine Art partielles Outsourcing an Popularität", beobachtet Gartner-Analyst Neil einen neuen Trend. Dabei verwaltet ein Dienstleister das Netz für den Kunden, ohne daß es zu einem Transfer von Personal kommt. Der Kunde behält die Fäden in der Hand und entscheidet, welche Geräte eingesetzt werden und wieviel Bandbreite er benötigt. Der Anbieter nimmt ihm lediglich lästige Routinearbeit ab und schafft dadurch Spielraum für andere Aufgaben.

Dem Outsourcing begrenzter Vorhaben stehen die Anwender deshalb aufgeschlossener gegenüber. Auf Kongressen war der Tenor der Aussagen, ein fest umrissenes Projekt könne man durchaus nach draußen geben, zum Beispiel die Internet-Homepage. Was jedoch das Netz-Management betrifft, gibt es Bedenken.

Doch ganz egal, was und wieviel ausgelagert werden soll, die Weichen müssen schon vor Projektbeginn gestellt werden. Diebold empfiehlt, die prinzipielle Entscheidung dafür oder dagegen möglichst schnell zu treffen. Je länger die Diskussion dauere, um so mehr sinke die Motivation der Beteiligten. Die Planung bleibt auf jeden Fall in den Händen des Unternehmens.

Auch Consultant Dzierzon rät seinen Kunden, sich wenigstens einen Rest Kompetenz zu bewahren. So bestehe wenigstens der Hauch einer Chance, das Projekt wieder zurück ins eigene Haus zu holen und dem Outsourcer ein wenig auf die Finger zu schauen. Dzierzon berät seine Kunden je nach Wunsch bei der Outsourcing-Entscheidung und/oder dem eigentlichen Prozeß. Geht eine Outsourcing-Ehe in die Brüche, hilft das Unternehmen auch schon mal bei der Trennung. "So etwas kommt aber nur im äußersten Notfall in Frage, wenn die Fronten absolut verhärtet sind", schränkt der Berater ein. Schließlich sei eine Trennung teuer und riskant, denn niemand könne garantieren, daß die Zusammenarbeit mit dem nächsten Partner besser klappt.

Wenn Outsourcing-Projekte scheitern, dann meist nicht an technischen Schwierigkeiten, sondern an einer schlechten Beziehung zwischen den Vertragspartnern oder einer ungenügenden Spezifizierung des Vertrags. Wo Unklarheiten über Leistungen bestehen, empfiehlt Dzierzon, genau festzuhalten, welche Services im Vertrag enthalten sein sollen und welche nicht. Service-Level- Agreements (SLAs) umfassen in der Regel Angaben über Verfügbarkeiten, Antwortzeitverhalten, Recovery-Verfahren, Change- Management, Problem-Management und den Helpdesk. Zur Objektivierung trägt es auch bei, meßbare Größen zu überprüfen.

Weil sich im Lauf der Zeit die Aufgaben und Technologien des Netzes ändern, müssen die Beteiligten allerdings einen Spagat leisten zwischen genauer Festlegung von Diensten und Offenheit für die Zukunft. "Ein Vertrag allein kann dem nicht gerecht werden", glaubt Dzierzon. Ohne eine faire Beziehung zwischen den Outsourcing-Partnern, die es erlaubt, solche Themen anzusprechen, seien Schwierigkeiten programmiert. Erfahrungsgemäß achten die Leute jedoch gerade dann genau auf den Wortlaut des Vertrags, wenn sie sich mit dessen Gestaltung besondere Mühe gegeben haben.

Auch bei größter Sorgfalt lassen sich Konflikte nicht vermeiden. Häufig drehen sie sich ums Geld. "Bei den Preisanpassungen an veränderte Marktverhältnisse gibt es oft Streit", berichtet Ulrich Welss, Leiter Consulting im Bereich Telekommunikation bei Debis Systemhaus. Andere Kontroversen entzünden sich an der Frage, wer für die Beratung aufkommt. Weil die Firma beim Outsourcing eben auch immer einen Teil ihres Know-hows aufgibt, benötigt sie permanente Beratung durch den Dienstleister. Kunden betrachten dies oft als selbstverständlichen Bestandteil der Leistungen. Nicht so die Dienstleister, die ihren Beratungsservice nicht kostenlos erbringen wollen. Bei internationalen Kunden kommen unter Umständen noch Probleme mit Währungsschwankungen hinzu. Da hilft nur noch eine faire Streitkultur weiter.

Beispiele für partielles Outsourcing

Die einzelnen Bereiche, die partiell ausgelagert werden können, unterscheiden sich deutlich. Virtual Private Networks (VPN) zum Beispiel werden ja sowieso bis zu einem gewissen Grad von einem Service Provider verwaltet. Wie eine im Auftrag der CW- Schwesterpublikation "Network World" angestellte Marktanalyse ergab, nimmt rund die Hälfte der Anwender das komplette VPN- Management durch einen Carrier in Anspruch. Diese Kunden stuften ihre Zufriedenheit im Durchschnitt höher ein als diejenigen, die ihr VPN selbst betreuen.

Sensibler reagieren IT-Manager bei der Sicherheit ihres Netzes. Ein Beispiel dafür ist der Grußkartenhersteller Hallmark, der AT&T vor einem Jahr mit einem VPN-Service beauftragt hatte. Mittlerweile sorgt der Carrier aber nur noch für den Netzzugang und das Management der Modems. In Sachen Sicherheit setzt Hallmark nun auf eine Software von Shiva, die im eigenen Haus installiert und gewartet wird.

Nach Angaben von Debis Systemhaus wächst auch der Markt für das Outsourcing von Messaging. Oft verfügen gerade große Firmen, bedingt durch Zukäufe oder Altlasten, über ein sehr heterogenes E- Mail-System. Vom Outsourcing versprechen sie sich eine Vereinheitlichung dieser Lösungen. Als Hemmnisse gelten hier besonders die bereits getätigten Investitionen in vorhandene Messaging-Systeme.