Computerberufe in der Volkszählung 1987 (Teil 5)

Ohne Beratungs-Know-how ist der VB auf dem Abstellgleis

03.05.1991

Knapp zwei Prozent, also rund 3000 DV-Spezialisten, zählten sich 1987 zur Gruppe der Vertriebsbeauftragten (VB) und etwa 15 000 zur Gruppe der DV-Berater. Frauen sind unterrepräsentiert, genau wie in anderen DV-Berufen auch, obwohl ihnen gerade im Vertrieb gute Karriereperspektiven eingeräumt werden.

Computer sind erklärungsbedürftige Produkte. Sie können nur dann ohne weitere Beratung "über den Ladentisch" verkauft werden, wenn die Kunden sich mit den Produkten gut auskennen. Im Computerbereich hat es hier sehr unterschiedliche Entwicklungen gegeben. So war das Großcomputergeschäft immer eine Sache der Computerhersteller. Die Mainframer haben ihren Vertrieb selbst vorgenommen.

Mit dem Aufkommen kleiner Computer, mit dem Verkauf an Private, mußten die Vertriebsstrukturen geändert werden. Computershops entstanden, Kaufhäuser legten sich eine Computerabteilung zu. Wegen des großen Bedarfs an Beratung war es aber notwendig, daß die Verkäufer in diesen Läden und Abteilungen über erhebliches Know-how verfügten. Deshalb werden die Computerverkäufer zu den Computerberufen gezählt und nicht zur großen Gruppe der Verkäufer.

Doch scheint die Bedeutung des reinen Vertriebs hinter der der Beratung zurückgeblieben zu sein: Beratungs-Know-how ist nicht nur in der Phase der Beschaffung erforderlich, sondern auch während der Nutzung von Computern. So arbeiten interne Berater in den EDV-Abteilungen der Computeranwender, externe Berater für die Unternehmen.

Insbesondere die Computerisierung auch kleiner und mittlerer Unternehmen hat einen besonderen Bedarf an EDV-Beratern bewirkt. 1987 haben sich etwa 15 000 Erwerbstätige einem derartigen Berufsfeld zugeordnet. Ob die Berater nur innerbetrieblich oder ob sie vom Beratungsunternehmen beim Kunden eingesetzt werden: In jedem Fall benötigen sie eine qualifizierte Ausbildung und müssen täglich ihre Kompetenz beweisen.

Die Zahl der Beraterinnen ist ebenfalls eng begrenzt: Nur 17 Prozent der Berater sind weiblich. Im Vergleich zu anderen Computerberufen ist dieser Anteil durchschnittlich. Es ist damit zu rechnen, daß diese Aufgabenfelder vermehrt Frauen besetzen.

Arbeitgeber für diese Berater, sind zunehmend kleinere Beratungsunternehmen, Software- und Systemhäuser, während die großen Computerhersteller ihre Aufgabe kaum noch in der Beratung sehen, wie das in der Frühzeit des Computervertriebs der Fall war. Hier hat sich ein neuer Dienstleistungsbereich gebildet, der zunehmend Fachkräfte bindet, nicht nur Berater und Vertriebsleute, sondern auch Organisatoren, Software-Entwickler und andere hochkarätige Spezialisten.

Das Tätigkeitsfeld des Vertriebsbeauftragten hat bereits eine schillernde Geschichte hinter sich. In der Frühzeit der Computeranwendung war er es, der nicht nur Know-how-Träger war, sondern auch die Computerhersteller bei den Kunden und in der Öffentlichkeit präsentiert hat. Wie heute in der Werbung üblich, hat er bereits sehr früh nicht nur "schlaue Kisten" verkauft, sondern das Image des Hauses demonstriert.

Je ähnlicher die Produkte, um so wichtiger wurden Marketing-Aspekte. So spielen die Vertriebskonzeption und die Verfügung über geeignete Vertriebsleute heute in der Computerindustrie, in den Systemhäusern und im Handel eine besondere Rolle.

Während früher der Vertrieb von Hardware im Vordergrund stand, hat sich heute der Aufgabenschwerpunkt auf Software und komplette Systeme verschoben. Mit dieser Veränderung mußten sich auch die Vertriebsleute weiterentwickeln. Ständige Qualifizierung ist für diese Berufsgruppe von besonderer Bedeutung.

Männer führen die Kundengespräche

Heute sind die Vertriebsbeauftragten wieder in die Normalität zurückgefallen. Sie sind zwar immer noch Aushängeschild der Unternehmen, sind oft auch international tätig, die Berufsgruppe hat sich aber nicht mehr allzusehr ausgeweitet.

Es zählen sich knapp zwei Prozent der DV-Spezialisten zu den Vertriebsleuten. Der Frauenanteil ist unterdurchschnittlich, es sind weiterhin hauptsächlich Männer, die die Kundengespräche führen und die Abschlüsse vorbereiten.

Die Aktivitäten der Computerladenverkäufer sind in diesen Zahlen nicht deutlich erkennbar. Bei der Volkszählung haben diese Spezialisten sich entweder den Programmierern oder nicht näher eingegrenzten Verkäufern zugeordnet. Hier hat sich die Professionalisierung noch nicht vollzogen.

DV-Berufe in Deutschland

In einer mehrteiligen Serie analysiert Werner Dostal die Ergebnisse der Volkszählung 1987 in bezug auf Computerberufe. Im ersten Teil stellte der Autor die "Hitliste" der am häufigsten angegebenen Berufsbezeichnungen vor. Er weist jedoch darauf hin, daß die tatsächliche Zahl der DV-Beschäftigten viel höher ist, da viele Befragten keine Angaben zum Beruf machten. In den folgenden Teilen der Serie werden die einzelnen Berufsfelder mit den jeweiligen Berufen beschrieben. Den Anfang bildete der Programmierer, der nach wie vor der meistgenannte Beruf bleibt. In Teil drei ging es um das Berufsfeld Organisation und Systemanalyse, in dem außerfachliche Fähigkeiten als besonders wichtig gelten. Für die Berufsstruktur in Rechenzentren - in Teil vier vorgestellt -, gilt, daß aufgrund der Automatisierung Qualifizierung und Berufserfahrung entscheidend werden. Was den Vertrieb angeht, stellen die Nürnberger Arbeitsmarktforscher in dieser Ausgabe fest, daß die Beratung des Kunden in den Vordergrund tritt.