Norwegen mit hohem Außenhandelsdefizit im Warensektor:

Öl-Konzession für Know-how-Transfer

13.03.1981

BERLIN - Verzehnfacht hat sich das norwegische Handelsdefizit gegenüber der Bundesrepublik in den letzten zehn Jahren - Erdöl und Gas allerdings nicht mitgerechnet. "Datenverarbeitung und Elektronik sind da nur sehr kleine 'Taschen', die wir versuchen zu füllen", so stellten die Leute vom Norwegischen Exportrat ihre Ziele in diesem hochtechnologischen Bereich dar als es kürzlich auf den Norwegischen Industrietagen in Berlin um das Hauptthema ging, wie denn die sehr viel größeren ,defizitären Taschen' zu füllen seien: Energie, Aluminium, Legierungen, Stahl, Holz und Fisch.

Die unausgesprochene Botschaft des nördlichen Nachbarn mit den drei ganz großen Plus "Öl, Vollbeschäftigung und Wachstumsdruck" hieß: "Geb ich Dir Öl, gibst Du mir Produktionsmöglichkeiten, Know-how und überhaupt Kooperation."

Mit der Bundesrepublik hat sich wie es die Norweger sehen wollen sowohl im politischen als auch im industriellen Bereich eine interessante Zusammenarbeit entwickelt; teilweise zeige sie bereits Ergebnisse. Positiv äußerte sich hier insbesondere Staatssekretär Per M. Olberg (Königlich Norwegisches Ministerium für Handel und Schiffahrt): Er hoffe auf höhere Umsätze von veredelten Waren. "Dies kann sowohl durch höheren Export als auch durch norwegische Investitionen in Berlin (und der Bundesrepublik) erreicht werden. Für Datenerzeugnisse und Elektronik ist die Entwicklung zufriedenstellend verlaufen."

Beispiele sind hier die teilweise seit zirka zehn Jahren bestehenden Beziehungen zu DeTeWe (Deutsche Telefonwerke und Kabelindustrie AG), zu Siemens, das mit Tandberg zusammen (Siemens hält 51 Prozent) ergonomisch anspruchsvolle Bildschirme herstellt, und auch außerhalb Berlins zu MBB, Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH, mit der die A/S Kongsberg Vapenfabrik zusammenarbeitet. Eine komplexe DV-Systemlösung für automatische Kartographie ist das auf den Norwegischen Handelstagen präsentierte Ergebnis. Kongsberg macht sich auch stark, in der ÖI-Exploration auf dem Festlandsockel durch technologisches Know-how in der NC-Steuerung mitwirken zu können. Deminex Norge A/S sei hier der Partner. Für die Deutschen, die eine zweite Rohrleitung für den Erdgastransport vom Ekofiskfeld legen wollen, ist Deminex auch Verhandlungspartner.

Auf spezielle Zielvorstellungen hin angesprochen, mochten sich die kühlen Wirtschaftsdiplomaten allerdings kaum äußern. Spezielle Wünsche hätten sie nicht, aber sie sprachen von "Wachstumsdruck" in Norwegen und gaben zu, das der Berliner Arbeitsmarkt "in gewisser Weise" für sie interessant werden könne. Erste Kontakte bieten sich an: Philips verkauft sein Berliner Werk an den Lernmittelhersteller Herlitz AG, Berlin. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, sollen in dem bisher unter anderem Autoradios herstellenden Werk 445 der 560 beschäftigten Arbeitnehmer entlassen werden. Spekulationen, die sich auf Tandberg Data A/S oder den Hi-Fi-Bereich von Tandberg (Tandberg Industrier A/S) beziehen, wurden in Berlin laut. Tandberg ist - nach eigenen Angaben - weltweit der größte Hersteller von Sprachlabors.

Obwohl - wie im Vorspann angedeutet- die elektronische Industrie in Norwegen mengen- und wertmäßig nur eine geringe Rolle spielt - stellte auf der den Industrietagen eingefügten Ausstellung hauptsächlich dieser Industriezweig seine Produkte aus. Es waren mit Repräsentanten oder Beispielen aus ihrem Lieferspektrum vertreten: Kongsberg GmbH; Norsk Data Deutschland GmbH; Ring Kommunikationssysteme GmbH; Stenophon Electronic GmbH und die beiden deutschen Tandberg Töchter Tandberg Data und Tandberg Radio GmbH.

Informationen: Norwegischer Exportrat, Die Handelsabteilung, Königlich Norwegisches Generalkonsulat, Karl-Arnold-Platz 2, 4000 Düsseldorf 30, Telefon 02 11/45 06 81.