Eine bisher kaum beachtete Methode bekommt Aufwind:

Objektorientierte Sprachen im Trend

14.07.1989

MÜNCHEN (CW) - Compiler-Hersteller entdecken die objektorientierte Software-Entwicklung. Über zehn Jahre lang war dieser Technik eine breite Aufmerksamkeit versagt; nun statten selbst große Softwarehäuser Standardsprachen wie Pascal mit objektorientierten Funktionen aus (siehe auch nebenstehenden Beitrag: "Microsoft macht Borland Konkurrenz").

Tom Wu, Produktmanager bei Borland International und dort unter anderem für Turbo Pascal und Assembler zuständig, betont die Bedeutung dieser Technik für sein Unternehmen: "Die Produkte, die wir derzeit entwickeln, zielen in Richtung Objektorientierung."

Neben den rein objektorientierten Programmiersprachen wie Smalltalk und Actor nimmt die Anzahl von traditionellen Hochsprachen zu, die um entsprechende Funktionen erweitert werden. Zu ihnen gehören Objective C, Object Pascal und seit neuestem Quick Pascal von Microsoft sowie die Version 5.5 von Borlands Turbo-Pascal-Compiler.

Außerdem hat AT&T die Version 2.0 von C++ angekündigt, wovon Microsoft und die HCR Corp. eine Ausführung mit Source-Level-Debugger auf den Markt bringen wollen. Inzwischen warten auch ältere Sprachen mit objektorientierten Erweiterungen auf. So bietet Absoft aus Rochester/Michigan einen entsprechenden Fortran-77-Compiler für den Next-Rechner.

Stew Chapin, Microsofts Produktmanager für Progammiersprachen, spricht in diesem Zusammenhang von einer ersten Produktwelle, die die Programmierer mit dem objektorientierten Ansatz vertraut machen soll. Der nächste Schritt sei, Anwendungen zu entwickeln, die als Objekte benutzt werden und selbst wieder aus einem Bündel von Objekten bestehen.

Im Weiteren, so Chapin, müßte auf die Betriebssysteme zugegriffen werden, damit diese "wissen", welche Bündel von Objekten sie laden können. Entwicklungen in diese Richtungen seien bereits erkennbar. So finden und laden Macintosh-Rechner Anwendungen bereits dann, wenn eine zugehörige Datei angeklickt wird. Next-Maschinen ermitteln ihre Objekte sogar in Multitasking- und in Netzwerk-Umgebungen.

Schließlich sollen objektorientierte Entwicklungs-Tools entstehen, mit denen ohne Code programmiert werden kann. Als Vorstufe hierfür nennt Chapin die Sprache Smalltalk, die als Mutter der objektorientierten Programmiersprachen gilt. Künftig, so schließt Chapin, werde diese Art, Anwendungen zu erstellen, zum Alltag jedes Programmierers gehören.