IDC Deutschland legt neue Universalrechner-Marktzahlen vor - eine Herausforderung an die Diebold-Statistik:

Nur 12 000 Computersysteme in der Bundesrepublik?

30.04.1976

MÜNCHEN - Die besten Zahlen über den Bestand an Computer-Systemen im Markt haben die Hersteller - jeweils für ihre eigenen Produkte. Und diese Zahlen werden geheimgehalten, wenn etwas nach draußen gegeben wird, ist es meistens frisiert.

Die zweitbesten Zahlen - allerdings für den gesamten Markt - meint die IDC Deutschland GmbH in München zu haben. Die Schwesterfirma der Computerworld GmbH arbeitet als Marktforschungsinstitut für die Computer-Branche. Mutter International Data Corporation in Walthan, Massachussetts, unterhält, zusammen mit IDC-Firmen in Japan, England und Frankreich, das International Computer Installations Data File, in dem nunmehr schon im zwölften Jahr Informationen über heute 89000 installierte Computer (etwa 70 Prozent des Bestandes in den USA und 60 Prozent der nicht-amerikanischen Installationen) systematisch gesammelt werden.

Lebenszyklus Kalkül

Zu den jährlichen Updates kommen Hochrechnungen unter Einbeziehung von Kalkülen über Lebenszyklus von Computern Neuauslieferungen und Rückläufern hinzu. Ergebnis: Das angeblich sicherste Zahlenwerk über den weltweiten Computer-Bestand, das verfügbar ist. Bezeichnenderweise wurden im neuen Dritten DV-Förderprogramm der Bundesregierung IDC-Zahlen zur Erläuterung der Marktentwicklung - insbesondere bezüglich der Marktanteile einzelner Hersteller - herangezogen.

Im Rahmen des EUROCAST-Programms (European Computer Market Forecast) der IDC-Deutschland hat IDC-Geschäftsführer Robert A. Lachnitt jetzt neue Zahlen über den Bestand an General Purpose Computern in der Bundesrepublik vorgelegt, die erheblich von allen bisherigen Schätzungen abweichen, weil sie Zahl und Wert der in der BRD installierten Universalrechner erheblich niedriger ausweisen als bisher angenommen wurde.

Honeywell Bull nur Vierter

Während die Diebold Deutschland GmbH in der letzten Diebold-Statistik (Stand: 1. 7. 1975) für die Bundesrepublik insgesamt 22691 Universalrechner im Werte von etwa 21,6 Milliarden Mark ausweist, gab es laut IDC Deutschland am 1. 1. 1976 insgesamt 11 880 Universalrechner, im Werte von etwa 12,62 Milliarden Mark. Zwar decken sich etwa die Schätzungen für die Marktanteile von IBM und Siemens in Deutschland (Diebold. 62 Prozent bzw. 17 Prozent, IDC: 61,5 Prozent bzw. 16,1 Prozent), aber bei den dann folgenden Positionen gibt es dann wieder Unterschiede. Diebold: Honeywell Bull 8 Prozent, Univac 7 Prozent; IDC: Univac 6,5 Prozent, Honeywell 5,5 Prozent.

Beiden Statistiken ist wohl vorzuwerfen, daß sie bei der Definition der General Purpose Computer IBM`s Kleinrechner System 3 und System 32 und "vergleichbare Systeme anderer Hersteller" einbeziehen, andererseits aber die entsprechenden Systeme der Hersteller von MDT-Anlagen unter dem Begriff Universalrechner ausschließen. Man mag deshalb die Aussagekraft der Zahlenwerke durchaus anzweifeln (weniger wegen der wertmäßigen Verteilung, mehr was die Zahl der Installationen angeht), andererseits ist nur bei einer solchen Vorgehensweise ein internationaler Vergleich der Zahlen möglich, denn MDT ist selbst heute noch de facto eine typisch deutsche Erscheinung. In den internationalen Universalrechner-Statistiken bleiben eben Minicomputer und Prozeßrechner ausgeschlossen, selbst wenn sie als Small Business Systems den General Purpose Computern immer mehr Konkurrenz machen.

Sieben Größenklassen

In der Vergangenheit wurden Computer-Klassen oft durch Heranziehen der Monatsmiete einer durchschnittlichen Anlagen-Konfiguration gebildet. Dies hatte - so IDC-Eurocast Projektleiter Norbert Speicher - den Nachteil, daß bei den neuerdings regelmäßigen Mieterhöhungen eine, Neuzuordnung der betroffenen Computer vorgenommen werden mußte. Zeitreihenanalysen und Marktschätzungen wurden dadurch erheblich erschwert. Um zu einer sinnvolleren Klassifizierung zu gelangen, hat IDC die Produktlinien der Hersteller in sieben Größenklassen eingeteilt und definiert diese Klassen durch Angabe der entsprechenden IBM-Systeme jeder Kategorie. Systeme anderer Hersteller werden dann der entsprechenden Größenklasse zugeordnet, so daß zu einer Kategorie die angegebenen IBM-Rechner und die vergleichbaren Modelle anderer Hersteller gehören.

Nach diesem neuen Verfahren ergibt sich für die Bundesrepublik auf Basis des jüngsten Update des deutschen IDC-Files und entsprechender Zusatzrechnungen, daß wertmäßig über die Hälfte der installierten Computer in die Kategorie der Mittelklasse-Rechner (Größenklasse 4 und 5) fallen, die zahlenmäßig aber nur ein Viertel der installierten Systemen ausmachen (Bild 1). Verteilt auf die Hersteller ergibt sich die im Bild 2 ausgewiesene Rangfolge für den deutschen Markt.

Wer es genauer wissen will, dem liefert IDC detaillierte Zahlen, - etwas die erstmals vorgelegte Bestandsstatistik für in der BRD installiert IBM-Anlagen (Bild 3).

In der Bundesrepublik vermehrte sich nach IDC-Angaben der Bestand an Universalrechnern vom 1. Januar, 1975 bis zum 1. Januar 1976 um rund 800 Anlagen (plus 7,4 Prozent). Dies entspricht einem wertmäßigen Zuwachs um rund 600 Millionen Mark (plus 5 Prozent).