Hardware von Dell, Cisco und HP angeblich manipuliert

NSA greift Computer und Netze gezielt an

02.01.2014
Der US-Geheimdienst NSA macht offenbar nicht davor halt, Schwachstellen bei Herstellern wie Cisco oder Dell auszunutzen. Zudem veröffentlichte der "Spiegel" einen Katalog von Ausspähtechnik der NSA. Wann und gegen wen dies eingesetzt wurde, bleibt offen.

Der US-Geheimdienst NSA kann laut einem "Spiegel"-Bericht Computer von Zielpersonen präzise und unauffällig mit Ausspäh-Software infizieren. So werde über präparierte Netztechnik der Datenverkehr abgefangen und ihm zusätzlicher Programmcode von einem NSA-Server beigemischt, heißt es in einer NSA-Präsentation, die das Magazin online veröffentlichte. Die Informationen basieren auf Unterlage, die Edward Snowden mitgenommen hat.

Zusätzlich gab es weitere Details zur Fähigkeit der NSA, verschiedene technische Geräte anzuzapfen. Der "Spiegel" veröffentlichte online Auszüge aus einem internen Einkaufskatalog für Ausspäh-Technik. Dort gibt es zum Beispiel für 30 Dollar ein präpariertes Monitor-Kabel, mit dem man per Radar aus der Entfernung den Inhalt des Bildschirms auslesen kann. Eine GSM-Basisstation, die sich als Mobilfunk-Mast ausgibt und zur Überwachung von Handys eingesetzt werden kann, werde mit 40.000 Dollar veranschlagt.

Dieser "Versandkatalog für Spione" stammt laut Spiegel von der NSA-Abteilung ANT. Diese sei wiederum eine Unterabteilung des Bereichs "Tailored Access Operations", kurz TAO. TAO selbst verfüge über einen umfangreichen Werkzeugkasten für gezielte Angriffe. So könne der Geheimdienst Internetnutzer gezielt angreifen, indem er eigene Server zwischen eine aufgerufene Webseite und den Nutzer schalte."Huckepack und unsichtbar für den Nutzer transportiert die manipulierte Seite Spähsoftware, die auf die Sicherheitslücken im Rechner der Zielperson abgestimmt sind", schreibt der Spiegel. Diese Methode mit dem Codenamen "Quantum Insert" sei gegen Mitarbeiter des halbstaatlichen belgischen Telekommunikationskonzerns Belgacom eingesetzt worden. Der NSA sei es so gelungen, sich Zugang zum internen Belgacom-Netz zu verschaffen.

Mit einer ähnlichen Methode habe die TAO auch Daten über ein wichtiges Unterseekabel zwischen Europa, Nordafrika und Asien ausgespäht. Der Abteilung sei es gelungen, "Informationen über das Netzwerk-Management des Sea-Me-We-4-Unterwasserkabelsystems zu erlangen", heißt es in einem als "streng geheim" eingestuften Dokument vom 13. Februar 2013, das der "Spiegel" einsehen konnte. Dazu hackten die US-Spione eine Webseite des Betreiberkonsortiums, zu dem Orange (früher France Telecom) und Telecom Italia gehören.

Diese Fähigkeiten seien "schlimmer als Ihre schlimmsten Alpträume", sagte Jacob Appelbaum, der für den "Spiegel" die Dokumente mitauswertete. Für ihre Angriffe habe die NSA gezielt Schwachstellen gelegt oder offengelassen, die viele Internetnutzer gefährden könnten. "Die NSA hat den Prozess abgewürgt, mit dem wir das Internet sicher machen", sagte er auf dem Hackertreffen 30C3 in Hamburg, "sie kennen Schwachstellen und halten sie geheim." Es gebe so viele Hintertüren, dass die Geheimdienste der "Fünf Augen"-Allianz aus USA, Großbritannien, Neuseeland, Kanada und Australien eine Liste führten, um sich nicht gegenseitig in die Quere zu kommen.

Trotz des umfangreichen Katalogs bleibt offen, wie häufig und wann welche Technik zum Einsatz kommt. "Wir wissen, dass sie benutzt wurde", so Appelbaum, um Zielpersonen gezielt auszuspähen. Aber man habe sich entschieden, Namen von Opfern nicht zu veröffentlichen.

Bei der Suche nach Angriffspunkten durchleuchtet die NSA offenbar auch gezielt Produkte von US-Unternehmen. In den Unterlagen, die der Spiegel veröffentlichte, werden etwa Microsoft, Dell und Cisco in Bezug auf Hardware genannt, dazu Internetdienste wie Yahoo, LinkedIn und Facebook. "Das ist Teil eines konstanten Schemas, amerikanische Firmen zu hintergehen", sagte Appelbaum. Es sei nicht klar, welche Firmen Opfer des eigenen Geheimdienstes seien und welche möglicherweise bei den Attacken geholfen hätten.

Den Unterlagen zufolge entwickelte die NSA auch Einbau-Module für Geräte der Computer- und Netztechnik-Hersteller Cisco, Dell, Juniper, Hewlett-Packard sowie Huawei aus China. Cisco zeigte sich in einem Blogeintrag an Silvester besorgt. Man versuche, zusätzliche Informationen zu bekommen. "Wir arbeiten mit keiner Regierung zusammen, um unsere Produkte für eine Ausspähung zu schwächen oder Backdoors zu installieren." Dem Konzern sind dem Blog zufolge derzeit keine Schwachstellen in seinen Produkten bekannt.

Bei einer anderen Angriffstechnik schaltet der Geheimdienst, wie es beim "Spiegel heißt", eigene Server zwischen einen Internetnutzer und eine aufgerufene Webseite. Die NSA versuche so, ihre eigenen Datenpakete mit Schadsoftware schneller zum Computer der Zielperson zu leiten als die der eigentlich angesteuerten Webseite. Es ist ein Wettrennen im Datennetz. Eine der Webseiten, bei denen diese Attacke angewendet werde, sei Yahoo. "Damit sie das Datenpaket von Yahoo schlagen kann, muss sich die NSA im Prinzip für Yahoo ausgeben", erklärte Appelbaum. In den Unterlagen finden sich auch Details zu Abhörmöglichkeiten von Räumen und zum Ausspähren von Computern. (dpa/mje/hi)