Open-Market-Technologie nicht rechtzeitig implementiert

Novell startet mit Internet-Panne ins Jahr

17.01.1997

"Ich wünschte, ich könnte einen plausiblen technischen Grund nennen, weshalb sich die Auslieferung des Produktes verzögert, aber ich habe keinen", gestand Stewart Nelson, Vice-President der Novell Applications Division, die Pleite gegenüber der Presse ein. Statt mit einer endgültigen Ver- sion der Electronic-Commerce-Software für Intranetware aufzuwarten, mußte der Hersteller aus Orem, Utah, die Anwender auf eine Betaversion vertrösten, die Ende des ersten Quartals 1997 verfügbar sein soll.

Dem Novell-Manager zufolge wird sich aber an der Electronic-Commerce-Politik des Unternehmens nichts ändern. Marktbeobachter bezweifeln diese Aussage jedoch. Ihrer Ansicht nach sind sowohl die Verschiebung des Produktes als auch die Verkleinerung der Internet Commerce Division, die im November 1996 in die Novell Applications Division eingegliedert wurde, Indiz dafür, daß Novell den Electronic Commerce zunächst nicht so wichtig nimmt.

Novell stellte die Weichen in diese Richtung im März 1996, als die Company eine Partnerschaft mit der Open Market Inc. bekanntgab. Damals vereinbarten beide Unternehmen, die Technologie "OM-Securelink" von Open Market in Novell-Web-Server-Lösungen zu integrieren.

Durch die Integration der Open-Market-Technik soll für Novell-Anwender im Internet folgendes Procedere sichergestellt werden: OM-Securelink, das auf einem "Netware Web Server" läuft, verschlüsselt die Übertragungsdaten und reicht sie an einen sicheren, dedizierten Server weiter. Dieser kontrolliert dann, ob der Kunde kreditwürdig ist sowie über ein buchungsfähiges Konto verfügt, und leitet bei positivem Ergebnis den Kaufauftrag in die Wege.

Nelson bestätigte, daß Novell auch in Zukunft mit Open Market zusammenarbeiten werde, wollte aber keine Angaben darüber machen, ob das angekündigte Produkt Intranetware-Nutzern auch die genannte Funktionalität bieten wird. Durch die verspätete Verfügbarkeit der Software ist Intranetware allerdings auch bis auf weiteres als Lösung für Electronic Commerce aus dem Rennen. Statt dessen werden sich Interessenten für Produkte wie zum Beispiel den "Merchant Server" von Microsoft entscheiden, die am Markt bereits erhältlich sind. Novells Pläne, Konkurrenten wie Microsoft oder Netscape Boden im Internet abzujagen, wird damit tendenziell ad absurdum geführt.

Nach Meinung von Rob Enderle, Analyst der Giga Information Group in Santa Clara, betrachten IT-Manager Intranetware ohnehin nicht als Applikations-Server erster Wahl für kritische Anwendungen. Dafür würden andere Plattformen in Betracht gezogen, für die es viel mehr Optionen gebe. Das Novell-Management unter Führung von President Joe Marengi hat für die Electronic-Commerce-Software jedenfalls noch keinen neuen offiziellen Auslieferungstermin mitgeteilt, aber auch keine Absichten, bestehende Produktstrategien zu ändern.