Distributoren werden künftig nur noch nach Bedarf beliefert

Novell schreibt im zweiten Quartal rote Zahlen

06.06.1997

Das Auf und Ab bei Novell hält an. Nachdem das Unternehmen den Analysten an der Wallstreet noch vor Wochen eine Umsatzsteigerung von 300 Millionen auf 335 Millionen Dollar prophezeit hatte, folgte nun die Ernüchterung. Novell verbuchte im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 1997 lediglich einen Umsatz in Höhe von 273 Millionen Dollar und weist sogar einen Verlust von 14,6 Millionen Dollar aus.

Nach dem Quartalsende am 30. April hatte das Management bereits versucht, die Erwartungen der Investoren zu dämpfen. Doch trotz der Vorwarnung gerieten die jüngsten Zahlen für die Aktionäre und Analysten, die zumindest noch mit einem minimalen Gewinn gerechnet hatten, zur Pleite. Novell verfehlte die bereits reduzierte Schätzung nämlich um weitere 27 Millionen Dollar. Für das Minus zeichnet insbesondere der nachlassende Umsatz mit dem Netz-Betriebssystem Netware in der eigentlichen Domäne von Novell, dem Bereich der Kleinunternehmen, verantwortlich. Im Gegensatz zum ersten Quartal, als 66 Millionen Dollar mit diesem Produkt eingenommen wurden, setzten die Netzwerker mit dem LAN-Klassiker im zweiten Viertel nur noch 35 Millionen Dollar um. Auch bei dem Flaggschiff "Intranetware" waren die Zahlen von 185 Millionen Dollar auf 132 Millionen Dollar rückläufig.

Die schlechten Geschäfte schlagen sich auch an der Börse nieder. Seit Ende Februar 1997 ist der Kurs der Novell-Aktie, die mittlerweile bei nur noch rund sieben Dollar liegt, um knapp 40 Prozent gefallen. Höchste Zeit für den neuen Novell-CEO Eric Schmidt, auf die Kostenbremse zu treten. Der kürzlich weltweit in die Wege geleitete Personalabbau um 18 Prozent der Beschäftigten soll laut Schmidt jährliche Einsparungen von 100 Millionen Dollar bringen. Eine Maßnahme, die zwar möglicherweise die Aktionäre beschwichtigt, nicht aber die Anwender. "Wer Arbeitskräfte einspart, spart auch am Support, der bei Novell ohnehin unzureichend ist", beklagt ein IT-Manager die jüngste Politik des Rotstiftes.

An der Notwendigkeit, die Kosten der Umsatzentwicklung anzupassen, führt nach Ansicht von Ralf Blusch, Marketing-Leiter bei der Novell Deutschland GmbH, jedoch kein Weg vorbei, "dazu gehören auch Einsparungen bei den Personalausgaben".

Von der Maßnahme Novells, weltweit das mittlere Management stark zu reduzieren, soll laut Blusch der Vertrieb profitieren. In erster Linie bedeutet das eine Änderung der Distributionsstrategie. "Novell wird auf ein rein nachfrageorientiertes Geschäftsmodell umstellen", erklärt der Manager die neue Marschroute, deren Ziel es ist, künftig die Lagerbestände bei den Distributoren so gering wie möglich zu halten.