Die Pioniere haben sich auch auf dem deutschen Markt etabliert:

Norweger setzen auf die Büroautomation

12.10.1984

Den Kinderschuhen ist die norwegische DV-Industrie inzwischen entwachsen: Sie blickt auf eine Geschichte von zwei Jahrzehnten zurück. Die Pioniere von damals sitzen heute oft als Geschäftsführer bei den großen DV-Herstellern. Einige dieser Anbieter haben sich bereits in der Bundesrepublik Deutschland etabliert. Andere wollen mit neuen, oft sehr innovativen Produkten hierzulande Fuß fassen. Kai Paulsen, norwegischer Journalist, beschreibt die Situation.

Spitzenreiter in der norwegischen Informationsindustrie ist die Norsk Data Inc. Das Unternehmen beschäftigt 1784 Mitarbeiter. Letztes Jahr verzeichnete es einen Umsatz von 886,4 Millionen norwegischen Kronen mit einem Gewinn vor Steuern von 143,9 Millionen. Die Zahlen von 1983 zeigen gegenüber dem Vorjahr eine Umsatzsteigerung von 45 Prozent, der Gewinn vergrößerte sich um 104 Prozent vor Steuern.

Norsk Data wird in der Bundesrepublik durch die ND Dietz GmbH mit Sitz in Wiesbaden vertreten. Vor einiger Zeit brachte der Hersteller eine Serie von neuen 32-Bit Superminis auf den Markt. Die ND-500 Serie sei zu der kleineren ND-100 Serie voll kompatibel. Die Rechner eignen sich laut Anbieter sowohl für kommerzielle als auch wissenschaftliche Anwendungen. Mit British Racal Electronics ist Norsk Data ein Jointventure eingegangen. Die beiden Unternehmen wollen sich auf das Gebiet der Künstlichen Intelligenz begeben, um Computer der 5. Generation zu bauen.

Auch die Tandberg Data GmbH, Dortmund, hat sich inzwischen auf dem deutschen Markt einen guten Ruf erworben. In Norwegen ist Tandberg der zweitgrößte DV-Hersteller. Bekannt wurde der Anbieter durch seine ergonomischen Bildschirme - die TDV Serie.

In diesem Sommer schlossen die Norweger einen Vertrag mit der Intel Corp. ab. Tandberg wird an Intel 5400 TDV 2200S Terminals im Wert von rund 40 Millionen norwegischen Kronen liefern. Mit der Entwicklung und Herstellung von Streamern zum Back-up von Festplatten begann Tandberg Data vor einem Jahr. Inzwischen meldet das Unternehmen auch auf den amerikanischen Kontinent Ambitionen an. In der neu entstandenen Niederlassung in Kalifornien soll in Kürze mit der Produktion begonnen werden.

Eine wichtige Position im Bereich der Büroautomation nimmt die ComputerNet Inc. ein. Das auf Local Area Networks (LAN) spezialisierte Unternehmen stellte in diesem Jahr auf der Hannover-Messe seine Produkte erstmals vor. Marktkenner erwarten, daß das Netzwerk, das 3000 Mark kostet, auf dem deutschen Markt gut ankommen wird. Mit dem ComputerNet Comnet 2 sollen unterschiedliche Typen von Personal Computern und auch nicht intelligente Terminals miteinander kommunizieren können. Das Unternehmen bietet Software-Unterstützung für Industriestandard-Betriebssysteme wie CP/M, CCP/M, MP/M-II MP/M-85 und MS-DOS an.

Der norwegische Anbieter Mycron - ein Norsk Data-Ableger -produziert Mikrocomputer, die speziell auf die Wünsche ihrer Landsleute zugeschnitten sind. Ihre Software ist besonders auf die Anforderungen der Büroarbeit abgestimmt. Die beiden größten Modelle Mycron 200 und 2200 haben in diesem Jahr einen kleinen Bruder bekommen: Mycron 20. Das Einplatzsystem basiert auf einem Intel iAPX-286. Bei der CPU des Rechners handelt es sich um den selben Chip, mit dem IBM in seiner neuen Kreation, dem PC AT, arbeitet.

CAD-Systeme aus dem hohen Norden

Der frühere Präsident von Mycron, Lars Monrad-Krohn, verließ das Unternehmen und gründete Kontiki-Data Inc. Hier werden kleine, leistungsfähige Mikrocomputer für den Ausbildungsbereich hergestellt. Tausende von TIKI-100 Rechnern wurden inzwischen an Schulen und Universitäten in Norwegen geliefert. Wegen eines Konflikts um das Copyright mußte das Unternehmen seinen Namen in Tiki-Data Inc. ändern. In der Bundesrepublik heißt die Niederlassung Rentiki-Data und ihre Rechner Ren-100. Der Z-80 8-Bit-Computer erhält in Kürze eine Zusatzsteckkarte mit einer 8088 CPU und zusätzlichen RAM-Paketen. Aufgrund dieser Erweiterung kann auf dem CP/M Lehrcomputer dann auch MS-DOS laufen.

1978 wurde die eldak Eurocad gegründet. Derzeit entwickelt und produziert eldak CAD-Systeme. Im Werk in Horten, Südnorwegen, sind 98 Mitarbeiter beschäftigt. Der Umsatz betrug letztes Jahr 38 Millionen norwegische Kronen.

In der Bundesrepublik hat eldak in München eine Niederlassung eröffnet, die eldak Eurocad GmbH. Hier sind fünf Mitarbeiter beschäftigt. Den Umsatz gibt der Hersteller mit 800 000 Mark jährlich an.

Eine Entwicklung dieses Unternehmens ist das DMS - Document Management System. Hierbei handelt es sich um ein Erfassungs-, Archivierungs-, Verteil- und Wiedergabesystem mit dem sich Dokumente laut Hersteller abtasten, in digitale Form umsetzen und auf einen Datenträger abspeichern lassen. DMS besteht vor allem aus dem Einlesegerät Digscan 9100 und dem Bedienungs-Terminal E 100 D. Das Terminal ist ein von Eldak ausgebauter Personal Computer, der auf dem S-100-Bus basiert und mit einer 10-MB-Festplattenspeichereinheit sowie einem Diskettenlaufwerk ausgerüstet ist.

Auf dem Gebiet der digitalen Kommunikationssysteme engagiert sich Stentor Inc. aus Trondheim. In der Bundesrepublik wird das Unternehmen durch die Stentofon GmbH mit Niederlassungen in Köln, Hamburg, Frankfurt und Stuttgart vertreten. Stentor ist zunehmend am Bereich Büroautomation interessiert.

Mit einem computerisierten Kommunikationssytem, dem Pamex System, entwickelte das Unternehmen ein komplettes Steuerungs- und Überwachungssystem. Dateneingabe und Zugreifen auf bereits abgespeicherte Informationen erfolgen bei Pamex über ein Terminal. Stolz sind die Norweger auch auf ihr digitales Sprachspeicher- und Informationssystem "Stentofon Voice Message", das an Gegensprech- und Telefonanlagen angeschaltet werden kann. Gesprochene Mitteilungen werden gespeichert und dem abwesenden Kollegen als Durchsage hinterlassen.