Paderborner entlassen im Inland weniger Mitarbeiter als geplant

Nixdorf Computer leitet erste strukturelle Maßnahmen ein

09.03.1990

PADERBORN (ciw) - Das Nixdorf-Management hat begonnen neue Unternehmensstrukturen einzuziehen: So sollen künftig vier Produkt- und drei Vertriebs-Divisionen die Effizienz des Unternehmens erhöhen. Außerdem liegt ein Vorschlag der Geschäftsführung über das Ausmaß des Personalabbaus auf dem Tisch. Demnach müssen nicht mehr 2440 deutsche Mitarbeiter ihren Hut nehmen, sondern vorerst "nur" 1600.

Zu den vorgesehenen Strukturmaßnahmen, die in mehreren Hausmitteilungen vorgestellt worden sind, zählt die Einführung von vier Produkt-Divisionen, für die bereits verantwortliche Manager feststehen.

So wird Peter-Mark Droste die "Personal-Computer-Division" leiten und die Verantwortung für die Fertigung in Berlin übernehmen. Für die Unix-Produkte zeichnet Bernhard Wöbker verantwortlich, und die "Software-Produkt-Division" steht unter der Leitung von Wolfgang Sturm. Frank Arnold wird den CSC/Drucker-Bereich führen, zu dem dann auch die Entwicklung und die Produktion von Druckern im Werk Köln gehört.

Außerdem wird ein Bereich "Basisproduktion" unter der Leitung von Karl-Heinz Stiller eingerichtet. Sie soll den Produkt-Divisionen Baugruppen und fertigungstechnische Dienstleistungen zur Verfügung stellen. Zugeordnet werden diesem Bereich die

Fertigungsaktivitäten, Ressourcen und die ausländischen Werke, weil sie nach Meinung der

Nixdorf-Führung dort eine erheblich "höhere Wirtschaftlichkeit" als in den Divisionen erzielen

werden.

Sowohl die Produkt-Divisionen als auch die Basisproduktion werden nach dem Willen ihrer Schöpfer technisch und wirtschaftlich weitgehend selbständige Einheiten mit der Aufgabe sein, "dem Vertrieb wettbewerbsfähige Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen".

Sie arbeiten als umsatz- und ergebnisverantwortliche Profit-Center, die mit den "Vertriebs-Divisionen wie in einer Kunden-/Lieferantenbeziehung stehen", heißt es in der Nixdorf-Hausmitteilung "inline aktuell" vom 21. Februar.

Die den Produkt-Gruppen gegenüberstehenden Vertriebsbereiche werden ebenfalls neu geordnet. Im Unternehmensbereich "Business International" will man die bisherigen Abteilungen "Mittelständische Wirtschaft", "Großkunden", "Micro Vertrieb" und "Nixdorf Plus" zusammenfahren. Außerdem steht die Einrichtung der Bereiche "Business Systems International" und "Business Systems-Software" ins Haus.

Noch keine Einigung über den Stellenabbau

Im aufgelegten Strukturprogramm, das sofort umgesetzt werden soll, ist auch die Neuorganisation des Vertriebs "Government" und eine Straffung in den Bereichen Finanzen und Materialwirtschaft vorgesehen.

Darüber hinausgehende Veränderungen bis zum 30. September 1990 - bis dahin soll die Regelung gelten - müssen wie bisher mit dem Betriebsrat abgestimmt werden.

Noch nicht geeinigt hat sich die Verhandlungskommission, die aus Vertretern des Betriebsrates, unabhängigen Juristen und Mitgliedern der Konzernführung besteht, über den geplanten Stellenabbau im Inland. Die Geschäftsführung hat vorgeschlagen, daß nach dem 31. Januar "bis zu 1600 betriebsbedingte Aufhebungsverträge abgeschlossen oder betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden (darunter bis zu 990 in Paderborn)".

Die Kündigungen sollen nach dem 31. März 1990, frühestens zum 30. Juni ausgesprochen

werden, so daß - von Fällen längerer Kündigungsfristen abgesehen - der wesentliche Stellenabbau zum 30. Juni 1990 realisiert wird".

Die Planungen sehen auch "einige Ausgliederungen von Aktivitäten" vor. Davon werden nach Angaben von Nixdorf-Pressesprecher Günter Cromme das sogenannte "CAD-Lab", eine Gemeinschaftsaktivität des Paderborner Computerherstellers mit der dortigen Universität genauso betroffen sein, wie die Schweizer Nixdorf-Tochter "Speed". Hinter diesem Logo verbergen sich ein gutes Dutzend Hardware-Entwickler, die früher ausschließlich für Nixdorf arbeiteten, "die aber in letzter Zeit", so Cromme, "genügend Fremdaufträge bekommen haben, um selbständig existieren zu können." Außerdem sucht man einen Partner für die Datenbank DDB4.

"Trotz beträchtlicher finanzieller Leistungen, die das Unternehmen zu erbringen hat", erklärt die Unternehmensleitung abschließend, "stellen die Gesprächsergebnisse aber einen tragfähigen Kompromiß dar."

Die größte Hürde, die der Plan noch nehmen muß, ist die Zustimmung des Konzern-Betriebsrates. Der aber wehrt sich mit Händen und Füßen gegen den in Aussicht gestellten Personalabbau. Franz Tölle, Sprecher des Wirtschaftsausschusses des Gesamtbetriebsrats erläutert: "Viele der vorgeschlagenen Strukturmaßnahmen sind von uns angestoßen worden - die unterstützen wir. Aber mit dem Personalabbau sind wir nach wie vor nicht einverstanden, weil andere Maßnahmen, wie zum Beispiel Kurzarbeit oder das Hereinholen von Fremdaufträgen noch nicht ausreichend versucht worden sind." Dementsprechend heißt es in den "Informationen des Betriebsrates vom 28. Februar: "Das Gesprächsergebnis bedeutet keine Zustimmung des Betriebsrates zu den geplanten Personalreduzierungen." (Siehe auch Interview mit Horst Nasko auf Seite 11.) +