Breitband-Vorläufernetz der Post für 1000 Teilnehmer:

Nixdorf bei Videokonferenz-Technik am Ball

30.01.1987

MÜNCHEN/PADERBORN (sch) - Gleichermaßen als Nutzer und als Hersteller von Videokonferenz-Techniken zeigte sich Nixdorf bei der offiziellen Einweihung der beiden firmeneigenen Studios in München und Paderborn. Darüber hinaus beliefert Nixdorf auch die Bundespost mit Videokonferenz-Equipment - allerdings nicht allein, sondern zusammen mit der Backnanger ANT Nachrichtentechnik.

Mit den gemeinsam von Nixdorf und der Fuba, Hans Kolbe & Co. entwickelten Vermittlungsrechnern auf der einen und ANT-Systemen auf der anderen Seite sollen im Rahmen des Videokonferenz-Versuchsnetzes der Deutschen Bundespost neue Zeichen gesetzt werden. Das steigende Interesse aus Industrie und Wirtschaft an diesem neuen Dienst und die damit stetig zunehmende Zahl von Konferenzschaltungen erforderten nach Aussagen des gelben Riesen eine automatisierte Steuerung, die jetzt auf der Basis des Nixdorf-Doppelrechnersystems 8860 und der neuen Vermittlungsanlagen BBV 140/2 realisiert werden.

Die eingesetzte 8860-Lösung im Zentralen Reservierungsplatz in Köln ist der Anwendung entsprechend auf Datei- und Netzverwaltung, Statistiken und die Gebührenabrechnung ausgerichtet. Eingegangene Reservierungswünsche lassen sich bis zu 30 Tage im voraus erfassen. Die Herstellung der Videokonferenzverbindung erfolgt durch vollautomatisches Ansteuern der Breitbandvermittlungen.

Das Nixdorf-System übernimmt darüber hinaus die Netzverwaltung der für den Videokonferenz-Dienst nutzbaren Verbindungen mit Übertragungsraten von 140 Megabit pro Sekunde und 2 Megabit pro Sekunde. Bei besetzten oder gestörten Leitungsabschnitten werden dem Bediener des Systems sofort mögliche Ersatzwege mitgeteilt.

Die Breitbandvermittlung selbst läßt sich modular von 16 bis zur Zeit 128 Leitungen ausbauen und ist sowohl für Glasfaserstrecken als auch für konventionelle Übertragungswege (international auch Satellitenstrecken) geeignet. Weitere Eigenschaften sind die bisynchrone oder asynchrone Durchschaltung, die durch Software erweiterbaren Steuereingänge, die Steuerung mittels Doppelrechnersystem, die ECL-Technologie der Koppelpunkte und deren automatische sowie zyklische Prüfung.

Nach Angaben des Fernmeldetechnischen Zentralamtes hat die Post zusammen mit Nixdorf einen Stufenplan für die Realisierung des Videokonferenz-Versuchsnetzes und dessen spätere Überführung in das Videokonferenz-Breitbandnetz entwickelt. Dazu der FTZ-Projektexperte Joachim Leidorf: "Einige Grundfunktionen standen bereits Anfang April zur Verfügung. Seitdem hat die Firma ständig an dem System weitergearbeitet und jetzt die letzten Parts dafür geliefert." Neben Nixdorf und Fuba waren bei der Ausschreibung für den Ausbau des Versuchsnetzes die Bigfon-Lieferanten mit von der Partie, so unter anderem SEL, Siemens, PKI, ANT und Krone.

Die gesamte Konfiguration besteht derzeit aus 16 dezentralen Vermittlungen an 13 verschiedenen Standorten und dem Zentralen Reservierungsplatz (Nixdorf) in Köln. Der Wert einer BBV liegt weiteren Angaben von Leifert zufolge bei rund 350 000 Mark, und für den Zentralen Reservierungsplatz müßten noch einmal rund 2 Millionen Mark veranschlagt werden. Bis Ende der 80er Jahre sollen 200 bis 300 Studios den Zentralen Reservierungsplatz "anzapfen" können; derzeit sind rund 40 Studios angeschlossen. Der Anschluß der Kunden an die einzelnen BBVs erfolgt in erster Linie über Glasfaserstrecken; die Verbindung mit dem Zentralen Reservierungsplatz erfolgt häufig noch über Koaxial-Leitungen.

Die Konzepterweiterung zum Breitband-Vorläufernetz sieht keinen Einstieg weiterer Unternehmen vor. In dieser Projektphase wird auch Fuba nicht mehr beteiligt sein, da sich die Systemkomponenten dieser Firma nach Angaben der Post und Nixdorfs nicht aufstocken lassen. Das Breitband-Vorläufernetz soll Anfang 1988 seinen Betrieb aufnehmen und auf 1000 Teilnehmer zugeschnitten sein. Dieses Netz wird auch die Videokonferenz und das Bildfernsprechen im Selbstwählmodus ermöglichen. Bei den Geräten der zweiten Generation deckt Nixdorf hauptsächlich den Bereich der Steuerung und ANT den Vermittlungsbereich ab.