IBM: Groß, aber flexibel

"Niemand soll zehn Jahre lang dasselbe tun"

29.03.2002
MÜNCHEN - Mit einem Jahresumsatz von 85,9 Milliarden US-Dollar und 320000 Mitarbeitern weltweit eilt IBM ein guter Ruf als Brötchengeber voraus. Doch Big Blue bietet mehr als nur den guten Klang in Bewerberohren. Von CW-Mitarbeiterin Bettina Wirth

In Deutschland beschäftigt IBM 26000 Mitarbeiter, davon etwa 1700 im Entwicklungslabor in Böblingen. Tanja Jaser aus dem Bereich Personal-Marketing legt jedoch Wert auf die Feststellung, dass bei IBM Global Services die Projektmitarbeiter ebenso Entwicklungstätigkeiten nachgehen, man also die genaue Zahl der IT-Mitarbeiter nicht festlegen könne. Auch in diesem Jahr plant der Konzern wieder Neueinstellungen in der gleichen Größenordnung wie in den letzten Jahren. Konkrete Zahlen nennt Jaser allerdings nicht. Nur so viel: "Im vergangenen Jahr haben wir zirka 2000 neue Mitarbeiter eingestellt."

Gerade in Krisenzeiten bemühen sich die Unternehmen, vorhandene Mitarbeiter stärker zu binden. Wer es also bis zur Festanstellung bei IBM geschafft hat, kann sich über ein Programm zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf freuen. Einen Bestandteil bildet die Arbeitszeitflexibilität. In der Spanne von sechs bis 20 Uhr dürfen sich die Beschäftigten aussuchen, wann sie arbeiten.

Außerdem müssen sie ihren Job keineswegs immer im Unternehmen erledigen. "Jeder Mitarbeiter besitzt einen Laptop. Damit kann er von zu Hause aus auf E-Mails und Datenbanken zugreifen." Absprechen müssen die Mitarbeiter ihr Fernbleiben nur mit dem Team und der Führungskraft. Ob ein Mitarbeiter regelmäßige Telearbeitstage einplant oder einmal spontan zu Hause bleibt, weil er Handwerker erwartet, regeln die Teams ohne feste Vorgaben.

Flexibel zeigt sich IBM auch bei seinem neuen Raumkonzept namens E-Place, das zunächst in der Hauptverwaltung in Stuttgart Einzug hält. Hier werden Räume, in denen einst zwei bis vier Leute Platz fanden, in Großraumbüros ohne feste Schreibtische umgewandelt. Fest eingeplant ist bei diesem Konzept nur die Flexibilität, denn die Räume bieten nicht mehr allen Mitarbeitern gleichzeitig Platz.

Am Raumkonzept allein liegt es sicher nicht, dass IBM im vergangenen Jahr rund 35000 Initiativbewerbungen erhielt und die Fluktuationsrate bei unter fünf Prozent liegt. Beim Thema Personalentwicklung muss der IT-Riese sich nicht verstecken. Laut Jaser betreibt Big Blue mit dem Unternehmensbereich Learning Services die größte Schlulungsorganisation weltweit. Je nach den Projekterfordernissen kommen die Mitarbeiter in den Genuss von fachlichen Schulungen, Englischkursen in der Freizeit oder auch Trainings in Gesprächsführung.

Auch längere Auslandsaufenthalte und der Jobwechsel innerhalb des Hauses gelten als gern gesehener Entwicklungsweg, den ein Mitarbeiter mit entsprechender Motivation einschlagen kann. Über interne Stellenausschreibungen informieren sich die Beschäftigten über das Intranet. Im jährlich stattfindenden Zielgespräch mit der Führungskraft entscheiden Mitarbeiter und Manager dann gemeinsam über die sinnvollsten Karriereschritte. Personalerin Jaser betont, dass die Mitarbeiter oft intern wechseln: "Es ist ungewöhnlich, dass jemand zehn Jahre lang dasselbe macht." Wer für IBM ins Ausland möchte, muss ebenfalls initiativ werden. "Dass jemand Sie fragt, ob Sie für ein halbes Jahr in die USA wollen, ist eher selten", so Jaser.

Seinem Nachwuchs bietet IBM verschiedene Einsteigerprogramme. In zwölf Monaten reifen Neulinge beispielsweise zu IT-Professionals, die in Kundenprojekten an der Beratung und Umsetzung mitwirken. Zunächst vermitteln die Ausbilder den IBM-Anfängern Organisation, Prozesse und Arbeitsweise des Arbeitgebers. In technischen Schulungen werden sie mit den Hard- und Softwareprodukten vertraut gemacht. Nach vier Wochen beginnt dann die so genannte Entwicklungsphase mit Projektarbeit und weiteren Trainings.

Coaches und Mentoren helfenDabei ist niemand auf sich allein gestellt. Je ein Coach und ein Mentor kümmern sich um jeden IT-Einsteiger und helfen bei der Weiterentwicklung. Für die 25 Prozent weiblichen Beschäftigten ist zusätzlich eine Frauenmentorin zuständig. Nach Abschluss des Programms können sich die jungen Profis weiter spezialisieren. Jaser betont, dass es sich bei diesen Programmen nicht um eine Trainee-Ausbildung handelt, schließlich gehen die neuen Kollegen gleich zum Kunden. "Deshalb ist die Vergütung ähnlich hoch wie beim Direkteinstieg."