Die Geschichte der Datenverarbeitung ist schuld an dem Begriffs-Wirrwarr:

Nicht Namen, Anwendungen sind entscheidend

09.07.1982

Der Begriff des "Superminis" verwirrt den Anwender nun vollends, hatte er doch bislang schon die Qual der Wahl zwischen Büro-, Mini- und Großcomputern. Doch die Terminologie kann täuschen. Die verschiedenen Begriffe lassen sich nach Ansicht von Dr. Hans-Dieter Kurrle. Leiter Systemunterstützung bei der Data General GmbH, nur aus der Geschichte der Datenverarbeitung und weniger aus der Anwendbarkeit erklären.

Minicomputer und Superminis unterscheiden sich funktional nur noch sehr wenig von anderen EDV-Anlagen. Entscheidend ist seit dem Ende der siebziger Jahre, daß die Minicomputer gleichberechtigt mit den Großcomputern und den Bürocomputern im Wettbewerb um den kommerziellen Anwender stehen.

Bürocomputer, häufig auch Kleincomputer genannt, entstammen der Familie der Mittleren Datentechnik. Sie waren bis etwa 1970 als Magnetkartencomputer vor allem zum Einsatz im Büro gedacht und wurden in der Regel fest programmiert ausgeliefert (Beispiele Nixdorf, Kienzle, Philips).

Bis zum Ende der siebziger Jahre traten neben die Magnetkarten als Ein-/Ausgabemedium Lochkartenleser/-stanzer, Zeichendrucker und

hin und wieder Bildschirme. Die Systeme wurden großer und leistungsfähiger. Spätestens Ende der siebziger Jahre waren aus den MDT-Anlagen "Bürocomputer" geworden, die durch Bildschirme, Massenspeicher (Magnetplatten, Magnetbänder, Disketten), Schnelldrucker und frei programmierbare Hauptspeicher gekennzeichnet sind.

Minicomputer dagegen haben ihren Ursprung nicht im kaufmännischen, sondern im technischen (Prozeßsteuerung) und wissenschaftlichen Bereich (Analysegeräte). Hohe Rechengeschwindigkeiten, Echtzeit-Verarbeitung und digitale Ein-/Ausgabemöglichkeiten standen im Vordergrund. So war der Lochstreifen, als man bei MDT- und bei Großrechenanlagen längst von ihm abgekommen war, bei Minicomputern immer noch wichtigstes Ein-/Ausgabemedium.

Der immer interessanter werdende "kommerzielle" Markt (Einsatz der Computer nicht für technische, sondern für kaufmännische Zwecke) brachte die Minicomputerhersteller dazu, sich insbesondere in Peripherie und Programmiersprachen zusätzlich an den Bedürfnissen dieses Marktes zu orientieren: Programmiersprachen wie Cobol, Business Basic und RPG wurden ebenso implementiert wie Datenbanksysteme (Beispiele: Digital Equipment, Data General, Hewlett-Packard).

Unberührt blieb davon bis heute die typische interne Rechnerarchitektur (8-, 12-, 16-Bit-Systeme) und die Tatsache, daß die Hardware von so manchem Bürocomputer sich bei genauerem Hinsehen als Minicomputer präsentiert.

Wieder von einer anderen Seite kommen die "Großcomputer" (oder General-Purpose-Computer): Ihre Hauptstärke war ursprünglich die Verarbeitung großer Datenmengen, die über Lochkarten eingegeben und auf langen (später vielfach verteufelten) Listen ausgedruckt wurden.

So war ein wichtiges Verkaufsargument für Großcomputer bis in die siebziger Jahre hinein: "...und dieser 60 000-Zeilen-Schnelldrucker leistet das gleiche wie zehn Schreibkräfte." Hier stand die Stapelverarbeitung im Vordergrund.

Aber auch die Lieferanten der Großcomputer (die "Mainframer") sahen die Chancen im Bereich der kleineren kommerziellen Anwender und erfanden den "Small Business Computer": Sie bauten kleinere General-Purpose-Computer, ergänzten die ausgeprägten Stapelverarbeitungsfähigkeiten um Datenfernverarbeitung, Bildschirmarbeitsplätze und Echtzeit-Funktionen (Beispiel: IBM Honeywell Bull, Univac, CDC.)

Das Ergebnis ist, daß sich alle drei Systemarten heute im kommerziellen Markt bewegen (dabei jedoch auch noch immer in ihren traditionellen Märkten etabliert sind) und dem Anwender die Wahl zwischen einer Vielzahl von Systemen bieten, die sich in der Größenordnung von 40 000 bis 300 000 Mark (Kaufpreis) bewegen.

Superminis als Abkömmlinge der Minicomputer runden das Bild nach oben ab. Ihre Kennzeichen sind neben dem Preis (ab 300 000 bis weit über eine Million Mark) eine noch größere Leistungsfähigkeit, eine erweiterte Architektur (32-Bit-Systeme) und ihre universelle Einsetzbarkeit im kommerziellen wie im technischen Bereich.

Neben die herkömmlichen Programmiersprachen treten nun auch Sprachen wie Pascal und APL, die - unter Ausnutzung der Hardware-Leistungsfähigkeit - komplexe Anwendungssysteme (CAD/CAM, mathematische Modelle, aufwendige Simulationen) ebenso ermöglichen wie die Implementierung von umfassenden Netzwerken mit Hunderten von Bildschirmarbeitsplätzen.