Kolumne

Nicht einmal Klinsmann könnte es richten

14.11.2006

Ob die Telekom ihre Probleme allein mit einem Personalwechsel an der Spitze in den Griff bekommen wird, ist fraglich. Europas größter Carrier kämpft gegen Marktanteilsverluste im Fest- und im Mobilfunksegment, er hat zu viele (unmotivierte) Leute an Bord und mit dem Bund einen Großaktionär, dessen Interessen nicht immer deckungsgleich sind mit denen des Unternehmens. Hinzu kommt die Notwendigkeit, die Netzinfrastruktur zu modernisieren (Next Generation Network) und Unternehmens- wie Privatkunden ordentliche und preiswerte Services anzubieten.

Dass René Obermann als Nachfolger von Kai-Uwe Ricke diese Herausforderungen meistern wird, ist keineswegs sicher. Was qualifiziert ihn dazu? Er ist nicht einmal ein neuer Besen. Und im Mobilfunkbereich, der zumindest im heimischen Markt Anteile verliert, ist Obermann eher Teil des Problems als Teil der Lösung.

Obermann wird weiter mit der Last der zu vielen falsch qualifizierten und daher oft unmotivierten Mitarbeiter leben müssen, ein Gutteil davon immer noch Beamte. Es wäre Wunschdenken zu glauben, all diese Leute weiterbilden zu können. Ebenfalls naiv wäre es anzunehmen, der Bund würde ihm in dieser (oder anderen wichtigen Entscheidungen) mehr Freiraum geben als seinem Vorgänger. Das Gezerre um den Börsengang der Deutschen Bahn hat einmal mehr gezeigt, wie der Bund mit seinen Beteiligungen und deren Chefs umgeht.

Aus den beschriebenen Defiziten resultiert der niedrige Aktienkurs. Dem hilft es auch nicht auf die Beine, wenn die Telekom in VDSL investiert und dafür seitens der Politik ein Monopol auf Zeit eingeräumt bekommt. Zum einen wird sich die Europäische Union dagegen stemmen, zum anderen halten Experten die Anbindung der Haushalte per Glasfaser (fibre to home) für die zukunftssicherere Variante.

Das Bündel an Herausforderungen, denen die Telekom gegenübersteht, lässt sich nur bewältigen, wenn dem Vorstandsvorsitzenden generell mehr Bewegungsraum zugestanden wird. Bleiben die Machtverhältnisse so wie sie sind, hätte nicht mal Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann eine Chance gehabt. Aber der hätte den Job unter diesen Bedingungen gar nicht erst angetreten.

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