Bernhard Wöbker will Ruhe ins Geschäft bringen

Next möchte Image ändern von Hardware- zur Softwarecompany

25.09.1992

MÜNCHEN (CW) - Die Betonung der Vorzüge des Betriebssystems Nextstep beim Verkauf; die Erschließung eines neuen Marktes durch die Anpassung von Nextstep für 486er PCs und die Wiedererlangung von Ruhe und Kontinuität - das sind die Kernpunkte des Plans, mit dem Bernhard Wöbker, einer der beiden neuen Geschäftsführer der Next Deutschland GmbH, das Unternehmen nach geschäftlichen Schwierigkeiten und personellen Querelen zum Erfolg führen will.

Im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE machte Wöbker vor allem deutlich, daß Next in Zukunft in erster Linie Nextstep, das Betriebssystem der Next-Computer, als Software-Entwicklungsumgebung verkaufen will. Die Next-Rechner sind in dieser Marketing-Strategie dagegen nur noch Mittel zum Zweck, die Maschinen, auf denen das Betriebssystem im Augenblick ausschließlich läuft. Die Stärke der Firma sei die Software, "nicht die schwarzen Kisten", so Wöbker. Dies ist eine Wende gegenüber früheren Zeiten, als Steven Jobs stets betont hatte, daß bei Next Hard- und Software den gleichen Stellenwert hätten.

Tatsächlich konzedieren selbst Beobachter, die die Aussichten des Unternehmens skeptisch beurteilen, daß sich Anwendungen mit der in Nextstep integrierten objektorientierten Entwicklungsumgebung erheblich schneller schreiben lassen als sonst. Trotzdem fand Nextstep bei Entwicklern bisher eher spärlichen Zuspruch - weil Next-Software zur Zeit nur auf den Next-Rechnern läuft. Dieses Problem werde Next dadurch beheben, daß man Nextstep auch für 80486-basierte IBM-kompatible PCs herausbringen werde, sagte Wöbker. "Nextstep 486", so der Name der PC-Version, soll Anfang nächsten Jahres zu einem Preis von "weit unter 1000 Dollar" auf dem Markt kommen.

Wöbker räumte ein, daß Next sich mit Nextstep 486 selbst Konkurrenz macht. Denn wer wird noch die vergleichsweise teuren Next-Rechner kaufen, wenn das Betriebssystem auch auf PCs läuft? Trotzdem ist der neue Chef von Next Deutschland zuversichtlich, daß sich auch die Next-Hardware verkaufen läßt. Wer die volle Funktionalität von Nextstep haben wolle, müsse sich Next-Rechner kaufen, weil nur sie über die nötige Hardware verfügten. Wer dagegen auf Teile der Leistungsfähigkeit von Nextstep verzichten kann, für den reiche ein 486er Rechner.

Verkaufsziel noch nicht erreicht

Wichtig ist Wöbker nicht zuletzt, wieder Ruhe ins Geschäft zu bringen, das Vertrauen der Kunden und der Händler nach dem wilden Personalkarussell der vergangenen Monate wiederzugewinnen und das neue Marketing-Konzept in Ruhe zu verfolgen.

Doch der neue Geschäftsführer weiß auch, wie schwierig das werden wird. Ein Beispiel dafür sind die Absatzschwierigkeiten der Kalifornier: Sie werden in diesem Jahr voraussichtlich deutlich weniger absetzen als die erwarteten 40 000 Rechner, die Next-Chef Steve Jobs vorhergesagt hatte. Bis August 1992 habe man weltweit "weniger als 20 000, aber mehr als 10 000" Computer verkauft, so Wöbker. Auch der Behauptung, daß Next bisher noch keinen Gewinn gemacht habe, widersprach er nicht.