Personal-Management/Verstärkte Integrationsbemühungen bei Softlab

Newcomer gehören von Anfang an dazu

15.11.2002
Die hohe Fluktuationsrate der Softwareprofis in den Boomjahren der IT hat Softlab dazu veranlasst, die neuen Kollegen sofort nach Vertragsunterschrift ans Haus zu binden. Chefs und Kollegen kümmern sich regelmäßig um die Neueinsteiger. Von Ina Hönicke*

Michael Schraft, Personalchef bei dem Münchner IT-Dienstleister Softlab, kann der jetzigen Konjunkturflaute etwas Gutes abgewinnen: "Bei der Personalrekrutierung ist der Hinweis auf über 30 Jahre Firmenexistenz mittlerweile wieder ein Vorteil. Die New-Economy-Gimmicks der vergangenen Jahre mussten der Nachhaltigkeit weichen." Die jungen Leute würden mehr Wert auf ihre Beschäftigungsfähigkeit als auf Aktienpakete legen. Das Unternehmen, das einst jährlich zwischen 150 und 200 IT-Profis rekrutiert hat, stellt - wenn auch in geringerem Umfang - nach wie vor Mitarbeiter ein. Vor allem für das SAP-Umfeld werden neue Leute gesucht.

Schraft ist überzeugt, dass die restriktive Hiring-Politik sich auf die Personalsituation im Hause positiv ausgewirkt hat: "Nachdem wir bereits Ende letzten Jahres sehr vorsichtig eingestellt haben, sind wir jetzt auch nicht in einer Situation, in der wir viele Leute ausstellen müssen." Derzeit beschäftigt das Unternehmen, das seit 1992 eine Tochter des Autobauers BMW ist, in München-Zamdorf rund 1200 Mitarbeiter.

Interessanterweise spielt die Integration neuer Kollegen bei Softlab heute eine größere Rolle als früher. Der Grund sind laut Schraft die Boomjahre 1998 bis 2000. In der Zeit, in der sich die Unternehmen um jeden einzelnen IT-Profi gerissen hätten und Jobhopping en vogue war, sei die Fluktuationsrate auch bei Softlab relativ hoch gewesen. "Auf jeden Fall mehr, als uns lieb war", erklärt der Personalexperte. Vor allem die Newcomer haben schnell gewechselt. Schraft: "Da war uns klar, dass bei der Integration mehr getan werden muss. Ende 2000 nahmen wir das neue Programm in Angriff."

Während in früheren Jahren Integration vorrangig die Gestaltung des ersten Arbeitstages, die Einführungsveranstaltung für neue Mitarbeiter und erste Ansätze eines Patenprogramms umfasst habe, werden die Neueinsteiger heute wesentlich intensiver betreut. So sei aus dem 100-Tage-Patenprogramm eine zwölf Monate dauernde Integrationsperiode geworden. Betont Schraft: "Das ist noch längst nicht alles. Die Integration des neuen Kollegen beginnt bereits an dem Tag, an dem er den Arbeitsvertrag unterschreibt." Der Neueinsteiger soll sich auch in den Monaten vor dem ersten Arbeitstag ans Unternehmen gebunden fühlen.

Pate für 100 Tage

So würden der Vorgesetzte, aber auch die Kollegen von Zeit zu Zeit anrufen und den Kontakt halten. Nach Ansicht von Schraft ist dies umso erforderlicher, wenn es Veränderungen im Unternehmen gebe. Sollte sich zum Beispiel die Organisation in der Abteilung des neuen Mitarbeiters ändern, ohne dass dies zum Zeitpunkt der Einstellung bekannt gewesen sei, dränge die Personalabteilung da-rauf, dass der künftige Mitarbeiter zu einem Workshop eingeladen wird. Resümiert Schraft: "Der zukünftige Mitarbeiter muss sich stärker eingebunden fühlen, als dies in der Vergangenheit der Fall war - so lautete das Ergebnis unserer Fluktuationsanalyse."

Aus diesem Grund kann es bei Softlab einem Newcomer zum Arbeitsantritt auch nicht passieren, dass er irgendwo verloren herumsteht. Sein direkter Vorgesetzter ist verpflichtet, am ersten Arbeitstag anwesend zu sein. Dann beginnt bei dem IT-Dienstleister das zwölfmonatige Integrationsprogramm: Die Personalabteilung ist für den Gesamtprozess verantwortlich, der direkte Vorgesetzte für die Einarbeitung im engeren Sinn, und der Pate steht dem Neuen 100 Tage lang zur Seite. Er hilft dem Kollegen, die Eigenheiten des Unternehmens kennenzulernen, geht mit ihm einen Kaffee oder ein Bier trinken und ist immer für Probleme ansprechbar.

In einer formalen Integrationsveranstaltung werden unter anderem die Visionen des Unternehmens vermittelt. Dazu Schraft: "Früher haben die erfahrenen Kollegen den Neuen etwas über die Firma erzählt, wie es sich halt ergeben hat. Heute werden die neuen Mitarbeiter in Arbeitsgruppen eingeteilt, ziehen durchs Haus, sprechen mit den Kollegen und Chefs einer ihnen fremden Abteilung über deren Aufgaben und präsentieren dazu später Berichte." So lernen die Neueinsteiger sehr viel über die Arbeit anderer Bereiche. Ein weiterer Vorteil dieser Informationsveranstaltung sei die Bildung eines Netzwerks. Die Teilnehmer blieben über Jahre hinweg in Kontakt. Um zu erfahren, wie die neuen Mitarbeiter das erste Jahr erlebt haben, wird nach zwölf Monaten Bilanz gezogen. Der Münchner Personal-Manager: "Durch dieses Feedback erfahren die Verantwortlichen, welche Erwartungen erfüllt wurden."

Einer, der die Bewertung seines ersten Jahres noch vor sich hat, ist Horst Westenkirchner. Er ist bei Softlab seit fünf Monaten als Projekt-Manager im Bereich Enterprise Application Solutions tätig. Nach Integrationserfahrungen befragt, erzählt der 41-jährige Diplominformatiker von der Zeit, in der er zwar den Arbeitsvertrag unterschrieben, aber noch nicht bei Softlab angefangen hatte: "Die ganzen Monate bis zu meiner Einstellung am 1. Mai dieses Jahres fühlte ich mich dem Unternehmen zugehörig." So sei der Kontakt in den Monaten zwischen Februar und Mai nie abgebrochen. Besonders wichtig war seiner Meinung nach das Gespräch, das er in dieser Zeit mit seinem Vorgänger führte. Dieser habe ihn nicht nur über die inhaltlichen Anforderungen seines künftigen Jobs informiert, sondern auch über Kollegen und die Eigenheiten des Unternehmens aufgeklärt. Dass Westenkirchner für dieses Gefühl, "von Anfang an dazuzugehören", sehr empfänglich war, erklärt sich aus seinem beruflichen Werdegang: "Wenn man in seiner vorherigen Firma erlebt hat, wie sich diese so langsam auflöst und überall Chaos herrscht, weiß man ein solches Integrationsprogramm zu schätzen."

Der erste Arbeitstag wurde Westenkirchner unter anderem durch die Pralinen im "Welcome-Package" versüßt. Sein Pate, der ihm die nächsten 100 Tage zur Seite stehen würde, überreichte ihm einen Rucksack mit kleinen Willkommensgeschenken. Westenkirchner: "Bei dem Paten handelt es sich um meinen direkten Kollegen, der neben mir ebenfalls als Teamleiter tätig ist. Als alter Softlab-Hase informiert er mich nicht nur über technische Systemumgebungen, sondern auch über alle Interna." Der Softwareexperte, der zuvor nur in kleinen Firmen gearbeitet hatte, ist positiv überrascht, dass dieser typische Team-Spirit, den man bei den Großen sonst eher nicht vermutet, bei seinem neuen Arbeitgeber durchaus vorhanden ist.

Zwei Wochen nach Arbeitsbeginn wurde Westenkirchner zur zweitägigen Einführungsveranstaltung eingeladen. Als angenehm empfand er, dass hier keine einseitige Berieselung stattfand, sondern aktive Mitarbeit angesagt war. Mit anderen Einsteigern erforschte er den Bereich Supply-Chain-Management und berichtete darüber. Schmunzelnd erklärt Westenkirchner: "Während ich vor dem Ausflug in den SCM-Bereich lediglich wusste, wie man diesen buchstabiert, verfügte ich danach immerhin über ein gewisses Know-how."

Vom Chaos zur Ordnung

All diese Integrationsmaßnahmen, der regelmäßige Kontakt vor dem Einstellungstermin, die Zusammenarbeit mit dem Paten sowie die Einführungsveranstaltung haben bei dem Neueinsteiger dazu geführt, dass er sich rundherum wohl fühlt. Am meisten hat Westenkirchner indes imponiert, dass er bereits am Einstellungstag ein Arbeitszimmer, einen PC und eine Telefonnummer hatte, dass er zudem sofort E-Mails empfangen und versenden konnte: "Wie oft kommt ein Neuer ins Büro und die Kollegen sind überrascht, dass er schon da ist, und suchen im Lager hektisch nach einem PC für ihn. Wenn man des Öfteren Chaos erlebt hat, kann man gute Organisation so richtig genießen." (hk)

*Ina Hönicke arbeitet als freiberufliche Journalistin in München.

Angeklickt

Einführungsveranstaltungen für neue Mitarbeiter gibt es in vielen Unternehmen. Doch der Münchner IT-Dienstleister Softlab begnügt sich damit nicht und hat ein ausgeklügeltes Konzept entwickelt, um neue Mitarbeiter schon vor ihrem ersten Arbeitstag ins Unternehmen einzubinden.