Messe-Rundgang CeBIT 2001: Enterprise-Portale

Neue Werkzeuge für die interne Startseite

09.03.2001
MÜNCHEN (ajf) - Wenn das Intranet die Pflichtveranstaltung ist, sind Firmenportale die Kür. Hier erhalten Nutzer den personalisierten Zugriff auf alle für sie relevanten Daten und Applikationen - zumindest in der Theorie. Die verschiedenen Anbieter versprechen zwar ähnliche Leistungen, doch unterscheiden sich die Tools stark voneinander.

"Der Damm ist gebrochen", beurteilt Portalexperte Gerold Riempp von der Universität St. Gallen die aktuelle Marktlage. Anwender springen inzwischen auf einen Zug auf, den die Marketing-Maschine bereits seit Jahren antreibt: Gemeint ist das firmeninterne Portal, in dem Daten, Informationen und Applikationen integriert zur Verfügung stehen. Jeder Nutzer, so das Konzept, erhält nur den Content, den er auch wirklich für seine Arbeit benötigt - und zwar jeweils zur rechten Zeit und auf dem Client-Gerät seiner Wahl.

Es sei mittlerweile in den großen Unternehmen en vogue, so Riempp, sich nachhaltig mit dem Thema zu beschäftigen. Mit dieser Meinung steht er nicht allein, denn auch andere Analysten gehen nach dem Medien-Hype der letzten Jahre inzwischen von einem Boom bei der Umsetzung von Enterprise-Portalen aus: "Portale werden zur universellen Plattform für das E-Business", meint beispielsweise Nathaniel Palmer von der Delphi Group.

Den Integrationsmöglichkeiten sind dabei keine Grenzen gesetzt: Neben strukturierten und unstrukturierten Dokumenten sowie Nachrichten aus externen Quellen lassen sich Knowledge- und Dokumenten-Management-Lösungen, Tools für Business-Intelligence, Workflow-Komponenten und andere Applikationen auf der virtuellen Einstiegsseite einer Firma verbinden. Derart geschnürte Bündel werden in der Regel zuerst den eigenen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt, danach folgen optional Kunden und Lieferanten. Schließlich, so fordert es die New Economy, müssen sich Unternehmen öffnen und sämtliche Partner in die vorhandenen Informations- und Lieferketten integrieren.

Informationen Just in Time

Entscheidend für den Erfolg des Portals ist, dass alle Nutzer die für sie relevanten Informationen und Anwendungen zur rechten Zeit erhalten - und dass die Mitarbeiter bereits in die Planungsphase einbezogen werden, damit es nach dem Rollout keine bösen Überraschungen gibt. Wer die Inhalte nicht findet, die er für sein Tagesgeschäft braucht, nutzt das Portal auch nicht im dafür vorgesehen Sinn. Dabei ist es wichtig, von Anfang an verschiedene Zugriffswege zu eröffnen: Außendienstmitarbeiter benötigen beispielsweise die Informationen per Handy, PDA oder Notebook, ihre stationären Kollegen geben sich mit dem Desktop zufrieden.

Durch diese vielfältigen Möglichkeiten werden sich nach Meinung der Branchenbeobachter die Strukturen der Portal-Tools mittelfristig verändern: Starre Lösungen sind out, Anwender wollen "Frameworks", in die sich je nach Bedarf die benötigten Funktionen einklinken lassen. Diese These der Meta Group bestätigt auch die Delphi Group, die in diesem Zusammenhang von "Hyper Portals" spricht. Sie fungieren als zusätzlicher Interface-Rahmen für die verschiedenen Content-Sammelstellen und betriebswirtschaftlichen Applikationen. Damit rücken komplette Prozesse eines Unternehmens in den Mittelpunkt des Portals, und nicht mehr nur isolierte Funktionen.

Mehr als 100 Firmen buhlen derzeit um die Gunst der Kunden, so die Analysten der Meta Group. Dass sich ihre Lösungen stark voneinander unterscheiden, ist angesichts der vielfältigen Möglichkeiten, eine solche Intranet-Präsenz zu gestalten, kein Wunder. Die ultimative Software, mit der sich alle Probleme lösen lassen, ist nicht darunter, auch wenn es manchmal in den Prospekten anders klingt. An erster Stelle sollte für Anwender daher bei der Auswahl immer das "Was" und das "Wie" stehen, und erst danach das "Von wem".

Unter dem Motto "Content-Management wird persönlich" präsentiert die Kölner Firma Pironet (Halle 6, Stand E05) die Version 4.2 der Software "Pirobase". Damit kann sich jeder Nutzer seine eigene Startseite aus verschiedenen Portalbausteinen zusammenstellen und individuelle Suchprofile anlegen. Außerdem lassen sich Informationen mit einem Rating-System bewerten und zugleich im Unternehmen vorhandene Experten anzeigen. Neu ist die Unterstützung von Java Server Pages (JSPs), wodurch sich Pirobase mit Enterprise Java Beans (EJBs) mit vorhandenen Applikations-Servern verbinden lässt. Für die Verwaltung der Daten bedient sich die Software der Extensible Markup Language (XML).

Ebenfalls aus dem Bereich der Inhalte-Verwaltung stammt die Firma Gauss Interprise (Halle 6, Stand C48). Zu den neuen Features der Software "Vip Unified Content Management Platform" auf Java-Basis zählen ein Personalisierungs- sowie ein Workflow-Manager, der dazu dient, Arbeitsabläufe grafisch festzulegen. Zudem unterstützt das Tool Applikations-Server, beispielsweise von Bea ("Weblogic") und IBM ("Websphere"). Nach Angaben des Unternehmens lassen sich geschäftskritische Informationen wie Rechnungen, E-Mails, Office-Dokumente, Web-Seiten und ERP-Daten im Portal zur Verfügung stellen.

Arbeiten im Team

Bei Groupware-Portalen führt kaum ein Weg an der IBM-Tochter Lotus Development vorbei (Halle 2, Stand C38). Deren neues Portalprodukt heißt "K-Station" und umfasst neben den zentralen Funktionen der Tools "Sametime" (Echtzeit-Kommunikation) und "Quickplace" (Einrichtung virtueller Räume) weitere Features, die dazu dienen, Informationen aus Dokumenten, Datenbanken und von Experten im Team zu nutzen. Zusammen mit dem "Discovery Server" aus demselben Haus entsteht das "Lotus Knowledge Management System".

Sein Groupware-Engagement verstärkt hat der Anbieter Hyperwave (Halle 6, E32). Der "Team Workspace" des "Information Portals" lässt sich individuell über den Browser bedienen und stellt den Mitarbeitern eines Unternehmens laut Hersteller eine gemeinsame Arbeitsumgebung mit verschiedenen Tools zur Verfügung. Die Software ergänzt die bestehenden Portal-Funktionen für Wissens- und Content-Management, die auf dem "Hyperwave Information Server" basieren. Das Portal-Tool erlaubt die Vergabe von abgestuften Schreib- und Leserechten auf der Grundlage von Rollenprofilen.

Arbeiten per Drag and Drop

Computer Associates hat vor rund einem Jahr den Portal-Anbieter Sterling übernommen und dessen Produkte in das Tool "Jasmine ii" überführt (Halle 3, Stand B39). Das neue Release hat die Nummer 3.0 und setzt auf Drag and Drop für den individuellen Aufbau von Seiten, eine feinere Abstufung der Sicherheitsarchitektur beim Content-Schutz sowie eine verbesserte Integration mit Microsofts Office-Programmen und Lotus Notes. Das Portal lässt sich über ein Extranet verwalten. Außerdem bekommt der Client keine Java-Applets, sondern reines HTML geliefert.

Die Firma Hummingbird stellt in Hannover (Halle 11, Stand A32) die Portal-Software "EIP 4.0" vor. Das Tool enthält eine neue Benutzeroberfläche mit Dynamic-HTML-Funktionen, die das Zusammenstellen von Seiten mit Drag and Drop erlauben. Über erweiterte XML-basierte Schnittstellen können die Anwender auf Applikationen und Inhalte zugreifen, wodurch sich beispielsweise Business-Intelligence-Reports in ein Dokumenten-Management-System (DMS) einstellen lassen. Die Berichte profitieren dann von zusätzlichen Möglichkeiten bei der Kategorisierung und Suche. EIP 4.0 ist ein zentraler Bestandteil der "Enterprise Portal Suite" von Hummingbird.

Arbeiten mit dem Handy

Mediapps ist während der CeBIT auf dem IBM-Stand mit der Version 2.0 der Software "Net.Portal" vertreten (Halle 2, Stand D28). Nach eigenen Angaben hat der Anbieter im Vergleich zum Vorgänger-Release die grafische Oberfläche sowie die Performance des Systems verbessert. Darüber hinaus gibt es neue Module für die Integration von mobilen Geräten. Dazu zählen beispielsweise Palm-PDAs, Pocket-PCs und WAP-Handys. In letzterem Fall bekommen die Nutzer etwa Überschriften, Abstracts oder optional die kompletten Dokumente auf das Mobiltelefon übertragen. Eine neue Suchmaschine namens "Net.Semantic" soll zudem noch präzisere Retrieval-Ergebnisse liefern als herkömmliche Schlagworttechniken.

Die Heyde AG (Halle 3, Stand E11) präsentiert das Portal-Werkzeug "Dice" (Dynamic Intranet Collaboration Environment) ihrer Tochter Novolabs. Zu den Features zählen individuell einstellbare Systemfunktionen unter einer Browser-Oberfläche wie beispielsweise Gruppenterminplaner, Dokumenten-Management, E-Mail sowie eine Task- und Kontaktverwaltung. Während das Dice-System Benutzerprofile verwendet, um die Anforderungen der Mitarbeiter zu erfüllen, sorgt der Policy-Manager dafür, dass die Regeln des gemeinsamen Arbeitens eingehalten werden. Er kümmert sich darum, wer etwas sehen, nutzen, lesen, verändern, löschen oder verwalten darf.

Arbeiten mit ERP-Systemen

Neben den vorgestellten Tools und Anbietern sind noch eine Vielzahl anderer Lösungen auf der Messe vertreten. Dazu zählen beispielsweise Cognos mit "Upfront" (Halle 3, Stand C38), Autonomy mit der Software "Portal in a Box 3.0" (Halle 6, Stand C18), und nebenan findet sich der "Portal Server" von Iplanet (Halle 6, Stand C20). In Halle 1 präsentieren Tibco ("Active Portal", Stand 4c9) sowie Plumtree ("Corporate Portal", Stand 1/8f2 bei Documentum) neue Features ihrer Programme.

Aber auch klassische ERP-Anbieter haben in der Regel ein Enterprise-Portal im Sortiment. Bei der Walldorfer SAP AG (Halle 2, Stand C02) nennt es sich "Mysap.com Workplace" und bietet inzwischen rund 300 verschiedene Rollen-Templates als vorgefertigte Profile für Anwender. Der Zugriff auf Daten, Informationen und Applikationen beschränkt sich dabei nicht auf die Standardsoftware aus dem eigenen Haus, auch Fremdsysteme lassen sich integrieren. Zudem präsentiert die Tochtergesellschaft E-SAP auf demselben Stand Lösungen für Enterprise- sowie Verbraucher-, Bürger- und Partner-Portale und deren verschiedene Bestandteile. Das Unternehmen führt Projekte auf Basis der SAP-Software durch.

Peoplesoft (Halle 5, Stand D26) hat ebenfalls eine Entwicklungsumgebung für rollenbasierte Portale im Angebot. Sie heißt "Enterprise Portal" und dient als Grundlage, um spezifische Lösungen für Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten zu implementieren. Wie auch sonst üblich lassen sich Internet-Inhalte unterschiedlichen Ursprungs zusammenführen, außerdem sind mehrsprachige Suchfunktionen vorhanden. Integrierte Aufgabenlisten für jeden Mitarbeiter kann man mit Nachrichten im XML-Format aus Workflow- und anderen Systemen automatisch zusammenstellen.

Arbeiten außerhalb Hannovers

Auch der Datenbankriese Oracle mischt im Portal-Geschäft mit, allerdings nicht in Hannover. Man habe sich stattdessen entschieden, ab diesem Jahr auch in Europa eine "Oracle-Open-World"-Konferenz zu veranstalten, die Mitte Juni in Berlin stattfinde, heißt es dazu. Ebenfalls der CeBIT 2001 fern bleiben die Unternehmen Epicentric ("Enterprise Portal Server") sowie Showcase ("Corporate Portal Server"), das im letzten November von SPSS übernommen worden war.

Unabhängig von der Wahl der eingesetzten Software ist in jedem Fall ein Grundsatz entscheidend: Die Entwicklung und Eröffnung eines Unternehmensportals bilden einen laufenden Prozess. Wer sich mit den Anforderungen für sechs Monate einschließt und danach ein fertiges Portal präsentiert, wird scheitern. Nach einigen Wochen, so die Analysten von Gartner, muss man bereits den Pilotbetrieb aufnehmen und danach das System an die (neuen) Anforderungen anpassen. Ein Portal sollte daher im ersten Schritt niemals unternehmensweit angelegt sein, sondern zunächst in logischen oder funktionalen Teilbereichen. Portale sind - ebenso wie die CeBIT - eine Reise und kein Ziel.

Kurz und bündig

Messe-Dauer: Donnerstag 22.3. bis Mittwoch 28.3.

Öffnungszeiten: 9.00 bis 18.00 Uhr

Eintrittspreise:

Tagesausweise:

Tagesausweise: 65 Mark

Vorverkauf: 60 Mark

Dauerausweise:

Tageskasse: 150 Mark

Vorverkauf: 130 Mark

Katalog: 44 Mark

(auch auf CD-ROM, zuzüglich Porto und Verpackung) Preise inklusive Mehrwertsteuer.

Übersicht der Portalanbieter

Name / Produkt / Website / Halle/StandAutomomy / Portal in a Box 3.0 / www.autonomy.com / 6/C16Cognos / Upfront / www.cognos.com / 3/C38Computer Associates / Jasmine ii / www.ca.com / 3/B39Gauss Interprise / VIP / www.gauss.de / 6/C48Hummingbird / EIP 4.0 / www.hummingbird.com / 11/A32Hyperwave / Information Portal / www.hyperwave.de / 6/E32Iplanet / Portal Server / www.iplanet.com / 6/C20Lotus Development / K-Station / www.lotus.de / 2/C38Mediapps / Net.Portal 2.0 / www.mediapps.de / 2/D28Novolabs/Heyde / Dice / www.novolabs.de / 3/E11Peoplesoft / Enterprise Portal / www.peoplesoft.de / 5/D26Pironet / Pirobase 4.2 / www.pironet.de / 6/E05Plumtree (bei Documentum) / Corporate Portal / www.plumtree.com / 1/8f2SAP (E-SAP) / Mysap.com Workplace / www.sap.de / 2/C02Tibco / Active Portal / www.tibco.com / 1/4c9Die Auswahl der Anbieter erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Abb: Enterprise-Portale

Portale gibt es inzwischen für jeden Einsatzbereich - was nicht zuletzt zur Verwirrung der Anwender beigetragen hat. (Quelle: Meta Group)