Neue Struktur der DV-Abteilung durch Abnabelung des RZ?

12.12.1980

Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, das Rechenzentrum von der DV-Abteilung abzunabeln. Karl H. Schneider, Controller bei der Münchner Loctite GmbH, sieht die Trennung in einen DV-technischen und einen DV-kaufmännischen Bereich vor allem als eine Möglichkeit, von dem meist "strengen Aufbau der DV-Abteilungen wegzukommen". Der Computer sei heute auf dem Weg zum Endbenutzer, bekräftigt DV-Chef Erwin G. Prasthofer von der Robert Zapp Vertriebs-GmbH & Co. KG in Düsseldorf, und das Rechenzentrum werde zunehmend als reines Dienstleistungszentrum verstanden. Nach Ansicht von Walter Friedel (Fluke GmbH, Ismaning) ist die Trennung des Rechenzentrums vom übrigen DV-Bereich besonders bei größeren Betrieben eine zwangsläufige Erscheinung. Die Verantwortung über das gesamte DV-Geschehen eines Unternehmens könne heute eine Person allein nicht mehr tragen.

Friedrich Schaible

Leiter Zentralbereich Org/DV, Transformatorenunion AG, Stuttgart

(3 x Siemens 7.738, BS2000)

Wir müssen die Funktion einer Organisations- und DV-Stelle als geschlossene Sachaufgabe sehen. Das hierbei notwendige fachspezifische Wissen ist die Kenntnis und die Urteilsfähigkeit über Organisationsmethoden und den dazu erforderlichen Organisationsmitteleinsatz. Dies bedeutet, daß Verfahrenskonzeption und Mittelauswahl in einer Hand am ehesten gewährleisten, organisatorische Lösungen wirtschaftlich zu gestalten. Diese Aufgabe wird zunehmend schwieriger, da der Anteil klassischer Verwaltungsaufgaben weiter abnimmt und komplexere Planungs- und Steuerungsaufgaben in den Vordergrund treten.

Ganz sicher ist, daß auch die technologische Entwicklung auf dem Gebiet der Informationsverarbeitung mit stetiger Verbesserung des Preis-/Leistungsverhältnisses auf der Hardware-Seite zu einer Akzentverschiebung innerhalb der Organisationsarbeit führen wird. Eine Tendenz wird dabei heute schon deutlich sichtbar: Die Fachbereiche übernehmen mehr und mehr Aufgaben im Rahmen der Software-Entwicklung, die über die Grenzen der fachlichen Pflichtenhefterstellung hinausgehen und bis zur Übernahme von Programmierarbeiten führen können. Unterstützt wird diese Entwicklung durch die Dezentralisierung der Rechnerintelligenz, was die Datenverarbeitung immer stärker in den direkten Einflußbereich der Fachstellen bringt. Der Spielraum dafür, inwieweit Fachstellen im Software-Entwicklungsprozeß mitarbeiten können, hängt zum einen davon ab, in welchem Maße es gelingt, die Benutzeroberfläche zum Rechner weiter zu vereinfachen, zum anderen, ob die für die zunehmende Vefahrensintegration erforderliche Konvergenz insbesondere in bezug auf die Datenorganisation erreicht wird.

Aus Sicht der Organisations-DV-Stelle ist diese Entwicklung im Interesse der Akzeptanz beim Anwender sowie unter dem Gesichtspunkt der Engpaß-Situation auf dem Arbeitsmarkt für DV-Fachkräfte und der daraus resultierenden Kapazitätsbeschränkung in der Org/DV-Stelle durchaus zu begrüßen und entsprechend zu fördern. Dies geschieht zweckmäßigerweise dadurch, daß der Org/DV-Bereich seine Funktionsschwerpunkte bei der Planung überfangender Organisationskonzepte, bei den Vorleistungen im Sinne von Methoden, Werkzeugen, Konventionen und beim Betrieb von Datenbanken und Netzen setzt. Letztgenannter Aspekt macht deutlich, daß wir künftig von der Rechnerkonfiguration nicht mit einem abgrenzbaren Rechenzentrum zu tun haben, sondern der Hardware-Einsatz anforderungsgerecht und wirtschaftlich über die Gesamtorganisation eines Betriebes beziehungsweise eines Unternehmens verteilt sein wird.

Da diese Verteilung unter Umständen bis zur Datenhaltung prozeßorientiert vorzunehmen ist, müssen die hardwaretechnischen Lösungen unter Einschluß weiterer Komponenten, wie zum Beispiel Kommunikationseinrichtung und Textsysteme und die Vorleistungsergebnisse als untrennbarer Bestandteil eines Organisationskonzeptes, angesehen werden.

Aus dieser Sicht stellt sich für mich nicht die Frage, ob es sinnvoll ist, das Rechenzentrum aus dem Org/DV-Bereich herauszulösen, sondern wie wir künftig ausgerichtet auf die Struktur der Gesetzesabwicklung durch eine fachgerechte Aufgabenverteilung zwischen Anwender und Org/DV zu Verbesserungen bei der Erstellung und beim Betrieb von Verfahren kommen können. Dabei halte ich an dem Grundsatz fest, daß die Verantwortung für Inhalt und Einsatz von Verfahren beim Anwender und für die technische Lösung und Koordinierung der unterschiedlichen Interessen bei der Org/DV liegt.

Karl H. Schneider

Controller, Loctite Deutschland GmbH, München

Betrachtet man die herkömmliche Eingliederung der EDV

als Stabstelle, "angehängt" an der Geschäftsleitung oder als Linienabteilung im kaufmännischen Bereich, so ist die Karriereleiter eines Operators oder Programmierers mit der Leitung der EDV-Abteilung so gut wie zu Ende.

Ein Aufstieg in die Führungsebene eines Unternehmens ist nur sehr selten möglich. Auch ist es mitunter so, daß die EDV-Abteilung ohne zusätzliche Organisationsaufgaben zum reinen Ausführungsorgan der Wünsche der Fachabteilungen wird. Was noch als Kreativität erbracht werden kann, ist lediglich das Entwerfen von Listbildern. Dieses "Problem" wird zunehmend von der Hardware- und Software-Seite mit Listgeneratoren gelöst. Daraus ergibt sich eindeutig, daß die EDV-Abteilung nach neuen Wegen sucht aktiv an der Unternehmensentwicklung beizutragen.

Was bietet sich an? Vielleicht die Teilung der EDV-Abteilung in einen EDV-technischen Teil und einen EDV-kaufmännischen Bereich? Einige Unternehmen schaffen inzwischen die Position des Controllers, dem die Finanzbuchhaltung, die Organisationsabteilung und die EDV-Abteilung unterstellt sind. In enger Zusammenarbeit mit dem Controller arbeitet dann der EDV-Leiter eng an der organisatorischen Gestaltung des Unternehmens mit. Er bringt seine EDV-technischen Erfahrungen bei Neuentwicklungen von Auswertungsprogrammen der Finanzbuchhaltung ein. Organisationsprogrammierer werden als Bindeglied in der EDV-Abteilung eingestellt. Oder in jeder Fachabteilung wird die Position des EDV-Koordinators geschaffen, der sowohl fachspezifische als auch EDV-Kenntnisse besitzt (Hipo - Jackson - neutral). Mit Hilfe von Software-Tools bereitet er in der Fachabteilung die Entwicklungsarbeit vor und bespricht dies mit dem Programmierer in einer für beide verständlichen "Sprache". Der EDV-Koordinator setzt bereits im Vorfeld der EDV ein anstehendes Problem entsprechend der EDV-technischen Möglichkeiten in eine machbare Durchführung um.

Ein weiterer Entwicklungstrend in Richtung der Aufgliederung der EDV-Abteilung in einen technischen und kaufmännischen Bereich wird dadurch geschaffen, daß die Systemanalyse aus dem Bereich der EDV heraus verstärkt forciert wird. Die Systemanalytiker gehen von der EDV-Abteilung in die Fachabteilungen, unterzeichnen dort die Organisation und setzen die ausstehenden Probleme um.

Zusammenfassend läßt sich folgender Trend erkennen:

- weg von der starren EDV-Abteilung,

- hin zum kooperativen Instrumentarium der Fachabteilungen,

- EDV-Forchecking in den Fachabteilungen mit Hilfe von Systemanalytikern,

- der Controller leitet das EDV-Management, der EDV-Leiter den operationalen Teil der EDV-Abteilung,

- der EDV-Leiter wird mehr und mehr mit Organisationsaufgaben betraut,

- aus den reinen Programmierern werden Systemanalytiker,

- durch Distributed Processing wird die EDV in die Fachabteilung getragen,

- die EDV-Abteilung wird ihre Außenseiterstellung im Unternehmen aufgeben (müssen) und im integrativen Organisationsverbund eingeschlossen.

Erwin G. Prasthofer

DV-Leiter Robert Zapp Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG, Düsseldorf

(Univac 90/30, OS/3)

In den letzten Jahren war eine Umorientierung zur Dienstleistungsfunktion im DV-Bereich festzustellen. Der Computer ist immer mehr auf dem Weg zum Endbenutzer. Aus diesem Grund ist die Verwirklichung der Dienstleistungsfunktion aus betriebswirtschaftlichen Grundsätzen gegeben.

Betrachtet man die Aufgabengebiete einer DV-Abteilung, so kann man sie in Entwicklung und Fertigung teilen. Die Entwicklung umfaßt meist Entwurfsarbeiten wie Systemanalyse oder Detail-Konstruktion, sprich Programmierung. Die Fertigung beinhaltet die "Einsatzstoffe" (Daten) und die Produktionsanlage (EDV-Anlage Hardware) zur Erzeugung aufbereiteter Informationen. Eine klare Abgrenzung dieser Eigenschaften ist nicht immer möglich und tendiert firmenspezifisch mehr zur einen oder anderen Seite.

Das RZ ist aus dieser Sicht eindeutig als Fertigungsbetrieb anzusehen. Da die Aufgaben des Rechenzentrums zunehmend als Dienstleistung verstanden werden, ist also eine Ausgliederung des rein technischen DV-Teiles in den meisten Fällen durchaus sinnvoll. Hierbei ist zu überlegen, aus welcher organisatorischen Sicht das RZ im Unternehmen gesehen wird: Betrachtet man das Rechenzentrum als reine Dienstleistung oder als Gemeinschaftsrechenzentrum, also als Verbund im Rechnerverbund.

Die Problematik des reinen Dienstleistungs-RZ sehe ich zunächst darin, daß meist ein großer heterogener Benutzerkreis vorhanden ist, der häufig Spezialisierungen auf unterschiedlichen Gebieten vorzunehmen hat.

Im Gemeinschaftsrechenzentrum, was meist ein Verbund mehrerer kleiner Betriebe darstellt, ist ein anzahlmäßig kleiner und fester Benutzerkreis vorhanden. Der Bedarf an Maschinenkapazität laßt sich hier im allgemeinen gut ermitteln. Überkapazitäten können unter Umständen im Rechnerverbund abgegeben werden. Betrachtet man die organisatorische Eingliederung des RZs und will sich entscheiden, ob man es von der Gesamt-DV abkoppeln will, muß man die Vor- und Nachteile der jeweiligen Organisation in Rechnung ziehen. Ist das RZ als Teil der Gesamt-DV eine Linienabteilung im Betrieb, liegen die Vorteile oft in der optimalen DV-Lösung innerhalb des Unternehmens.

Die Nachteile daraus sind, daß die EDV-Anlage nicht immer optimal ausgelastet ist. Dies trifft in den meisten Fällen bei mittleren Betrieben zu.

Ist das Rechenzentrum als Stababteilung innerhalb eines Unternehmens angesiedelt, besteht meist eine größere Objektivität gegenüber den verschiedenen Anwendungsgebieten.

Die EDV ist entsprechend ihrer Bedeutung hier meist hoch eingestuft. Der Nachteil daraus liegt jedoch in der wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Ausdehnung des Rechenzentrums. Zweckmäßige Kontrollen werden in der Regel erheblich erschwert. Eine Überbewertung des Rechenzentrums ist meist die Folgeerscheinung.

Zieht man das Fazit aus diesen Überlegungen, wird man in jedem Fall zunächst mal den Vorteil des wirtschaftlichen Controllings, sprich des eigenständigen Rechenzentrums, sehen. Daher bin ich für eine sinnvolle Ausgliederung des Rechenzentrums, die sich firmenspezifisch natürlich von selbst ergeben muß.

Walter Friedel

DV-Leiter, Fluke Deutschland GmbH, Ismaning

(HP 300/33)

Wie sinnvoll ist die Ausgliederung des Rechenzentrums?

Diese Frage erübrigt sich zwar bei Kleinbetrieben, gewinnt

jedoch mit steigender Größe eines Unternehmens immer mehr an

Bedeutung.

Um eine Binsenweisheit an den Mann zu bringen: Jedes Unternehmen ist um Expansion bemüht. Das bedeutet aber auch, daß der EDV immer mehr und immer vielfältigere Aufgaben zufallen. Diese Aufgaben können oft nur durch Ausweitung der EDV im personellen und hardwaremäßigen Bereich gelöst werden. Eine Vergrößerung bringt immer eine vermehrte Verantwortung mit sich, die schließlich von einer Person allein nicht mehr getragen werden kann. Schon bei einem Beschäftigungsstand ab etwa 50 Personen ist es lohnenswert dieses Problem zu überdenken. Ein sehr wichtiger Punkt dabei ist wohl für viele Geschäftsleitungen, daß sowohl die EDV als auch die Organisation sehr oft in einer Hand liegen. Die Splittung einer derartigen Machtkonzentration erscheint deshalb oft wünschenswert. Dabei geht es oft gar nicht nur darum,

dem Organisationsleiter Macht zu entziehen, sondern ihn vielmehr für seine eigentlichen Aufgaben freizumachen.

Ein anderer Punkt ist die Funktion der EDV innerhalb des Betriebes. Wenn es sich um ein Konzerngeschäft mit großem Reportwesen handelt, ist es unerläßlich die EDV auszugliedern. Hierbei kann die Ausgliederung nicht nur als eine Loslösung von der Organisation verstanden werden, sondern als Einführung einer Stabsstelle. Wenn die EDV zu 100 Prozent in der Verwaltung verbleibt übt der Verwaltungsleiter eine relativ große Macht aus. Verkauf und Organisation hinken nach, weil alles auf Verwaltung konzentriert ist.

Die EDV ist für die verschiedenen Abteilungen immer eine Service-Zentrale. In diesem Sinn sollten auch die Kosten, die die EDV verursacht auf die Abteilungen umgelegt werden und nicht nur der Verwaltung zufallen, wie das oft der Fall ist. Mit welchem Schlüssel die Umlage erfolgt, ist ein organisatorisches Problem. Um Kommunikationsschwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, ist jedoch eine intensive Zusammenarbeit zwischen EDV und den einzelnen Abteilungen erforderlich. Da die EDV meist eine eigenständige Stabsstelle darstellt, können die verschiedenen Anforderungen mit Prioritätssetzung abgearbeitet werden, und es wird nicht nur mehr hauptsächlich für eine Abteilung gearbeitet. Ein weiterer Aspekt für die Ausgliederung scheint mir die Programmierung zu sein. Verbleibt die EDV innerhalb einer anderen Abteilung, besteht sehr oft die Möglichkeit, die Programmierer auch zweckentfremdet einzusetzen was sicherlich eine Minderleistung zur Folge hat. Deshalb halte ich es für sehr wesentlich, daß die EDV eine eigene Abteilung darstellt, die direkt der Geschäftsleitung unterstellt ist.