Neue Konzeptionsmöglichkeit bei der Systemplanung:Rechnerkopplung verbessert Anschluß an S.W.l.F.T.-Netz

14.01.1983

Das S.W.I.F.T.-System bietet den angeschlossenen Banken ein Realtimeorientiertes Datenübermittlungsnetz, das auf hochentwickelter Computertechnologie. umfassender Datenkommunikationssoftware und strengen Sicherheitsvorkehrungen basiert. Trotzdem hinkt die Realität der täglichen Zahlungsabwicklung hinter den S.W.I.F.T.-Möglichkeiten her. Viele Banken beschränken sich bei der Abwicklung der Auslandszahlungsaufträge auf einen Datenträgeraustausch per Magnetband oder Diskette die täglich oder bestenfalls mehrmals täglich an ein S.W.I.F.T.-Terminal übertragen werden. Als Alternative zu diesem zeitraubenden Verfahren wickeln Banken den Auslandszahlungsverkehr oft als Insellösung auf einem dedizierten S.W.I.F.T.-Terminal ab. Wegen der duplizierten Stammdatenverwaltung ist dies jedoch nicht ganz zufriedenstellend.

Ein neues Anwendungs-Software-System, das für die Privatbank Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co, Hamburg, Frankfurt, Offenbach entwickelt wurde, vermeidet diese zeitlichen Nachteile. Mit Hilfe einer Realtimerechnerkopplung zwischen dem zentralen Hauptrechner und einem S.W.I.F.T.-Terminal können Auslandszahlungen ohne weitere Bedienungsfunktionen automatisch an das globale S.W.I.F.T.-Netzwerk übermittelt werden. Dadurch können die Sachbearbeiter der Bank vom Arbeitsplatz aus über das bankinterne dezentrale Netz und über das S.W.I.F.T.-Netz mit ihren Korrespondenzbanken in Kontakt treten.

Die Hauptrechner-Verbindungssoftware basiert auf einem Honeywell Bull DPS-7 System und einem Burroughs B-876 S.W.I.F.T.-Interface-Device (SID). Für die Datenkommunikation zwischen den beiden Rechnern wird das BSC 2780 Protokoll eingesetzt. Auf dem Honeywell-Rechner werden die Online-Anwendungsprogramme unter dem TP-Monitor TDS (Transaction Driven System) verarbeitet. Die tatsächliche Verbindung mit dem Burroughs-System wird mit Hilfe eines speicherresidenten Kommunikations-Interface-Programms hergestellt. Die Hauptrechnerkopplung und die übrigen Online-Anwendungen der Bank werden unter der Kontrolle des Basic Terminal Network Systems (BTNS) abgewickelt. Auf dem Burroughs-System wird unter dem CMS-Betriebssystem die Standard-S.W.I.F.T.-Software (SID-Software Release 8.0) mit entsprechender Hauptrechneranschluß-Option eingesetzt.

Anwendungsfunktionen

Die Anwendungsfunktionen konzentrieren sich auf Übermittlung Kontrolle und Verwaltung des Nachrichtenverkehrs von und an das S.W.I.F.T.-Netz. Die Auslandszahlungen werden automatisch in anderen Online-Anwendungsmodulen verarbeitet.

Zu den Anwendungsfunktionen gehören insbesondere:

- Übertragung von ausgehenden Nachrichten

- Kontrolle der Empfangsbestätigung (Acknowledgements)

- Empfang von eingehenden Nachrichten wie zum Beispiel Zahlungsaufträge, Fehlermeldungen, negative Acknowledgements oder Zustellungsbestätigungen

- Informationsanzeigen über den aktuellen Stand der S.W.I.F.T.-Nachrichten-Verbindung mit Anzeige des kompletten Dateninhalts der Nachricht.

- Kontrolle und Verwaltung des Nachrichtenverkehrs bezüglich Vollständigkeit, Fehleranzeige und Korrektur

- Durchführung von Restart- und Backup-Maßnahmen via Magnetband bei längerer Unterbrechung der Rechnerverbindung.

Problematik der Hauptrechnerkopplung

Für die Recherkopplung zwischen Honeywell Bull und Burroughs wurden ausschließlich Standard-Software-Komponenten eingesetzt. Mit wenigen Ausnahmen hat sich erwiesen, daß die diversen Komponenten relativ problemlos funktionieren.

Schwierigkeiten lagen jedoch im mangelnden Know-how der EDV-Hersteller über spezifische Einsatzmöglichkeiten ihrer Software-Komponenten. Obwohl die Systemhandbücher brauchbare Beschreibungen lieferten, ergaben sich besonders bei der Kombination von verschiedenen Komponenten kritische Fragen, die letztlich nur durch einen tatsächlichen Probelauf beantwortet werden konnten.

Ein weiteres Problem liegt in der Wirtschaftlichkeit der Systementwicklung. Rund 60 - 70 Prozent des Gesamtaufwandes mußte für Teilbereiche wie Logon/Logoff, Backup- und Restart-Verfahren aufgewendet werden. Dies zeigt, daß klassische Systemdesign-Methoden hier noch völlig unterentwickelt sind.

Stabilität des Hardware-, Software-Umfeldes

Für die zukünftigen Wartungskosten ist die Stabilität des Hardware-/ Software-Umfeldes von entscheidender Bedeutung. Geringfügige Veränderungen (neue Releases der System-Software, Änderungen in der Netzwerkkonfiguration) können Funktionsstörungen verursachen, die nur mit einem Präventiv-Testmodell zu vermeiden sind. Deshalb wurde das gesamte Anwender-Software-System mit einer Reihe von Testoptionen versehen, um etwaige Fehler im Systemumfeld rasch lokalisieren und beheben zu können. Hierunter fallen:

- Simulation der Hauptrechnerverbindung mit einem der Rechner-Systeme in Offline-Modus.

- Generierung von Testnachrichten für den Nachrichten-Ein-/Ausgang

- Dynamische Veränderungen der Tuning-Parameter für Fehlerindetifikation unter verändertem Zeitverhalten.

Kosten und Nutzen

Weil die Nachrichtenverbindung zwischen den beiden Rechnern als Point-to-Point-Verbindung innerhalb des Rechenzentrums installiert ist, sind die anfallenden Hardwarekosten für zusätzlich benötigte Modems relativ gering. Der Hauptkostenanteil liegt im Bereich der Softwareentwicklung. Diesen Kosten stehen jedoch eine Reihe von Vorteilen gegenüber:

- Die rasche Abwicklung der Auslandszahlungsaufträge verbessert die Wettbewerbsposition der Bank als Dienstleistungsunternehmen

- Durch eine weitgehende bedienungslose Nachrichtenübermittlung wird der Arbeitsaufwand im Rechenzentrum reduziert

- Durch programmgesteuerte Kontroll- und Verwaltungsverfahren wird die gesamte Nachrichtenübermittlung sicherer und vom Fachpersonal unabhängiger.

Bei der mittelfristigen Systemplanung ergeben sich durch eine Rechnerkopplung neue Konzeptionsmöglichkeiten. Die Banken brauchen sich immer weniger auf "lnsellösungen" zu beschränken und können spezialisierte Anwendungen auf mehrere Rechner verteilen und integrieren. Ebenso können die zentralen EDV-Systeme besser mit unterschiedlichen lokalen, nationalen oder globalen Datennetzen verbunden werden.

*Gerhard Kenk ist Senior Consultant bei CMG (Frankfurt) GmbH, einer Tochtergesellschaft der Computer Management Gruppe.

S.W.I.F.T.

bedeutet (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication S.C.) und ist eine Gemeinschaftsgründung international tätiger Banken.

1977 wurde das S.W.I.F.T.-Netzwerk in Betrieb genommen. Heute umfaßt es über 1600 teilnehmende Banken und Bankgeschäftsstellen in Europa, Nord- und Südamerika, Australien und im fernen Osten. Täglich werden bis zu 380 000 Nachrichten übermittelt. Sie umfassen Kundenzahlungen, Bankbeträge, Devisenhandelsgeschäfte, Import-/ Exportdokumentengeschäfte sowie Informationen zwischen den Mitgliedsbanken.

S.W.I.F.T. betreibt in Belgien, Holland und in den USA insgesamt drei Message-Switching-Zentren. Computersysteme, Terminals und S.W.I.F.T.-lnterface-Software wurden unter anderem auf DV-Systemen folgender Hersteller implementiert: Burroughs, Digital Equipment Corp., General Automation, Honeywell Bull, IBM, ICL, NCR, Olivetti, Siemens, Sperry Univac, Tandem.