Neue einheitliche Standards fuer Institute und DV-Experten Microsoft nimmt die weltweite Zertifizierung jetzt in Angriff

04.11.1994

MUENCHEN (hk) - Microsoft schaltet beim Thema Zertifizierung ein paar Gaenge hoeher. Anfang naechsten Jahres soll es eine neue Form von Trainingszentren und ein neues Berufsbild geben. In einem CW- Gespraech erlaeutert Nancy Lewis, zustaendig fuer das weltweite Zertifizierungsprogramm, was der Branchenprimus beabsichtigt.

Jeden Manager wolle sie davon ueberzeugen, dass sich die Zertifizierung der Mitarbeiter lohne, gibt sich die Microsoft- Direktorin kaempferisch, als der CW-Redakteur Zweifel am Sinn der neuen Aktivitaeten anmeldet. Lewis ist ueberzeugt, dass:

- ihre Zeugnisse den Fuehrungskraeften helfen werden, qualifizierteres Personal einzustellen,

- es mehr Sicherheit bei Investitionen in Schulung geben,

- die Mitarbeiterproduktivitaet steigen und

- die Anwenderunterstuetzung besser werden wird.

Lewis ist zur Zeit auf Europareise und erlaeutert den regionalen Gesellschaften, was es mit der neuen Qualitaet der Schulung auf sich hat. So soll es in den USA ab diesem Monat und in Europa ab Anfang naechsten Jahres Authorized Technical Education Centers (ATECs) geben. Bisher existierten die Authorized Training Centers (ATCs), die sich in erster Linie um die Endanwenderschulungen kuemmerten. Voraussetzung war, dass so ein Institut zwei Dozenten beschaeftigte, die ein Microsoft-Zeugnis besassen, also die Produkte des Unternehmens beherrschten. In Deutschland bilden zur Zeit etwa 130 ATCs Teilnehmer aus.

Die ATECs, die jetzt dazukommen, sind fuer die Ausbildung der Technikprofis gedacht. Um die Qualitaet der Schulung zu sichern, so Lewis, werden alle Unterlagen und Anweisungen aus der Zentrale in Redmond kommen. "Es wird weltweit eine einheitliche Schulung fuer Microsoft-Experten geben", erzaehlt die Managerin stolz. Deshalb duerften die Microsoft-Kurse in den ATECs nur von Trainern gegeben werden, die sich zertifizieren haben lassen.

In Deutschland wolle man etwa 30 solcher Stuetzpunkte einrichten. Lewis glaubt, dass sich die bisherigen ATCs um den zusaetzlichen Status eines ATECs bewerben werden. Ihr ist naemlich klar, dass die Gewinnmargen aus der Anwenderschulung immer kleiner werden und der Trend sehr stark zu Inhouse-Kursen geht, dass also die Unternehmen solche Seminare in eigener Regie durchfuehren und nicht mehr auf externe Partner zurueckgreifen.

Erweitern wird das Softwarehaus das Angebot bei der individuellen Zertifizierung. Bisher koennen sich DV-Profis zu Produktspezialisten, zum Systems-Engineer und zum Trainer ausbilden lassen. Dem Produktspezialisten wird attestiert, dass er die Endanwenderprodukte beherrscht, der Systemprofi soll sich mehr im Support und in der Administration von "anspruchsvollen" Systemprodukten auskennen, und der Dozent muss sowohl sein technisches als auch sein paedagogisch-didaktisches Geschick nachweisen, letzteres allerdings ohne Pruefung.

Nun kommt ab Januar ein Diplom fuer Entwickler, die "Solution Developers", dazu. Diese muessen unter anderem in der Lage sein, komplette Loesungen zu planen und zu designen.

Mittlerweile gibt es nach Lewis Informationen bereits etwa 30 bis 40 Softwarehaeuser in den USA, die dabei sind, solche Tests einzufuehren. Um diesem Wildwuchs Einhalt zu gebieten, sei man jetzt dabei, ein einheitliches Berufsbild fuer den Netzwerkprofi auszuarbeiten. Fuehrende DV-Anbieter wie Microsoft, IBM und Hewlett-Packard haetten dazu einen Arbeitskreis gebildet. Eine Prognose darueber, ob die Anbieter auch weitere Berufsbilder einfuehren, wollte die Schulungsexpertin nicht geben.

Zur Zeit duerfen sich weltweit 12000 Menschen als Microsoft- Experten kraft Zeugnis ausgeben. Seit Lewis Anfang Mai in die Arbeit eingestiegen ist, habe sich die Zahl verdoppelt. Zwar gab sie keine exakten Prognosen fuer die Zukunft, allerdings kann man aus dem bisherigen Tempo darauf schliessen, dass sie nicht daran denkt, einen Gang herunterzuschalten.