Frida 4.0 soll IBM-Software übertrumpfen

Neue Command-Software tritt gegen IBMs MAS90-Vertrieb an

07.08.1992

MÜNCHEN (CW) - Mit der AS/400-Standardsoftware Frida 4.0 muß die Command Computer Anwendungsberatung GmbH ohne die Unterstützung des ehemaligen Partners IBM in den Markt gehen. Nachdem die Ettlinger ihr Konkurrenzprodukt zur IBM-Standardsoftware MAS90 fertiggestellt haben, sind die ungleichen Anbieter jetzt sogar Gegenspieler.

Das Softwarehaus ist auf den ersten Blick nicht mehr als eine typische AS/400-Softwareschmiede, mit zur Zeit rund 130 Beschäftigten. Command hat aber seit 1989 einen Sonderstatus in der IBM-Softwareszene. Damals hatte Big Blue nicht-exklusive Rechte an Release 3.0 der Command-Software Frida erworben und die Software mit Millionenaufwand zum heutigen Erfolgsschlager MAS90 aufgerüstet.

Das von IBM als strategisch gehandelte Produkt erhielt eine CUA-Benutzeroberfläche, wurde um Hilfetexte und Dokumentation erweitert und anschließend in einem kostspieligen Verfahren getestet. "Wir haben eine zweistellige Millionensumme in MAS90 hineingesteckt", betont Uwe Vaihinger, der die Software als Entwicklungsleiter in der Berliner IBM-Niederlassung betreut. Als AS/400-Vertriebspartner vermarktete Command fortan neben den Rechnern auch die IBM-Software MAS90 und das eigene Produkt Frida 3.0.

In den letzten zwei Jahren strickte das Softwarehaus aber mit großem Aufwand an der neuen Frida-Version 4.0, die jetzt fertiggestellt ist. Das Produkt verfügt nicht nur wie MAS90 über eine Benutzeroberfläche, die CUA-Kriterien genügt. Der Sourcecode wurde komplett neustrukturiert. Es gibt außerdem eine Reihe von Tools, mit denen Anwender betriebsspezifische Anpassungen einzelner Module vornehmen können. Zu den neuen Merkmalen gehören außerdem vom Benutzer definierbare Programmverknüpfungen, eine vierfach gestufte Bedienerhilfe und eine Büroumgebung.

Aufgrund dieser Eigenschaften, die dem Produkt nach Meinung von Fachleuten im Vergleich zu MAS90 einen klaren Vorsprung einbringen, ist Big Blue auf Distanz zu Command gegangen. "IBM wird die noch bestehende MAS9O-Partnerschaft mit uns nicht verlängern", erklärte Wiskot vor der Presse. Big Blue und Command sind direkte Konkurrenten, daher muß die Software Frida 4.0 ohne die aktive Unterstützung der IBM-Vertriebskanäle auskommen. Wiskot ist sogar darauf eingestellt, seine Kunden gegen die Propaganda der IBM-VBs von seinem Produkt überzeugen zu müssen.

Der Geschäftsführer zeigte sich auf Anfrage der COMPUTERWOCHE hin zuversichtlich, daß Command auch ohne blaue Hilfe eine Chance habe, zu bestehen. Der Grund liege in den Funktionen, über die MAS90 im Vergleich zu Frida 4.0 nicht verfüge: "Der große Unterschied zu MAS90 besteht in den Bereichen offene Stücklisten und Arbeitspläne - das ist für Auftragsfertiger langfristig ein Muß." Allerdings räumt der Command-Chef ein, daß es nicht so leicht sein werde, die nötigen Vertriebskanäle ohne fremde Hilfe aufzubauen.

Wiskot ahnt, warum IBM kein Interesse an Frida 4.0 hat. Ihm habe vorgeschwebt, daß IBM die Software zwar vermerkten sollte, daß aber die Entwicklungshoheit komplett bei Command bleiben müsse - ein für Big Blue offenbar unhaltbarer Zustand. IBM-Mitarbeiter Vaihinger begründet dagegen seine Absage - "Frida Release 4 interessiert uns nicht" - folgendermaßen: "Sowohl technisch als auch ökonomisch ist das Produkt für uns nicht interessant."

Man habe Frida 4.0 analysiert und sei zu dem Schluß gekommen, die "zwei bis drei neuen Funktionen" seien nicht wichtig genug, um diese Software zu vermerkten. Bereits in Frida Version 3.0 habe IBM Millionensummen hineingesteckt - "das macht man doch kein zweites Mal!" Zu Command habe man trotzdem ein "faires, korrektes" Verhältnis, "allerdings entwickeln sich die Dinge auseinander".

Daß dieses Auseinanderdriften nicht unbedingt im Interesse der IBM liegt, ist offenkundig: Command bietet nämlich MAS9O-Anwendern eine Migrationsstrategie, mit der diese ohne allzugroßen Aufwand auf Frida 4.0 umsteigen können.