Käufer für Firewall Gauntlet und Chiffrier-Tool PGP gesucht

Network Associates löst PGP-Division auf

19.10.2001
MÜNCHEN (CW) - Nach Verlusten in Höhe von 11,3 Millionen im dritten Quartal des Geschäftsjahrs 2001 will sich Network Associates Inc. (NAI) restrukturieren. Als ersten Schritt verkündete der Sicherheitsspezialist, sich von den PGP-Verschlüsselungsprodukten für Desktops zu trennen und die Firewall "Gauntlet" abzustoßen.

Die übrigen zur PGP-Division (PGP = Pretty Good Privacy) gehörenden Lösungen "PGP VPN", "PGP Fire" (verteilte Firewall), "Personal Firewall" sowie "PGP E-Business-Server" behält das Unternehmen, sie werden ab sofort unter der McAfee-Marke vertrieben. Ähnliches gilt für das ebenfalls von PGP stammende Tool "Cybercop" für Intrusion Detection und Sicherheitsanalyse, das NAI als eigenständiges Produkt weiterführen will. Die dahinter stehende Technologie möchte der Anbieter zudem bis Ende des ersten Quartals 2002 in sein "Sniffer"-Produkt zur Protokollanalyse integrieren.

Für die Gauntlet-Firewall sowie die E-Mail- und Dateiverschlüsselungsprodukte bedeutet die Entscheidung jedoch das Aus. Das Entwickler- und Supportteam arbeitet zwar weiter an den Lösungen und wird bis Ende 2002 Bugfixes liefern und Supportdienste leisten, mit neuen Releases ist aber definitiv nicht mehr zu rechnen.

Support bis Ende 2002Nach Auskunft von Gene Hodges, President von McAfee, steht der Hersteller bereits mit mehreren potenziellen Käufern für diese Produkte in Verhandlung. "Wir hoffen, dass wir möglichst schnell jemanden finden, der gewillt ist, in diese Lösungen zu investieren und sie weiterzuentwickeln", erklärt der Manager. Die betroffenen Kunden habe man schriftlich über die Entscheidung informiert, Rückmeldungen lägen noch nicht vor.

Als Gründe für die Auflösung der PGP-Division nennt Hodges die "komplizierte Marktsituation" in den Bereichen Firewalls und Verschlüsselung. Es sei dem Unternehmen nicht gelungen, der starken Konkurrenz von Anbietern wie Cisco und Checkpoint zu trotzen. Trotz eines akzeptablen Wachtums habe für NAI nicht die Chance bestanden, sich zu einer "Topadresse für Firewalls" zu etablieren.

PGP hingegen sei zwar das führende Produkt im Bereich E-Mail- und Dateichiffrierung, doch stelle die Profitabilität in diesem Marktbereich ein Problem dar. Insbesondere die langwierigen Verkaufsverhandlungen mit den Kunden macht der Manager für die Entscheidung verantwortlich, das Produkt aufzugeben. Das von Philip Zimmermann entwickelte Verschlüsselungs-Tool PGP fand Anfang der 90er Jahre weite Verbreitung als Freeware, NAI hatte die Software Ende 1997 für rund 36 Millionen Dollar gekauft.

Durch die genannten Umstrukturierungen erhofft sich der Hersteller Einsparungen in Höhe von 50 Millionen Dollar im Jahr 2002. Damit sieht George Samenuk, Chairman, President und CEO von NAI, das Unternehmen auf dem richtigen Kurs. Anlässlich der Vorstellung der Geschäftszahlen für das am 30. September abgeschlossene dritte Quartal erklärte er: "Das Ergebnis demonstriert das Versprechen einer fokussierten globalen Organisation." NAI verbuchte bei 209 Millionen Dollar Umsatz einen Verlust in Höhe von 11,3 Millionen Dollar (acht Cent je Aktie). Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum hatte die Company noch ein Plus von 4,1 Millionen Dollar oder drei Cent pro Anteilschein erwirtschaftet. Der Umsatz sank im Vorjahresvergleich um zwölf Prozent.

Das Pro-forma-Ergebnis des Sicherheitsspezialisten übertraf mit einem Plus von 8,5 Millionen Dollar oder fünf Cent je Aktie jedoch die Erwartungen der Analysten. Nach Umfragen hatten die Marktexperten mit einer Spanne von minus drei bis plus zwei Cent pro Anteilschein gerechnet.