Kollegengespräche:

Nehmen ist seliger denn geben

04.09.1981

Informationsaustausch mit Kollegen aus der DV-Branche wünschen sich viele DV-Leiter. Probleme, die jeder im eigenen Bereich hat, aber auch Skepsis lassen es selten zu einem offenen Gespräch unter Gleichgesinnten kommen. "Meinungsaustausch zwischen Kollegen findet viel zu selten statt", bedauert Paul Scholten, befürchtet aber gleichzeitig, daß sich eine inoffizielle Informationsbörse zu einer großen Gerüchteküche entwickeln könnte. Hans Heeg nennt einige der Schwierigkeiten beim Aufbau eines Info-Kreises: "Es kommen Leute, die etwas wissen wollen, aber selbst zu keiner Mitarbeit bereit sind." Skepsis klingt auch bei Norbert Dumke an: "Vor Entscheidungen einen Kollegen anzurufen, heißt ein Orakel befragen. Erfahrungen auszutauschen ist gut, der Mut zum eigenen Risiko ist besser."

Norbert Dumke, Dipl.-lng., Leiter der Abteil., Datentechnik, Kabel- und Metallwerke Gutehoffnungshütte AG, Hannover

Eins steht fest: Informationen sind wichtig. Ich kenne eine ganze Menge Leute aus der DV-Branche, und zwar Anwender, Verkäufer, RZ- und Org.-Leiter, mit denen ich in lockerem Kontakt stehe. Der Themenkreis des Meinungs- und Infommationsaustausches ist vielfältig. Er reicht von der Betriebserfahrung mit bestimmter Hardware oder Software bis zum Know-how bei der Steuerung organisatorischer Abläufe. Eine gewisse Rolle bei der eigenen Meinungsbildung spielen auch Publikationen wie die COMPUTERWOCHE. Man kann Ten...en frühzeitig erkennen und auch die Entwicklung am Markt beobachten. Informationsbörsen und DV-Stammtische wären im Prinzip gut. Ich glaube nur nicht so recht an ein effizientes Funktionieren.

Wer soll die Börse makeln? Vereinsmeier oder Hersteller können leicht die Oberhand bekommen! Von den anderen Partnern werden nur die etwas einbringen, die auch etwas holen wollen. Was man gerade an Informationen braucht, bekommt man nicht oder findet man nicht. Außerdem wird der Wert des eigenen Know-how für andere leicht falsch eingeschätzt. Gezielte Einzelkontakte zu Leuten, deren Beurteilungsvermögen man akzeptiert, sind besser. Die Bedeutung von User-Groups war in der Pionierzeit der DV größer - notgedrungen waren die Zusammenschlüsse herstellerorientiert, in der Hoffnung, etwas ..kt übernehmen zu können und damit einen Einstieg in die DV zu schaffen.

Heute sind Anwendungen und Softwarepakete so reichlich vorhanden, daß es allenfalls darum geht, Erfahrungen auszutauschen. Sinnvoll ist dieser Erfahrungsaustausch, wenn er auf etwa gleichem Level stattfindet. Ein Newcomer kann immer noch vieles falsch machen, auch wenn er sich in der Generalrichtung Rat von einem gestandenen Fachmann holt. Ich halte nichts davon, unmittelbar vor Entscheidungen bei Kollegen gewissermaßen ein Orakel zu befragen. Man muß selber sachkundig sein und die Problematik erkennen. Sicherlich kann man sich auf dem Weg hierzu mit Kollegen unterhalten. Wenn es um konkrete Anschaffungen geht, kann man über die VBs der Hersteller Kontakte zu Referenzkunden bekommen.

Ein gutes Produkt verkauft sich durch begeisterte Referenzkunden am besten. Bei kritischem eigenen Urteilsvermögen werden auch zu hoch gespannte Erwartungen auf ein realistisches Maß zurückgeschraubt. Erfolgreich kann nur sein, wer - gestützt auf eine gut fundierte eigene Meinung - gelegentlich auch Mut zum Risiko zeigt und nicht nur nachempfindet, was andere bereits vorexerziert haben.

Hans Heeg, DV-Leiter, Camloc Fastener GmbH, Kelkhelm (IBM /34, RPG 11)

Informationsaustausch und Arbeitskreis EDV - viel besprochen aber wenig angetroffen. Soviel ich weiß, gibt es bei uns in der Nähe keinen Arbeitskreis, in dem DV-Leiter Informationen austauschen könnten. Es gab irgendwann einmal eine Initiative. Diese wurde aber nach einiger Zeit wieder eingestampft. Es war einfach zuviel Arbeit für die Initiatoren, die die Treffen organisierten. Im Endeffekt kamen nur Leute, die etwas wissen und erfahren wollten, aber selbst nicht bereit waren, irgendwelche Themen auszuarbeiten. Außerdem wurde kein Schirmherr gefunden, der diesen Kreis finanziell unterstützt oder Räume zur Verfügung gestellt hätte.

Es wäre schon gut, wenn es eine Möglichkeit gäbe, Informationen auszutauschen. Wenn beispielsweise ein DV-Leiter ein zu teures Softwarepaket "verpaßt" bekommt, wäre er froh, wenn er im Kollegenkreis rumfragen könnte, ob dieses Problem bekannt ist. Hier handelt es sich um private Initiativen, und alles geht auf Kosten der Privatzeit. Außerdem will letztendlich keiner die Kosten tragen. Ich habe einige DV-Leiter auf -Lehrgängen kennengelernt. Aber dies empfinde ich nicht als die Art Kontakt, die DV-Leute bei auftretenden Problemen benötigen. Wenn ein Thema diskutiert werden soll, ist es besser, sich zusammenzusetzen als zu telefonieren.

Ich würde gerne wissen: Gibt es Arbeitskreise, in denen sich DV/ Org.-Leute und Programmierer zusammengefunden haben? Wo und wie arbeiten sie, wer ist der Schirmherr, wer legt die Themen fest?

Paul Scholten, Org./DV-Leiter, Maschinenfabrik P. Hammelmann GmbH & Co. KG, Oelde

(Nixdorf 8890, NIDOF/VSE)

Infommationsaustausch zwischen DV-Leitern findet meiner Erfahrung nach viel zu selten statt. Ein Grund hierfür ist sicherlich der tägliche Streß, der es vielen DV-Leitern kaum gestattet, die nötige Zeit aufzubringen.

Gespräche unter DV-Kollegen aus anderen Unternehmen finden meistens nur am Telefon statt. Derartige Informationen sind oft interessant und nützlich. Sie haben aber den Nachteil, daß sie sich von der Hardwareseite her auf das eigene System beschränken. Meinungsaustausch zwischen DV-Leitern verschiedener Systeme gibt es oft nur auf Schulungen oder Tagesseminaren. Da aber auch für Seminare kaum Zeit bleibt, können sich DV-Manager in der Regel nur durch Fachzeitungen informieren.

Gelegentlich finden zwar Benutzertreffen statt. Aber der Informationsaustausch ist relativ einseitig, zumal oft nur Benutzer eines bestimmten Systems vertreten sind. Besser wäre es, wenn Anwender verschiedener Computersysteme in solchen Kreisen agierten. Außerdem würde ich DV-Stammtische auf regionaler Ebene befürworten. Wegen der kleineren Teilnehmerzahl könnten hier DV-Leiter nicht nur Informationen erhalten, sondern in einer aufgeschlossenen, lockeren Atmosphäre darüber diskutieren.

Eine solche Runde könnte zur unentbehrlichen Informationsquelle für DV-Leute werden. Das Arrangieren eines DV-Stammtisches dürfte bei einigen Teilnehmern mit terminlichen oder örtlichen Problemen verbunden sein. Nachteil einer inoffiziellen Informationsbörse ist die Tatsache, daß Informationen inoffiziell und somit nicht verbindlich sind. Positiv gewollter Wissensaustausch könnte sich zu einer einzigen großen Gerüchteküche entwickeln.

Martin Bilger, beratender Betriebswirt, München

Die meisten Veranstaltungen zum außerdienstlichen Erfahrungsaustausch, die ich im

Laufe meines DV-Berufslebens besucht habe, und dadurch gekennzeichnet, daß Diskussionen mit Kollegen allzu häufig unerwartet schnell in Gespräche über Detailprobleme - also geistige Bit-Schaufeleien - mündeten. Da nun aber "Tuning-Probleme" nicht alle Fragen des DV-Lebens abdecken, stelle ich mir die Frage, womit diese "Gesprächswendungen" denn begründet seien.

Sollten die Kollegen etwa so von ihrer eigenen Lösung überzeugt sein, daß sie den Wert eines Erfahrungsaustausches allgemeiner Art nicht mehr sehen (wollen)? Oder sind ganz einfach die Möglichkeiten zum außerdienstlichen Fachgespräch nicht bekannt?

Die Vorteile eines solchen "gemütlichen" Gespräches liegen indes klar auf der Hand: Der Erfahrungsaustausch über allgemeine Thematiken des Berufslebens und der Datenverarbeitung wie Datenschutz, Ergonomie, Personal, neue Technologien und das soziale Umfeld der DV-Branche kann meines Erachtens nur zu einer Bereicherung und Standortbestimmung führen.

Effizient fände ich einen Kreis der sich nicht nur aus "Praktikern", sondern auch aus DV-lnteressierten zusammensetzt, zumal sich die Informationsverarbeitung in einem Stadium befindet, in dem Diskussionen auch fachübergreifend erforderlich sind.

Wünschenswert wäre auch die Beteiligung von Hochschulangehörigen an solchen Gesprächsrunden, damit der Blick für die gegenseitigen Probleme erhalten bleibt. Dies erscheint um so mehr erforderlich, da vielerorts Kritik an der Hochschulausbildung laut wird. Einen Schritt in diese Richtung hat der Arbeitskreis Org./ EDV Münchener Raum unternommen. In unregelmäßig stattfindenden Veranstaltungen und Treffen haben dort Praktiker, Professoren und Studenten Gelegenheit, sich über Aktuelles aus Datenverarbeitung und Organisation zu informieren und mit ihren Kollegen zu diskutieren. In diesem nicht professionell organisierten Kreis besteht - und das finde ich von Vorteil- auch die Möglichkeit, Mitarbeiter von Herstellerfirmen zu aktuell anstehenden Problemen zu befragen.