Oberstes Bundesgericht ermittelt gegen Investment-Häuser

Nasdaq-Broker unter Manipulationsverdacht

13.12.1996

Den Händlern wird vorgeworfen, den sogenannten "Spread" manipuliert zu haben - die Spanne, innerhalb derer Aktien gekauft und verkauft werden. Jeder Investor, der in den frühen 90er Jahren Geschäfte über die Nasdaq abwickelte, kann sich der Klage gegen die Broker anschließen.

Der Fall wird als "Class Action Suit" behandelt und betrifft führende Gesellschaften wie Merrill Lynch, Bear Stearns, Goldman Sachs und andere. Diese wickeln untereinander mehr als 80 Prozent der Nasdaq-Transaktionen ab.

Unter den Maklern soll es einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge stillschweigende Vereinbarungen gegeben haben, die die Ankaufspreise künstlich hochtrieben und die Verkaufspreise drückten. Obwohl nach den Regeln der National Association of Securities Dealers (NASD) die Spannen zwischen den Geld- und den Briefkursen nicht mehr als rund 20 Pfennig betragen dürfen, sollen die Broker diese verdoppelt haben. Dadurch zahlten Kleinanleger regelmäßig zuviel für Aktienorders, während die Provisionen der Makler stiegen.

Händler, die sich nicht an diese Vereinbarungen hielten, sind angeblich eingeschüchtert und telefonisch bedroht worden. Offenbar ist die NASD als zuständiges Kontrollorgan ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen. Die US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) behauptet sogar, die NASD habe die Praktiken gekannt und gegen die Verstöße nichts unternommen.

Die Börsenaufsicht SEC spricht in ihrer Zustandsbeschreibung der Nasdaq darüber hinaus von "oligopolistischen Strukturen und einer laufenden Mißachtung der Börsenregeln".

Sollte es zu einer Verurteilung kommen, könnten dreistellige Millionenstrafen verhängt werden. Nutznießer wären dabei jedoch weniger die Kleinaktionäre als ihre Anwälte. Deren Provisionen richten sich nach der Höhe der Geldstrafe. Beobachter rechnen mit einem außergerichtlichen Vergleich, der neben finanziellen Einbußen einen schweren Imageverlust für die Nasdaq zur Folge haben dürfte.