NCR-Ausbildungskonzept für Kunden:

Nach dem Betriebssystemkurs eine Verschnaufpause

08.08.1980

Bei der Erstellung von Schulungskatalogen scheinen die Computerfirmen von folgenden Überlegungen auszugehen: So dick wie möglich müssen die Broschüren sein - dies zeigt, daß man allerhand zu bieten hat. Technische Abbildungen (Schaltkreise, monolithisch integriert, LSI, VLSI, etc.) gehören auf alle Fälle dazu - dies zeigt, daß man technisch auf dem "Quivive" ist. Als Darstellungsform ist die Blockdiagramm-Technik zu verwenden (mit Hauptlogik, Subroutinen, Programmschleifen und vielen Ein- und Austrittspunkten) - dies zeigt, daß man in der EDV zu Hause ist und das Metier beherrscht. Motto: Wer den Katalog nicht versteht, ist selber schuld. Daß es auch anders geht, schildert Alfons Gerich, Leiter Kunden- und Supportschulung bei der NCR GmbH, Augsburg.

Wir machten es uns zur Aufgabe, einen Schulungskatalog zu erstellen, der möglichst "selbsterklärend" und damit auch ohne fremde Hilfe verständlich ist. Alte und neue NCR-Kunden erhalten ihn zusammen mit dem Terminplan automatisch.

Bei der Erstellung eines Ausbildungsplanes braucht unser Kunde nur folgende Fragen zu beantworten:

- Welches NCR-System wird eingesetzt (das steht auf seiner Bestellung)?

- Mit welchem Betriebssystem arbeitet der Computer (steht auch auf der Bestellung)?

- Wer soll überhaupt für welche EDV-Tätigkeit eingesetzt werden?

Weiß unser Geschäftspartner nun, daß er ein NCR-I-System mit der Betriebssoftware IMOS III einsetzen wird und daß er nicht nur auf Standardanwender-Software zurückgreifen möchte, sondern auch selbst programmieren (lassen) will, dann findet er im Inhaltsverzeichnis auf Anhieb die Seite mit dem Ausbildungsplan für diesen Berufszweig.

Nun muß man sich natürlich mit der Person, der diese Laufbahn zugedacht ist, näher befassen und durch bohrende Fragen feststellen, welcher "Background" vorhanden ist. Kommen mehrere Personen in Betracht und fällt die Auswahl schwer, hilft die NCR gerne mit einem Eignungstest.

Künftigen Beruf total vergrault

Lassen wir nun einmal einen EDV-Neuling die Ausbildung zum Cobol-Programmierer absolvieren.

Der Ausbildungsplan verweist im ersten Ausbildungsschritt auf ein Selbststudium. Sofort nach der Anmeldung erhält der Programmierer-Aspirant das Buch "Grundlage der EDV", dessen Umfang ihm zunächst seinen künftigen Beruf total vergrault. Wir beruhigen ihn aber dadurch, daß wir ihn mit einer Lese-Anleitung nur auf die Abschnitte hinweisen, die er unbedingt lesen muß. Alsdann empfiehlt der Ausbildungsplan den zweitägigen Live-Kurs "Einführung in die EDV", der aber tunlichst erst vier Wochen nach Erhalt des Buches absolviert werden sollte. In der detaillierten Beschreibung dieses Lehrganges steht, daß das Selbststudium absolute Voraussetzung ist und daß eine Erfolgskontrolle droht. Dies muß nun nicht gleich eine schriftliche Aufnahmeprüfung mit Benotung und Mitteilung an die Erziehungsberechtigten sein. Der erfahrene Instruktor wird durch gezielte Fragen sehr schnell feststellen, ob der neue Azubi das nötige Rüstzeug mitbringt. Sieht er keine Chance, seinen Schüler auch nur annähend auf die gleiche Ebene der übrigen Teilnehmer zu bringen, muß er leider dessen Geschäftsleitung benachrichtigen. Die Ausbildung ist teuer, wobei die eigentlichen Lehrgangsgebühren nur den geringsten Teil darstellen. Der nächste Schritt auf dem Weg zum Cobol-Programmierer ist die Teilnahme am Lehrgang "Einführung in die Programmierung", der seinerseits wieder die Teilnahme am vorangegangenen Lehrgang mit allen Bedingungen verlangt.

Nun steht ihm das Erlernen des Betriebssystems bevor. Und hier trifft der EDV-Neuling mit Teilnehmern zusammen, die bereits EDV-Erfahrung haben. Hat er, aus welchen Gründen auch immer, versucht, die vorangehenden vorgeschriebenen Ausbildungsschritte zu umgehen, wird seine Lage kritisch.

Nach erfolgreicher Beendigung des Betriebssystem-Lehrganges sollte man dem Neuling eigentlich eine Verschnaufpause gönnen und seine weitere Ausbildung erst im nächsten oder übernächsten Quartal mit der Programmiersprache Cobol und einem Aufbaukursus fortsetzen. Über Anschlußlehrgänge (bei größeren EDV-Systemen) und empfohlene Zusatzlehrgänge sollte man im ersten Ausbildungsjahr nicht mehr reden.