Sage

Nach 30 Jahren behutsam in die Cloud

06.07.2011
Mit einem Umsatz von 1,6 Milliarden Euro gehört die britische Sage Group zu den fünf weltweit größten Anbietern von Software für die Betriebswirtschaft.

Am Donnerstag feiert das Unternehmen seinen 30. Geburtstag. Vorstandschef Berruyer blickt optimistisch nach vorn.

Was SAP für den großen Konzern macht, erledigt Sage für Handwerker oder kleine Einzelhändler: Das Unternehmen aus der nordostenglischen Stadt Newcastle gehört zu den fünf weltweit größten Anbietern von ERP-Software (Enterprise Resource Planning) für die Abwicklung aller Geschäftsabläufe. Am morgigen Donnerstag feiert Sage seinen 30. Geburtstag. "Wir setzen auf solide Kundenbeziehungen und Mitarbeiter, die lange bei uns bleiben", sagt der Vorstandschef der Sage Group, Guy Berruyer, in einem dpa-Gespräch zum Firmenjubiläum. "Ich bin überzeugt, dass Sage auch in 30 Jahren noch im Markt ist."

Der ERP-Experte beim Marktforschungsunternehmen Gartner, Christian Hestermann, erklärt, Sage stehe finanziell sehr gut da. "Auch wenn es immer wieder mal Gerüchte gibt, halte ich eine Übernahme von Sage durch SAP oder andere für unwahrscheinlich." Mit einem vielfältigen Angebot an Einzellösungen wäre Sage auch nicht so einfach zu integrieren.

Berruyer, der seit neun Monaten an der Spitze des Unternehmens steht, sieht in der Vielzahl landesspezifischer Angebote die besondere Stärke von Sage: "Wir entwickeln für jedes Land eine andere Software. So passen wir unsere Lösungen eng an die lokalen Bestimmungen etwa im Steuerrecht an, aber auch an die jeweiligen Gewohnheiten und Traditionen kleiner und mittlerer Unternehmen."

"Sage" heißt auf Deutsch so viel wie klug oder gescheit - der Name soll in einem Pub in Newcastle entstanden sein. Gründer waren 1981 der Unternehmer David Goldman, der an einer Buchhaltungssoftware für seine Druckerei interessiert war, und der amerikanische Raumfahrtexperte Paul Muller, der damals gerade an der Universität von Newcastle Astronomie-Vorlesungen hielt. Muller hatte Kontakt zu einem Studenten namens Graham Wylie, der eine Software für effizientere Abläufe in der Betriebswirtschaft entwickelte - daraus entstand das erste Produkt der neuen Software-Firma.

Hilfreich war der damals einsetzende Siegeszug des Personal Computers, der auch in Frankfurt am Main neue Ideen für die Buchhaltung beflügelte: Karl-Heinz Killeit brachte 1983 eine kaufmännische PC-Software heraus und begründete damit das nach seinen Initialen benannte Unternehmen KHK. Seit 1997 gehört KHK zu Sage, als eine der landesspezifischen Lösungen zur Abwicklung von Geschäftsprozessen.

Heute steuert das Deutschland-Geschäft 5,6 Prozent zum globalen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro (2010) bei. 52,9 Prozent der Erlöse werden in Europa erwirtschaftet, 38,3 Prozent in den USA und Kanada, der Rest in den übrigen Regionen, darunter auch in Südafrika, China und Australien. Der Gruppe blieb im vergangenen Jahr unterm Strich ein Gewinn von 261,4 Millionen Euro.

"Die länderspezifischen Angebote von Sage sind für kleine Kunden tatsächlich ein Vorteil", sagt ERP-Experte Hestermann. "Bei Unternehmen mit länderübergreifenden Strukturen tut sich Sage bisher aber noch schwer." Mit 6,3 Millionen Kunden bediene Sage eine unglaublich große Zahl vor allem von kleinen und kleinsten Unternehmen - zu vergleichen mit den etwa 100.000 Kunden von SAP.

"Wir bieten Produkte an, die einfach zu bedienen sind", sagt Berruyer. "Kleine und mittlere Unternehmen stellen andere Anforderungen an ERP-Software als Großunternehmen." Während die Sage-Lösungen auf einige hundert Anwender eines Systems ausgerichtet sind, unterstützen die großen Datenbanksysteme von SAP oder Oracle mehrere zehntausend angebundene Arbeitsplätze.

Mit ihren "Connected Services", vernetzten Diensten, will die Sage Group eine Brücke anbieten zwischen den bisherigen PC-Anwendungen und neuen Web-Diensten. "Damit können kleine und mittlere Unternehmen das Web zu ihrem Vorteil nutzen, ohne dass sie die vertrauten Desktop-Lösungen aufgeben müssen, an die sie sich gewöhnt haben", erklärt Berruyer und fügt hinzu: "Wir sehen den Weg vom Desktop ins Netz als eine schrittweise Evolution." Schon einen Schritt weiter ist das Angebot von "Online Business Solutions", von Software-Diensten aus der Cloud, also aus einem Rechenzentrum im Netz.

Dazu gehört etwa die Lösung "einfachLohn", mit der nach Angaben von Sage monatlich mehr als 10.000 Lohnabrechnungen erstellt werden. Die mit dem Hardware-Partner Strato erstellte Lösung richtet sich vor allem an Selbstständige und Kleinunternehmen, abgerechnet wird pro Lohnabrechnung.

Dritter Pfeiler der Sage-Strategie auf dem Weg in die Cloud sind mobile Lösungen. In einigen Ländern seien bereits mobile Erweiterungen bestehender Desktop-Anwendungen entwickelt worden, sagt Berruyer. "Ein Handwerker kann dann vor Ort Aufträge entgegennehmen und seinem Betrieb übermitteln." (dpa/tc)