Progress Software setzt auf Open Source

MySQL erhält einen Firmenunterbau

07.07.2000
MÜNCHEN (CW) - Auf den Datenbankmarkt könnte die nächste Welle von Open-Source-Angeboten zurollen. Nach der Datenbank "Postgres" hat nun auch "MySQL" eine Firma zur Unterstützung.

Vor wenigen Wochen ist Great Bridge angetreten, mit dem Open-Source-DBMS "Postgres" den Anbietern proprietärer relationaler Produkte Paroli zu bieten (siehe CW 22/00, Seite 24). Nun hat Progress Software Corp. die Tochter Nusphere gegründet, die mit spezifischen Entwicklungen sowie kommerziellem Support und Services die Open-Source-Datenbank MySQL für professionelle Umgebungen attraktiver machen soll.

Ende Juni 2000 hatte Progress, ein sich primär an Softwarehäuser richtender Anbieter der Datenbank "Progress RDBMS" (Versionsstand 9) und von Entwicklungswerkzeugen, mit den Hauptentwicklern von MySQL Übereinkunft erzielt. Die Open-Source-Datenbank steht ab der aktuellen Version 3.23.19 unter der General Public License der Free Software Foundation.

Progress stellt für Nusphere 2,5 Millionen Dollar Kapitalerstausstattung und für künftigen 24x7-Support die Service-Center in den USA, Australien und den Niederlanden zur Verfügung. Nusphere will den Vertrieb und Support von MySQL organisieren. Allianzpartner VA Linux soll die Datenbank in die eigene Linux-Distribution aufnehmen. VA Linux bietet MySQL bereits über das Open-Source-Netzwerk Sourceforge.net an.

Es gibt bisher keine Stellungnahmen, welche Auswirkungen das Open-Source Engagement auf Progress RDBMS haben könnte. Es wäre nicht überraschend, wenn Progress die allenfalls mäßig erfolgreiche Datenbank aufgibt und Code sowie Kapazitäten seiner Datenbank-Spezialisten für MySQL zur Verfügung stellt. Ein dadurch verbessertes MySQL könnte dessen Erfolg vergrößern und dann Progress eine weit günstigere Möglichkeit bieten, ihre Datenbank-nahen Angebote wie Transaktionsmonitore und die Middleware "SonicMQ" auf Linux-Basis samt zugehörigen Service- und Support-Leistungen kommerziell zu vertreiben.

Die wichtigsten Positionen bei Nusphere besetzen der erfahrene Datenbankspezialist Britton Johnston als Vice President Development and Marketing und der Open-Source-Analyst Patrick Lannigan als Vice President Operations and Business Development. Nicht bekannt ist, ob Michael "Monty" Widenius, Kopf der MySQL-Entwicklergruppe, eine Position in dem neuen Unternehmen einnehmen wird.

Widenius begrüßte das Nusphere-Engagement im Namen der Mitentwickler als "eine große Sache für MySQL, die es uns ermöglichen wird, es auf den nächsten Level zu heben". Den sieht er darin, mehr professionelle Anwender zu überzeugen, dass die Datenbank für unternehmenskritische Web-Infrastrukturen und Anwendungen geeignet ist. MySQL ist nicht nur in Linux-Kreisen sehr beliebt, sondern läuft auch bei den meisten Providern und Suchmaschinenbetreibern.