Web

Antitrust-Prozeß

Myhrvold: Wir waren halt spät dran...

11.02.1999
Von Michael Hufelschulte
Antitrust-Prozeß

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Microsoft-Manager Cameron Myhrvold hat im Kartellverfahren gegen seinen Arbeitgeber eingeräumt, daß die Gates-Company den hauseigenen Browser "Internet Explorer" mit Macht in den Markt gedrückt habe. Unter anderem schloß Microsoft mit verschiedenen US-Internet-Providern (darunter Earthlink und Concentric Network) Exklusivverträge ab, die ihnen die Vermarktung alternativer Browser untersagten. "Als wir damals kaum Marktanteile hatten, mußten wir uns um die Verbreitung kümmern", so der Manager im Kreuzverhör. Netscape sei zu dieser Zeit ungleich populärer als Microsoft gewesen. Auf die Frage von Chefankläger David Boies, ob denn seiner Ansicht nach die Kunden von sich aus eher zum "Navigator" gegriffen hätten, räumte Myhrvold ein: "Ja, das stimmt. Wir waren nirgends. Wir waren die 'Johnny-come-latelies' im Internet." Netscape sei seinerzeit bereits in den Köpfen der Menschen als populärster Browser verankert

gewesen, so daß Microsoft quasi keine andere Wahl gehabt habe, als sein Produkt über Knebelverträge mit ISPs zu verbreiten.

Bei America Online war das natürlich ganz anders. Microsofts Marketing Chef Brad Chase, dessen schriftliche Aussage bereits verlesen wurde, bevor er heute persönlich in den Zeugenstand tritt, zitierte AOL-Chef Steve Case mit der Aussage, der Online-Dienst habe sich 1996 für den Microsoft-Browser entschieden, weil dieser der Netscape-Konkurrenz "technisch überlegen" gewesen sei. Als vor einiger Zeit ein anderer hochrangiger AOL-Manager als Zeuge der Anklage aufgetreten war, klang das allerdings noch ganz anders. David Colburn, Senior Vice-President, hatte im vergangenen Oktober (CW Infonet berichtete) erklärt: "Wir hätten uns mit Microsoft gar nicht über eine Browser-Lizenz unterhalten, hätte nicht Microsoft die Bereitschaft erkennen lassen, unsere Client-Software mit Windows auszuliefern. Da konnte Netscape leider nicht mithalten."