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Musikindustrie nimmt europäische Fileswapper ins Visier

20.01.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Nach den Erfolgen in den USA will die Musikindustrie in Kürze auch in Europa gegen Nutzer illegaler Tauschbörsen gerichtlich vorgehen. Die ersten Anzeigen werden vermutlich bereits in diesem Jahr erfolgen, so Allen Dixon, Rechtsberater des in London ansässigen Internationalen Verbandes der Phonografischen Industrie (IFPI), gegenüber dem "Wall Street Journal".

Nach Ansicht vieler Offizieller ist ein schärferes Vorgehen in Europa lange überfällig. So seien allein in Deutschland laut IFPI-Schätzungen im ersten Halbjahr 2003 erstmals mindestens ebenso viele Songs aus dem Internet heruntergeladen und illegal auf CD gebrannt worden, wie verkauft wurden. Gleichzeitig sei der Umsatz der Branche gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 18,1 Prozent zurückgegangen. In den USA dagegen, wo der Dachverband RIAA im September 2003 erstmals Klagen gegen angebliche Nutzer von Online-Tauschbörsen eingereicht hatte, blieben die Einnahmen der Musikindustrie im vergangenen Jahr mit minus 0,8 Prozent erstmals wieder nahezu konstant. Eine Telefonbefragung im Dezember 2003 ergab außerdem, dass nur noch 14 Prozent der US-Surfer Software wie Kazaa oder Grokster nutzen, um Musik aus dem Netz zu laden. Im Frühjahr hatten dies noch 29 Prozent eingeräumt. Auf absolute Zahlen hochgerechnet entspricht dies einem Rückgang von 35 auf 18 Millionen

US-Amerikaner. Auch die Zahl der Power-User ist rückläufig: Während zwischen März und Mai noch vier Prozent aller Befragten angaben, täglich Musik aus dem Netz zu ziehen, waren es zu Ende des Jahres nur noch ein Prozent (Computerwoche online berichtete). Die Erfahrung in den USA habe gezeigt, dass eine Reihe von Nutzern erst unter Androhung empfindlicher Strafen einsichtig werden, so IPFI-Berater Dixon.

Eine Studie der NPD Group deutet jedoch an, dass die Musikpiraterie in den Vereinigten Staaten nach dem ersten Schock wieder zunimmt. So fanden die Marktforscher heraus, dass die Zahl der US-Haushalte, die entsprechende Tauschbörsen nutzen, in den Monaten Oktober und November um sechs beziehungsweise sieben Prozent zunahmen. Zuvor war die Anzahl sechs Monate in Folge zurückgegangen. (mb)