Massive Attacke auf Versicherungsgesellschaft:

Monsignore Allwissend und der Datenschutz

03.12.1982

WIEN (eks) - Das Datenschutzbewußtsein in Österreich scheint zu wachsen. Einen an sich nicht ganz geeigneten Fall nahm das Fernsehen zum Anlaß einer massiven Attacke auf eine Versicherungsgesellschaft. Ein Salzburger geht zum Höchstgericht, um Datenübermittlung an die katholische Kirche zu verhindern,

Erst im Juni hatten Kommunalpolitiker darüber geklagt, wie sehr sie der Datenschutz beim Beglücken der Bürger hindere (CW Nr. 27/82). In Wien staunten einige Bewohner des 2. Bezirks, als unversehens Versicherungsvertreter mit den Computerausdrucken der Wählerlisten der letzten Nationalratswahl auftauchten.

Der ORF nahm sich der Sache an und zitierte den Versicherungsdirektor und die Datenschutzexperten der drei Parlamentsparteien vor die Konsumentenschutzsendung "Argumente". Obwohl sicher erfreulich, wenn sich Osterreichs größtes Medium der Datenschutzproblematik annimmt, so hat man hier eher den Falschen erwischt. Auch wenn ein als Gutachter befragter Informatikprofessor flugs vom Verstoß gegen das Datenschutzgesetz und der Obmann des Konsumentenschutzverbandes von Skandal sprach.

Denn zweifellos ist das Verkaufen von Versicherungen ein "berechtigter Zweck" einer Versicherungsgesellschaft, und die dafür nötigen Daten dürfen daher auch "ermittelt", also irgendwie beschafft werden. Eher befremdlich ist, daß Daten, die im öffentlichen Bereich ermittelt wurden, aus diesem Bereich an einen privaten Rechtsträger "übermittelt" wurden.

Die Zulässigkeit dieses Vorgangs ist zweifelhaft, und die Verantwortung hierfür liegt ausschließlich bei den betreffenden öffentlichen Stellen. In den nächsten Sendungen will man der Frage nachgehen, wie Kontoauszüge von Bausparkassen in die Hände von Vermögensberatern geraten sind.

Bekehrung verlorener Schafe berechtigter Zweck?

Die Erzdiözese Salzburg installiert derzeit eine Datenbank, aus der ab Anfang 1983 Geburtsdatum, Familienstand, Beruf, Religionsbekenntnis und Wohnsitz jedes Salzburgers abgerufen werden können. Die Daten dazu stammen aus der kürzlich durchgeführten Haushaltslistenerfassung.

Es mag noch angehen, daß die Kirche diese Daten ihrer Mitglieder führt. Obwohl die Übermittlung der gesetzlich geforderten genauen "Berufsbezeichnung" bei manchem leitenden Angestellten zu Diskrepanzen zwischen der Einkommensselbsteinschätzung und den Kirchensteuererwartungen der Hirten führen wird. Aber die Daten der Nichtangehörigen haben hier wirklich nichts verloren. Es sei denn, die katholische Kirche erklärt die automationsunterstützte Bekehrung verlorener Schafe zum berechtigten Zweck.

Ein Salzburger wandte sich jedenfalls an das Verfassungsgericht. Rechtsexperten geben ihm gute Chancen.