Modellehe

29.11.1985

Deregulierte Fernmeldeverwaltungen, heißen sie nun British Telecom oder Nippon Telephone & Telegraph (NTT), haben offenbar auch nach erzwungener Abmagerungskur ein Faible für Schwergewichtiges. Ihres Monopols zum Teil beraubt und bei den neuen Mehrwertdiensten (VAN) unvermittelt dem rauhen Wind des Wettbewerbs ausgesetzt, scheint es nur eine Lösung zu geben: das Bündnis mit IBM.

Was kümmert es dabei die gebeutelten frisch Privatisierten, daß es meist gerade die Armonker waren, die in vorderster Front und mit dem Rückenwind der US-Regierung gegen das staatliche Fernmeldemonopol zu Felde zogen!

Was in Großbritannien bereits unter Dach und Fach schien, dann aber in letzter Minute doch noch vom Handelsministerium untersagt wurde, nämlich die Liaison zwischen dem Netzträger und dem DV-Marktführer, stößt in Japan auf keine ernst zu nehmenden Widerstände. Schließlich kann es sich die Regierung in Tokio kaum leisten, angesichts der anhaltenden Vorwürfe seitens der USA wegen unfairer Handelspraktiken den Deal zwischen NTT und IBM zu untersagen. Zudem ist IBM mit "nur" 28 Prozent Marktanteil nicht die Nummer 1 in Japan.

Angesichts der anhaltenden Liberalisierungsdebatte bei uns und des zunehmenden Drucks auf die Bundespost, bei Value Added Services Konkurrenz zuzulassen, könnte das Beispiel Japan auch hierzulande Schule machen. Da IBM den Markt dominiert, wäre es allerdings überflüssig, erst umständlich die SNA-Architektur an die öffentlichen Netze anzupassen. Minister Schwarz-Schilling geriete nicht mehr in Begründungszwang bei der Auftragsvergabe an IBM, das leidige Thema OSI erledigte sich von selbst und die Datenanwender wären das Postjoch los. In der Not frißt manchmal auch der Verteufelte Fliegen, vor allem, wenn der Verbündete kein Fliegengewicht ist.