Merrill Lynch stuft Branche als neutral ein

Mobilfunkmarkt ist weitgehend gesättigt

11.10.2002
MÜNCHEN (CW) - Das Mobilfunkgeschäft in Europa ist gesättigt. Weniger Neukunden und kaum mehr wachsende Nutzergebühren deuten darauf hin, dass die Branche ihren Höhepunkt erreicht hat. Für die einschlägigen Anbieter bedeutet das, mehr auf die Kostenseite zu schauen sowie den Blick auf neue Produkte und Services zu richten.

In den vergangenen zehn Jahren stiegen die Ausgaben der Endkunden für Festnetztelefon und Handy stärker als das Bruttosozialprodukt der meisten Länder. Damit hat es nun ein Ende. Zu diesem Ergebnis kommen die Analysten der Investmentbank Merrill Lynch, und auch Meta Group spricht von einer Sättigung des Marktes. Die meisten europäischen Haushalte sind mit Geräten versorgt, Wachstum über Neukunden zu erzielen ist damit für die Betreiberfirmen keine Option für die Zukunft mehr. Extrembeispiel Italien: 87 Prozent der Bevölkerung sind zwischen zehn und 80 Jahre alt, und 91 Prozent der Bevölkerung besitzen ein Mobiltelefon. Ein ähnliches Bild zeichnet sich in Großbritannien ab, hier berechnete Merrill Lynch die Durchdringungsquote auf 81 Prozent. Da wundert es wenig, dass das Wachtum der Neukunden in England im vergangenen Jahr gleich null war, in Spanien, in Deutschland und Frankreich wuchs das Geschäft um bescheidene zwei beziehungsweise drei Prozent.

Der durchschnittliche Haushalt, so die Analysten weiter, gibt rund 100 Euro pro Monat an Telefonkosten aus. Damit scheint die Schmerzgrenze erreicht. "Wir gehen davon aus, dass es schwer wird, diesen Betrag im Laufe der Zeit noch weiter zu erhöhen", schreiben die Merrill-Lynch-Experten in ihrer jüngsten Studie zum Mobilfunkmarkt "Initiation Report: Telecom Services".

Die Umsätze werden sich allerdings verschieben - und zwar vom Festnetz zum Mobilfunkgeschäft. Eine Entwicklung, die bereits in den letzten Jahren zu beobachten war. Dieser Trend gewährt den Mobilfunkern jedoch nur eine kurze Atempause, auf Dauer wird sich nach Ansicht der meisten Marktbeobachter der Umsatz im Gesamtmarkt stabilisieren.

Nicht nur die Industrie, auch potenzielle Investoren stellen nun die Frage nach alternativen Wachstumsmöglichkeiten. Daher stufen die Investmentbanker in ihrer Anlageempfehlung das gesamte Segment bis auf weiteres als neutral ein. Sie raten den Firmen zu einem straffen Kosten-Management sowohl bei operativen Aufwendungen als auch auf Seiten der Kapitalinvestitionen. Dies führt zwar nicht zu einem Anstieg des Geschäfts, sichert aber (zunächst) das Überleben. Ein weiterer Fokus sollte auf den Auf- und Ausbau der Marke gelegt werden. Denn auch in Zukunft wird der Name des Unternehmens die Entscheidung der Kunden beträchtlich beieinflussen. Nicht zuletzt müssen die Firmen auf neue Produkte und Services setzen. Möglichkeiten eröffnen sich hier in Richtung Spiele, Multimedia-Dienstleistungen oder Location-based Services. (rs)

Abb: Mobilfunk - Marktpenetration in Europa

Langsameres Wachstum: Aufgrund der hohen Verbreitung von Mobiltelefonen in den einzelnen Ländern bietet das Neukundengeschäft keine Zukunft mehr. Quelle: Merrill Lynch