Auch im Lager zeichnet sich der papierlose Informationsfluß ab; Teil 1:

Mobile Terminals optimieren die Lagerhaltung

09.11.1984

Alle sprechen vom papierlosen Büro und von der Revolution in der Büroorganisation. Was im Büro Tatsache werden soll, zeichnet sich jetzt auch im Lagerbereich ab: der papierlose Informationsfluß. Die mechanischen Automatisierungsmöglichkeiten im Lagerbereich haben bereits einen hohen Technisierungsgrad erreicht. Als nächste Rationalisierungswelle wird nun die Integration des Informationsflusses eingeleitet: mit einem Infrarot-Datenübertragungssystem für den drahtlosen Datenaustausch zwischen dem ortsfesten Rechner und den mobilen Terminals.

Die spürbar steigende Nachfrage decken Systemlieferanten und Gerätehersteller heute mit zwei grundsätzlich verschiedenen Technologien ab, dem Datenfunk und der Infrarot-Datenübertragung mit mobilen Online-Terminals (MOB). Aufgrund der bisher gemachten Erfahrungen beim Einsatz in Lagerhallen (Schweizer Schokoladenfabrik Lindt & Sprüngli in Altendorf, Tegut, Lebensmittel-Filialbetrieb in Fulda, co op und Rewe in Dortmund) weist die Infrarot-Datenübertragung gegenüber dem Datenfunk nach Angaben von R. Jost, Geschäftsführer der Opta System AG, Zürich, gewisse Vorteile auf (zum Beispiel niedrigere Kosten, höhere Stationenzahl). Mit dieser Entwicklung und den in der Zwischenzeit ebenfalls verfügbaren Hochleistungs-Barcodelesegeräten und barcodefähigen, preisgünstigen Schnelldruckern rückt das integrierte Logistik-lnformations-System (Ilis) in den Bereich des Möglichen.

Durch ein neuartiges Dialogsystem zwischen Stapler, Kommissionierer und einem Rechner können die Stapelarbeiten optimiert und die Wartezeiten für die Kommissionierer verkürzt werden. Stapelfahrer und Kommissionierer stehen über taschenrechnergroße Handterminals in direktem Kontakt mit dem Zentralrechner. Der Kommissionierer fordert fehlende Ware durch Eintippen der Geifzonennummer beim Zentralrechner an. Ein Steuerungsprogramm sucht die zugehörige Reserve und erteilt dem nächststehenden Stapler einen Umlageauftrag. Alle Daten werden drahtlos durch Infrarotlicht übertragen.

Chaotisches Reservelager

Die Lagerkapazität einer Lagerhalle mit hohen Regalen wird nur dann wirtschaftlich ausgenutzt, wenn man flexibel in der Platzzuweisung für die Reserve-Artikel bleibt. Das bedeutet, daß alle Artikelarten in der Reservezone keine festliegende Platzzuordnung besitzen. Der Kommissionierer, der eine bestimmte Artikel-Palette in der Greifzone, das heißt der unteren Regalebene, leer vorfindet, weiß daher nicht, wo sich die zugehörige Reserve in der oberen Regalebene befindet.

Er muß in der Lagerhaltungsdatei, in der alle Wareneingänge mit Reserveplatz-Nummer gespeichert sind, nachsehen, wo die Reserve lagert. Sodann kann er einen Stapelfahrer anweisen, ihm die gewünschte Palette aus dem oberen Reservebereich an den leeren Greifzonenplatz zu bringen. Der Kommissionierer muß dann den frei gewordenen Reserveplatz in der Lagerhaltungsdatei als "leer" eintragen.

Dieser Ablauf wird durch das Coss-System (Computer Optimized Storehouse System) automatisch gesteuert, dabei bedeutend vereinfacht und erheblich beschleunigt. Die Lagerbelegungsdatei ist auf Magnetplatte abgespeichert, der Zugriff erfolgt vom Zentral-Computer aus. Durch Coss wird der direkte Dialog zwischen Kommissionierer, Zentral-Computer und Stapelfahrer ermöglicht, wodurch viel Zeit eingespart wird. Darüber hinaus werden die Fahrwege der Flurförderzeuge in der Weise optimiert, daß der zur Ausführung eines Auftrages am günstigsten positionierte Staplerfahrer den Auftrag zugeteilt bekommt, was eine weitere Beschleunigung der Auftragsabwicklung bewirkt. Die Daten werden über Infrarot-Sendestrecken den einzelnen Teilnehmern übermittelt.

Zu Coss gehören laut Jost Handterminals in Taschenrechnerformat, die sowohl an die Kommissionierer als auch die Staplerfahrer ausgegeben werden. Stellt der Kommissionierer fest, daß ein von ihm benötigter Artikel in der Greifzone fehlt, tippt er in sein Terminal die Nummer der leeren Greifzone ein.

Die Nummer erscheint in seiner Terminalanzeige. Dies ist gleichzeitig eine Kontrolle dafür, daß die Infrarot-Datenübertragung fehlerfrei war, da die Anzeige nicht durch die Terminaltaste gesteuert wird, sondern durch das von einem Prozeßrechner zurückgesandte Signal.

Durch Betätigung der Taste "Auftrag erteilen" wird die Nummer der leeren Greifzone über Infrarot-Sendestrecke und Prozeßrechner dem Zentral-Computer mitgeteilt. Der Computer sucht die zu dem angeforderten Artikel gehörige Reservezonen-Nummer in der Lagerhaltungsdatei. Aufgrund vorher erteilter Aufträge "weiß" er, welcher Stapler sich dieser Reservezone am nächsten befindet.

In dessen Terminalanzeige wird die entsprechende Reservezonen-Nummer ausgeschrieben. Gleichzeitig leuchtet die Lampe "Auftrag erteilt" auf. Diesmal erfolgt der Datenfluß vom Zentral-Computer über Prozeßrechner und Infrarot-Strecke zum Terminal. Der Stapler holt die Reserve-Palette, deren Reservezonen-Nummer ihm angezeigt wird.

Beim Wareneingang werden auf allen Paletten Aufkleber angebracht. Darauf läßt sich die Zuordnung zwischen Greifzonen- und Reservezonen-Nummer ablesen. Der Staplerfahrer kann also sofort feststellen, wo er die von ihm geholte Palette hinzubringen hat, nämlich an eine Stelle, die der Kommissionierer als leer gemeldet hat.

Nach Erledigung des Auftrags drückt er die Taste .,erledigt-- und meldet sich dann wieder "bereit", um neue Aufträge entgegenzunehmen. In der Lagerhaltungsdatei wird die nun frei gewordene Reservezone gelöscht und damit dem Wareneingang bereitgestellt. Damit ist der übliche Ablauf einer durch Coss gesteuerten Beschickung der Greifzone mit Waren aus der Reservezone abgeschlossen.

Ordnung durch Organisation

Die durch Coss gesteuerten Dialogmöglichkeiten sind damit noch nicht erschöpft. So kann laut Ipta System zum Beispiel der Stapelfahrer den Kommissionierer informieren, falls der erteilte Auftrag aus irgendeinem Grund nicht ausführbar ist. Ferner kann er die Position seines Fahrzeuges eingeben, um bei der Wegoptimierung berücksichtigt zu werden.

Die Anzahl der Teilnehmer, das heißt, die Anzahl der an Coss beteiligten Handterminals ist prinzipiell uneingeschränkt. Eines der größten zur Zeit installierten Systeme wird mit 32 Teilnehmern betrieben. Dabei handelt es sich um acht Stapler, 22 Kommissionierer und zwei Kontrollterminals. Die Zeit zwischen Auftragserteilung und Auftragsabschluß liegt dabei im Schnitt unter zwei Minuten.

Der Trend zum Bau automatisierter wie auch handbedienter Kleinteilelager ist in den letzten Jahren unverkennbar. Das Angebot geeigneter Lager- und Fördereinrichtungen mit hohem Rationalisierungspotential findet Abnehmer in den verschiedensten Branchen und für die unterschiedlichsten Lagergüter.

Die folgende Aufstellung über die Lagergüter zeigt einen Ausschnitt aus realisierten Anlagen:

Die hauptsächlichsten Gründe für den Bau von Kleinteilelagern sind nach einer Übersicht von Franz Husmann und Franz Gisin von der schweizerischen Walter Stöcklin AG, Dornach:

- Die IST-Situation vor einer Neuplanung ist meistens gekennzeichnet durch verzettelte Lagerhaltung und einen unübersichtlichen Lagerbetrieb sowohl im Lagerverwaltungs- wie im Personalbereich. Konzentration, Ordnung und bessere Lagerbewirtschaftung sind die Zielsetzungen für die Planung.

- Die Auftragsabwicklung - Kernfunktion eines Lagerbetriebes - wird beschleunigt und durch den konsequenten Einsatz von EDV qualitativ verbessert.

- Die Bauhöhe wird besser benutzt. Moderne Kleinteilelager benötigen noch ungefähr 15 bis 25 Prozent der Grundfläche eines konventionellen Gestellagers von beispielsweise 2,2 Meter Höhe.

- Durch Optimierung der Kommissionierarbeitsplätze und moderner Informatiksysteme können die Kommissionierleistungen pro Person bis 300 Prozent gesteigert werden. Die Folge sind Betriebskosteneinsparungen beziehungsweise gute Rentabilität der investierten Anlagekosten.

- Nicht zuletzt haben die Anlagenbauer Lagerbediengeräte und Kommissionieranlagen entwickelt, die mit den verschiedensten Ladeeinheiten betrieben werden können. Die Umschlagleistungen bei automatischen Bediengeräten sind in den letzten Jahren verdoppelt worden.

Umschlag verdoppelte sich

Kleinteilelager sind aufs Engste mit dem Kommissionierprinzip verknüpft. Für die Grobunterscheidung der Systeme können deshalb die beiden Verfahren

1. Mensch mit Maschine zur Ware

2. Ware mit automatisiertem Regalbediengerät zum Kommissionierplatz gelten. Von beiden gibt es verschiedene Feinheiten wie

- integrierte oder getrennte Lager für die Bevorratung größerer Mengen pro Artikel

- kombinierter Einsatz verschiedenster Ladeträger (Kleinpaletten Behälter, Tabletts, Gestelltablare),

- Arten der vorgelagerten Kommissioniersysteme beziehungsweise deren Fördereinrichtungen (ein- oder mehrstufige Kommissionierung),

- Maschinentechnik (Flurförderzeuge, schienengeführte Regalbediengeräte).

Als die wesentlichsten systembestimmenden Faktoren gelten die folgenden Einflußfaktoren:

- Lagergut-Charakteristiken (Größe und Gewicht) über das ganze Sortiment,

- Auftragsstruktur und Auftragsabwicklungsbedingungen,

- verlangte Auslagerleistungen (Anzahl Artikel und Positionen Mengen) pro Tag,

- Lagerdauer der Güter,

- bauliche Bedingungen.

wird fortgesetzt