Mit SOA gutes Geld verdienen

19.12.2006
Von Melanie Mack
Ab 2009 wird sich SOA positiv auf den hiesigen Beratermarkt auswirken. Die Nachfrage und die Tagessätze dürften wieder nach oben gehen. Anwender steigen langsam, aber sicher auf den Zug auf.
Das vorsichtige Investitionsverhalten bremst den SOA-Zug hierzulande.
Das vorsichtige Investitionsverhalten bremst den SOA-Zug hierzulande.

In den vergangenen Monaten wurden zahlreiche Prognosen rund um die Einführung von Service-orientierten Architekturen, kurz: SOA, aufgestellt. Die einen meinten, die führenden Anbieter von Anwendungspaketen würden hier die Oberhand behalten, da ein robuster ERP-Backbone eine SOA unnötig mache. Andere behaupteten, Offshore-Unternehmen würden davon am meisten profitieren.

Wieder andere kündigten dramatisch den "Tod von ERP durch den Einsatz Service-orientierter Architekturen" an. Manche schürten die Angst der Unternehmen und warnten vor spektakulärem Scheitern von SOA-Projekten. In Sachen Terminologie wurde mit SOA 2.0 ein neues Schlagwort kreiert. Bei den technischen Aspekten stand vor allem der Verzeichnisdienst (Repository) einer SOA im Mittelpunkt, ebenso SOA-Governance, die grundlegende Voraussetzung für eine langfristig erfolgreiche SOA.

Unkenrufe bremsen Anbieter nicht

Die Anbieter jedenfalls kümmerten sich nicht viel um Unkenrufe und setzten stark auf SOA. In den vergangenen zwei Jahren hat die Zahl der SOA-Anbieter stark zugenommen, und es tummelt sich eine Vielzahl unterschiedlicher Produkt- und Serviceanbieter auf dem Markt. Gerade die Produktanbieter haben das Thema SOA in diesem Jahr stark vorangetrieben. Die großen Anbieter (allen voran SAP und Oracle) haben eine SOA-Roadmap für ihre Produkte vorgelegt. Key Player auf der Anbieterseite sind die Unternehmen SAP, IBM, Oracle, Microsoft und die Software AG. Aber auch Spezialisten wie Tibco, webMethods, BEA Systems, Sun (Seebeyond), Vitria und Iona Technologies spielen eine Rolle.

Auf Seiten der Anwendungen entwickelt sich SOA zu einem Marathon zwischen den beiden globalen ERP-Anbietern: SAP plant seine Suite, basierend auf Enterprise SOA, bis 2007 auf dem Markt zu haben, während Oracle die erste Version seiner Fusion Application Suite bis 2008 herausgeben will.

Auch IBM hat in diesem Jahr sehr aggressiv seine SOA-Strategie beworben. Besonderen Wert legte Big Blue darauf, Referenzkunden wie Wöhrl und die Stadtwerke Leipzig vorzustellen, um so die Reife seiner SOA-Plattform zu demonstrieren.

BEA Systems stellte ebenfalls seine SOA-Strategie mit dem Namen "SOA 360" vor. Das Konzept soll alle Infrastrukturprodukte vereinen. Basierend auf der Microservice Architecture soll der Application Server "Weblogic" in modulare Services heruntergebrochen werden. Der Anbieter Iona Technologies, der über einen quelloffenen ESB verfügt, hat bewiesen, dass sich SOA-Projekte auch mit Open-Source-Software bewerkstelligen lassen. Open-Source-SOA bietet Kunden den Vorteil, keine Abhängigkeit vom Anbieter zu erzeugen, was ja Anbietern von proprietärer Software häufig vorgeworfen wird.

Die Softwareanbieter sind also in Sachen SOA schon sehr aktiv. Wie sieht es mit den IT-Service-Anbietern aus?

IBM GS und Accenture werden laut Erwartungen PACs strategische Partner bei SOA-Implementierungen werden. Weiter werden die IT-Dienstleister SD&M, T-Systems, McKinsey, CSC, HP und Atos Origin bei SOA-Projekten eine Rolle spielen. Dabei hat IBM den Vor- und Nachteil, gleichzeitig sein eigenes WebSphere-Produkt ins Rennen zu schicken. Accentures Ansatz wiederum lautet, sowohl Oracles Fusion-Infrastruktur als auch SAPs NetWeaver intensiv zu unterstützen und darauf aufbauend zu entwickeln.

Offshore-Anbieter haben einen großen Anteil an zusammengesetzten Anwendungen meist mit SAP-Basis; neben langjährigen Offshore-Partnern wie Wipro legen inzwischen auch Unternehmen wie Infosys und Tata ihren Schwerpunkt mehr auf SAP als zuvor.

PAC geht davon aus, dass Umsätze aus SOA-Projekten im Bereich Consulting hauptsächlich durch Prozess- und IT-Architektur-Consulting generiert werden. Da sich SOA ab 2009 / 2010 nach Erwartungen PACs zu einem echten Markt mit signifikantem Volumen mausern wird, wird nicht nur die Nachfrage nach SOA-Beratern steigen - auch die Beratersätze in diesem Bereich werden sich nach oben bewegen.

Der deutsche SOA-Markt, der sich aus Projektgeschäft und Infrastruktursoftware sowie Tools (Produktumsatz) zusammensetzt, weist nach Schätzungen von PAC 2006 ein Volumen von rund 104 Millionen Euro auf. Die Marktzahlen beinhalten keine Umsätze aus kaptiven SOA-Projekten. Das Marktvolumen ist noch relativ gering, und die Anzahl an SOA-Projekten hat sich noch in Grenzen gehalten. Die Unternehmen haben zwar generell die Vorteile einer SOA erkannt, zögern aber immer noch mit der Umsetzung. Noch immer sind die SAP-User ein wenig zurückhaltend, es gibt aber trotzdem schon eine gute Anzahl an Migrationen auf mySAP ERP 2005. Allerdings sind diese weniger durch SOA getrieben, sondern durch den Umstand, dass die Standardwartung für ältere SAP-Versionen sich dem Ende nähert.

Altsysteme erweitern

Besonders interessant wäre SOA für Unternehmen aus dem Bereich Telekommunikation, da diese aus Wettbewerbsgründen ihre operative Effizienz noch weiter verbessern müssen. Auch Banken könnten von SOA profitieren, unter anderem weil derzeit viele mit ihren Altsystemen kämpfen und daher vor der Entscheidung stehen, neue Lösungen wie SAP einzuführen oder einzelne Anwendungen auszulagern. Auch in den anderen europäischen Ländern fanden SOA-Projekte größtenteils in diesen beiden Branchen statt, da sie bereits viel Erfahrung im Bereich Enterprise Application Integration (EAI) und in Architekturprojekten mitbringen. Im europäischen Vergleich hinkt der SOA-Markt in Deutschland in Bezug auf die Marktreife noch hinter Großbritannien und Frankreich her.

Organisation umkrempeln

Warum ist dem so angesichts der Vorteile von SOA? Deutschland gilt generell als vorsichtiger Markt - man greift gerne auf bewährte Standards zurück. Da nun aber innovative Unternehmen, die früh SOA getestet haben, fehlen, dauert es viel länger, bis SOA als Geschäftsstrategie akzeptiert wird.

Am meisten jedoch stehen Fragen der Unternehmensführung und -organisation SOA im Wege. Denn SOA krempelt die gesamte Organisation sowie die Arbeitsweise der Mitarbeiter eines Unternehmens um. Neue Rollen sowie ein SOA-Gremium müssen geschaffen werden. Entsprechend wird über den Erfolg einer SOA-Einführung entscheiden, wie sehr das Top-Management wirklich hinter SOA steht.

Melanie Mack ist Analystin und Beraterin bei PAC (E-Mail: m.mack@pac-online.com).