"Unsere Zielsetzung: Das Management soll die bestimmende Mehrheit haben"

Mit Helmut Ricke, dem Vorsitzenden der Geschäftsleitung der Kronacher Loewe Opta GmbH, sprach CW-Redakteurin Claudia Marwede-Dengg

03.05.1985

- Loewe Opta ist ja seit einiger Zeit dabei, sich von einem Unternehmen der Unterhaltungselektronik zu einem Unternehmen der Kommunikationstechnik zu wandeln. Welche Schwerpunkte setzen Sie dabei?

RICKE: Zentraler Punkt wird für uns Bildschirmtext sein, Btx ist für alle neu und damit für uns eine gute Voraussetzung, auf diesem Wege ins Büro einzudringen. Natürlich wissen wir dabei, daß der Büroarbeitsplatz von morgen nicht nur den Bildschirmtext-Monitor, sondern eine Vielzahl anderer Funktionen beinhaltet. Genau da liegt unser Schwerpunkt in der Entwicklungsarbeit und in der Produktionsplanung.

- Zusammen mit dem Kieler Unternehmen Hagenuk haben Sie ja als einer von mehreren Anbietern ein multifunktionales Terminal, kurz "Multitel", entwickelt. Wie beurteilen Sie die derzeitigen ordnungspolitischen Querelen zwischen Post- und Wirtschaftsministerium um die "Liberalisierung" auf dem Endgerätemarkt vor diesem Hintergrund?

RICKE: Erst einmal haben sich mit der Entwicklung dieses Bildschirmtelefons eine Reihe von Firmen beschäftigt. Wir gehen davon aus, daß wir das erste lieferbare Bildschirmtext-Telefon mit farbiger Wiedergabe anbieten werden. Wir sehen die gegenwärtige Diskussion und die Zulassung unseres Gerätes insofern gelassen, weil wir inzwischen sehr exakt übersehen, daß zwar die deutsche Bundespost als Anbieter von Bildschirmtext-Telefonen ihrerseits auftritt, daß wir aber die Möglichkeit haben werden, über unsere klassischen Vertriebswege diese Geräte an jeden Interessenten zu verkaufen der sie an einen Hauptanschluß anschließen kann. Wir sehen also derzeit keine Behinderung in der Entwicklung, sondern eher eine klare und eindeutige Öffnung in eine gute Richtung.

- Bis Ende April soll die Neuverteilung der Loewe-Gesellschaftsanteile über die Bühne gegangen sein. Wie kam es denn ausgerechnet zu dieser Lösung mit einer 51prozentigen Mehrheit in den Händen des Loewe-Managements?

RICKE: Als erkennbar war, daß Philips nicht nur die in der Vergangenheit immer in Rede stehenden 15 Prozent besaß, wurde uns eines klar: Mit der Veräußerung nennenswerter Anteile am Unternehmen bestand eine gewisse Gefahr oder ein großes Risiko, daß das Unternehmen in eine fremdbeherrschte und -bestimmte Situation geraten könnte, möglicherweise sogar aus fernen Landen fremdbestimmt. Da wir - das gilt nicht nur für mich, sondern für das gesamte Loewe-Management - uns mit dem Unternehmen und seinen Zielen sehr identifizieren, denn wir haben sie ja letztlich bestimmt, haben wir sehr intensiv nach Möglichkeiten gesucht, diese Fremdbestimmung zu unterbinden und weiterhin unseren eigenen Kurs segeln zu können. Da sind wir natürlich sehr schnell an dem Punkt gewesen, daß das nur zu machen ist, indem wir Anteile erwerben. Bald wurde aber auch klar, daß das Verhindern von Fremdbestimmung, aus welcher Richtung auch immer, erst bei 51 oder 50,1 Prozent anfängt. So kam es dann, daß wir uns mit den Altgesellschaftern und auf die Übernahme von 51 Prozent durch unsere Management-Gesellschaft verständigt haben.

- Wie wurden Sie denn fündig bei der Suche nach den weiteren Gesellschaften? Eine Venture-Capital-Gesellschaft - die Berliner Technologie Investoren Gesellschaft mbH & Co - hält ja 26 Prozent, und die restlichen 23 Prozent sind bei der Dresdner Bank geparkt.

RICKE: Von Anfang an war eindeutig unsere Zielsetzung, daß das Management die bestimmte Mehrheit haben soll. Wir wollen aber auch einen industriellen Partner haben, der eigene Interessen hat, aber nicht zu bestimmend wird. Die TIG als Investorengemeinschaft und mit renommierten Gesellschaftern im Hintergrund bot sich daher an. Die geparkten Anteile, die derzeit im Besitz der Dresdner Bank sind, halten wir für einen industriellen Partner bereit, der nach Möglichkeit für uns interessant ist, das heißt, vorzugsweise aus dem Feld der Telekommunikation im weitesten Sinne. Wir konnten feststellen, daß wir mit den 23 Prozent eine ganz attraktive Braut sind. Wir haben eine ganze Reihe Interessenten.

- Wer wäre Ihnen denn lieber: ein großes Unternehmen oder ein von der

Größenordnung her mit Ihnen vergleichbares?

RICKE: Natürlich liegen unsere Sympathien in erster Linie bei einem Unternehmen, dessen konkrete Zielsetzung sich mit der unsrigen deckt. Daneben spielt die Größenordung des Partners natürlich erst eine sekundäre Rolle, wenngleich wir durchaus wissen, daß Loewe als relativ kleines Unternehmen sich im Fall der Kooperation mit einem Elefanten schwertun würde.

- Wie sieht es mit dem diesjährigen Geschäftsjahr aus, und welche Erwartungen haben Sie für 1985?

RICKE: Wir haben im vergangenen Jahr eine Umsatzsteigerung gehabt von zwei Prozent, dies wäre größer ausgefallen, hätten wir uns in der Unterhaltungselektronik nicht bewußt Beschränkungen auferlegt. Wir sind aber ziemlich stolz, daß wir wieder einen brauchbaren Gewinnabschluß erreicht haben: Knapp drei Prozent vom Umsatz für 1984, Für das nächste Jahr rechnen wir mit einem zweistelligen Zuwachs in Mark, nicht in Stück; das ist, wenn man so stark in der Unterhaltungselektronik tätig ist, ein wichtiger Unterschied. Dieses Wachsturn wird anteilig kommen aus den neuen Aktivitäten der professionellen Sparte, aber auch in diesem Jahr noch vor allem aus der Unterhaltungselektronik. In der Bürokommunikation werden wir unser Umsatzvolumen im Bereich Btx im weitesten Sinn von den 40 Millionen, die wir im vergangenen Jahr erreicht haben, auf 60 Millionen steigern. Im vergangenen Jahr gab es einen Steigerungsfaktor von über 100 Prozent das wird in diesem Jahr nur noch bei 50 Prozent liegen.