Mit Geldstrafen Firmen zum Rückzug gezwugen - lllegale Geschäfte florieren trotzdem weiter IBM: Schlag gegen Mikronachbauten aus Taiwan

25.01.1985

TAIPEH (CW) - Mit einem blauen Auge kamen eine Reihe von taiwanischen Elektronikfirmen bei einer Kraftprobe mit IBM davon: Sie hatten Mikros des Marktführers in großen Stückzahlen widerrechtlich nachgebaut und wollten sie darüber hinaus auf den US-Markt bringen Der Branchenjumbo stoppte nun unter Androhung hoher Geldstrafen die unsauberen Praktiken der Mikro-"Kopierer".

Elf taiwanischen Firmen war IBM beim heimlichen Nachbau von Arbeitsplatzcomputern auf die Schliche gekommen. Sie ließ Inventar und Unterlagen beschlagnahmen und forderte ultimativ einen "Baustop". Sieben Firmen traten daraufhin den Rückzug an, um einer Geldstrafe von insgesamt 125 000 Dollar zu entgehen. Sie erklärten sich ferner dazu bereit, im Laufe der nächsten fünf Jahre bei etwaigen Nachbauten zunächst das "Okay" von IBM abzuwarten.

Zwei Unternehmen jedoch gingen auf Konfrontationskurs und klagten IBM wegen Hausfriedensbruch an. Nach Meinung von Branchenkennern gehen die verbotenen Aktivitäten trotz des Einschreitens der IBM ungebrochen weiter. So würden von kleineren Unternehmen monatlich einige Dutzend Geräte gebaut und vertrieben.

In vielen Fällen gelang es aber auch, die IBM-Vorschriften zu umgehen. Teilweise nämlich verzichteten die nationalchinesischen Unternehmen auf den Nachbau des mit Copyright belegten Betriebssystemteils "Bios" bei den IBM-Mikros. Statt dessen leasten sie einfach das Betriebssystem CP/M von Digital Research. Die Firma Copam Electronics entwarf ihr eigenes "Bios", und damit gelang ihr laut "Financial Times" als erstem taiwanischen Unternehmen die IBM-Rechenzwerge in größeren Stückzahlen abzusetzen.

Die halbstaatliche Research and Service Organization Erso, die brav mit den Armonkern zusammenarbeitete, drohte an IBMs Bios zu scheitern. Da sie den Vorstellungen von Big Blue beim Nachbau zunächst nicht gerecht werden konnten, gingen durch die nachfolgenden Verhandlungen viel Geld und Zeit verloren.

Ein Teil der taiwanischen Unternehmen, die ihre Geräte mit Preisnachlässen mit bis zu 30 Prozent absetzen, können auch mit konkreten Verkaufszahlen aufwarten. So behauptet Multitech, in den vergangenen acht Monaten insgesamt 6000 Einheiten losgeschlagen zu haben. Und Copam nennt an verkauften Stückzahlen 800 bis 1200 pro Monat. Der Preis für ihre Basis-Version: 1 600 Dollar.