Softwareanbieter für Versicherungen hängen in der Warteschleife

Mit dem Riester-Modell soll es besser laufen

11.05.2001
MÜNCHEN (CW) - Die Anbieter von Standardsoftware für Versicherungen durchlaufen derzeit eine Durststrecke. Doch die Zurückhaltung der Kunden hängt angeblich weniger von einer allgemeinen Investitionsmüdigkeit ab, sondern wird auf die ausstehende Verabschiedung der Rentenreform, auch Riester-Modell genannt, geschoben.

Die am Neuen Markt in Frankfurt am Main notierte Cor AG bekam die Flaute bereits im ersten Finanzquartal deutlich zu spüren: Die Verluste fielen höher als geplant aus. Das auf die Versicherungsbranche spezialisierte Unternehmen wird das erste Jahresviertel voraussichtlich mit einem Minus von fünf Millionen Mark abschließen und verfehlt damit das geplante Ergebnis um rund drei Millionen Mark. Auch der Umsatz blieb mit neun Millionen Mark rund zwei Millionen Mark unter Plan.

Hausgemachte ProblemeAusschlaggebend für die unerfreuliche Bilanz sei die abwartende Haltung der Versicherungsunternehmen wegen der noch offenen gesetzlichen Rahmenbedingungen gewesen, so die Begründung aus dem Vorstand, die Firmen hielten sich deshalb mit Investionen zurück. Mittlerweile stellt man sogar die Erwirtschaftung eines ausgeglichenen Jahresergebnisses in Frage. Dennoch hält Cor daran fest, dass die Aussichten auch für das laufende Jahr "sehr gut" seien, denn dass die Assekuranzen durch die Riester-Police neue Produkte entwickeln und ihre IT erweitern müssten, stehe außer Zweifel.

Doch nur die abwartende Haltung der Kunden für das schwache Ergebnis verantwortlich zu machen, scheint zu kurz gegriffen. Das zehn Jahre alte Unternehmen mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen hatte in den vergangenen Monaten auch mit hausgemachten Problemen zu kämpfen. Ergebnis interner Strategiequerelen war der Rücktritt des gesamten Vorstandes Mitte März - verbunden mit einer nicht genauer bezifferten, aber vom neuen Vorstand als "schmerzhaft" bezeichneten Abfindung. Seit dem Abgang der drei Manager wird Cor vom Unternehmensgründer Peter Gessner, der zwischenzeitlich in den Aufsichtsrat gewechselt war, und von Michael Krieg weitergeführt.

Was zunächst per Ad-hoc mit persönlichen Gründen gerechtfertigt wurde, klärte Gessner Mitte April auf: Der erst ein Jahr amtierende Ex-Vorstand hatte große Pläne mit dem Unternehmen und wollte es durch Akquisitionen von IT-Unternehmen massiv ausbauen sowie expandieren. Dabei hatte er die Rechnung ohne den Aufsichtsrat gemacht, der weiterhin auf die Besetzung eines Nischenmarktes setzt und auch bezüglich einer geografischen Ausweitung eher bescheidene Ansprüche hegt. Nach Ansicht des habilitierten Mathematikers Gessner, der sich auch als Kenner des britischen und amerikansichen Marktes einen Namen gemacht hat, bietet der Kernmarkt von Cor genügend Raum für ein gesundes Wachstum. Das Unternehmen konzentriert sich auf Personenversicherungen, sprich Lebens- und Krankenversicherungen sowie private Altersvorsorge und bietet hier mit "Cor Life" ein eigenentwickeltes System zur Bestandsführung, der "Produktionsstraße" von Versicherungsunternehmen. Das System kann sowohl als Paket bei den Unternehmen installiert werden als auch über Outsourcing angemietet werden. Außerhalb Deutschlands bemüht sich Cor, auch in Österreich Fuß zu fassen. Ausgelöst durch den Markteintritt englischer Unternehmen sei der Markt hier in den letzten Jahren in Bewegung gekommen.

Bisher zählt Cor 19 Kunden - darunter Allianz Lebensversicherung, Credit Suisse und Deutscher Herold Versicherung AG - mit einem Volumen von 700000 Verträgen und Beitragseinnahmen in Höhe von drei Milliarden Euro. Drei dieser Kunden haben Angaben zufolge ihre Altsysteme vollständig durch Cor-Produkte substituiert. Ursprünglich wollte Cor in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres mindestens zwei Kunden für die Produkte Cor-Life oder Cor-Outsourcing gewinnen, was dem Unternehmen jedoch nicht gelang.

Warum der einzige ebenfalls am Neuen Markt notierte Konkurrent, die FJA AG, im ersten Quartal mit einer Reihe von Neukunden aufzuwarten vermochte, konnte sich Gessner auch nicht erklären. Bereits im Januar meldete das in München ansässige Unternehmen, das von dem Mathematikprofessor Manfred Feilmeier gegründet und geleitet wird, den Abschluss eines Vier-Millionen-Auftrages von der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VvaG. Auf Basis der FJA-Standardsoftware sollen die Zusatzrenten der Mitarbeiter im deutschen Bauwesen verwaltet werden. Im Februar konnte FJA die Westfälische Provinzial für sich gewinnen. Das Projekt umfasst die Lizenzen und Dienstleistungen und beläuft sich Angaben zufolge auf ein Volumen von elf Millionen Mark. Dabei soll unter anderem das Standardprodukt von FJA, "Life Factory", für das Bestandsverwaltungssystem der Versicherung eingesetzt werden.

Nicht alle warten auf das GesetzAuch hinsichtlich der so genannten Riester-Police scheint sich FJA in der Überzeugungsarbeit der Kunden leichter zu tun als sein Wettbewerber Cor. Mit dem Parion-Verbund, 1997 aus dem Zusammenschluss der Gothaer Versicherungen und der Berlin-Kölnische Versicherungen entstanden, wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, die die Lieferung und den Betrieb der Software zur Verwaltung der künftigen Riester-Renten beinhaltet. In diesem Fall hat sich der Kunde für das Outsourcing-Angebot von FJA entschieden. Dabei liefern die Münchner die Lösungen und betreiben diese für Parion in einem Rechenzentrum der Business Business Services. Wie auch beim Outsourcing-Modell von Cor bezahlt hier der Kunde eine Gebühr, die sich nach Anzahl und Beitragssumme der verwalteten Policen richtet.

Doch nicht nur, dass es den Münchnern anscheinend besser gelingt, ihre Kunden bereits vor Verabschiedung des Gesetzes von ihrem Produkt zu überzeugen, dürfte die Konkurrenz aus Leinfelden getroffen haben. Im Mai gab es eine weitere Niederlage, als FJA den Auftrag der polnischen Tochtergesellschaft des Dortmunder Versicherers Signal-Iduna erhielt: Die Muttergesellschaft zählt zu den Referenzkunden von Cor.

Abb: Kennzahlen Cor und FJA

Während Cor die Entwicklung des laufenden Geschäftsjahres nicht zu prognostizieren wagt, rechnet FJA mit einer Umsatzsteigerung von 30 Prozent. Quelle: eigene Angaben