Generative AI in der Notaufnahme

Mit ChatGPT zu schnelleren Diagnosen

14.09.2023
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Obwohl nicht speziell dafür trainiert, ist ChatGPT laut einer aktuellen Studie offenbar gut dafür geeignet, wahrscheinliche Diagnosen für Patienten in der Notaufnahme vorzuschlagen.
Auch in der Medizin gibt es etliche Anwendungsbereiche für (Generative) KI, beispielsweise in der Diagnostik.
Auch in der Medizin gibt es etliche Anwendungsbereiche für (Generative) KI, beispielsweise in der Diagnostik.
Foto: chayanuphol - shutterstock.com

Die schnelle Diagnose von Patienten in der Notaufnahme ist entscheidend für die Verbesserung der Behandlungsergebnisse und die Verkürzung der Aufenthaltsdauer. Das Problem: Um eine genaue Diagnose zu stellen, müssen sich Ärzte auf verschiedene Informationsquellen stützen, darunter die Krankengeschichte, die körperliche Untersuchung, die Medikamenteneinnahme und weitere diagnostische Untersuchungen.

KI erstellt Diagnose

Wie eine neu im Fachmagazin Annals of Emergency Medicine veröffentlichte Studie (Paywall) zeigt, könnte Generative AI eines Tages Ärzte in der Notfallmedizin dabei unterstützen, die Menge und Komplexität der Daten in der modernen Medizin in den Griff zu bekommen. In einem Test schnitt OpenAIs GenAI-Chatbot ChatGPT bei der Erstellung wahrscheinlicher Diagnosen für Patienten in der Notaufnahme genauso gut ab wie ein ausgebildeter Arzt.

Im Rahmen der Studie fütterten die Forscher den KI-Chatbot (ChatGPT 3.5 und ChatGPT 4.0) mit anonymisierten Untersuchungsdaten und Arzt-Notizen von 30 Patienten, die 2022 in der Notaufnahme des Jeroen Bosch Krankenhauses in 's-Hertogenbosch, Niederlande, behandelt wurden. Außerdem übermittelten sie dem Chatbot die Ergebnisse von Laboruntersuchungen wie Blut- und Urinanalysen.

Anschließend verglichen sie für jeden Fall die vom Chatbot erstellte Auswahlliste der fünf wahrscheinlichsten Diagnosen mit der Auswahlliste der Notfallmediziner und mit der richtigen Diagnose der Patienten.

Ähnlich hohe Trefferquote wie Mediziner

Das Resultat: ChatGPT war nicht nur in der Lage, medizinische Diagnosen vorzuschlagen, ähnlich wie es ein menschlicher Arzt tun würde. In 97 Prozent (ChatGPT 3.5) beziehungsweise 87 Prozent (ChatGPT 4.0) der Fälle befand sich auch die richtige Diagnose unter den fünf wahrscheinlichsten Diagnosen. Die Ärzte hatten zum Vergleich in 87 Prozent der Fälle die richtige Diagnose unter ihren fünf wahrscheinlichsten Diagnosen.

Wie in anderen Gebieten leistete sich der KI-Chatbot auch bei der Diagnose einige Schwächen. Manchmal sei die Argumentation des Chatbots "medizinisch wenig plausibel oder widersprüchlich gewesen", hieß es in der Studie. Dies könne zu "Fehlinformationen oder Fehldiagnosen" führen - mit entsprechend schwerwiegenden Auswirkungen.

Trotz der überraschend hohen Trefferrate und den vielen Überschneidungen mit den Listen der Ärzte wird es daher noch etwas dauern, bis Generative KI dabei hilft, die Wartezeiten für Patienten in der Notaufnahme zu verringern. "Es ist wichtig zu wissen, dass ChatGPT kein medizinisches Gerät ist und dass es Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes gibt, wenn ChatGPT mit medizinischen Daten verwendet wird", erklärt Dr. Hidde ten Berg, Leiter der Abteilung für Notfallmedizin am Jeroen Bosch Krankenhaus und einer der Verfasser der Studie.

"Dennoch besteht hier das Potenzial, Zeit zu sparen und die Wartezeiten in der Notaufnahme zu verkürzen. Der Nutzen des Einsatzes von künstlicher Intelligenz könnte darin bestehen, Ärzte mit weniger Erfahrung zu unterstützen oder seltene Krankheiten zu erkennen."