Miserable Ergebnisse des Office-Automation-Spezialisten im ersten Quartal 1985 zeigen:Bei Wang schlagen alte Versäumnisse durch

10.05.1985

MÜNCHEN - Mit einer "Offensive für Integrierte Informationsverarbeitung" sucht Wang-Deutschland-Boss Dieter Basziszta den angekratzten Ruf seines Hauses wieder aufzupolieren: Wang-Kunden hierzulande wie in den USA bemängeln nämlich zunehmend Service und Support sowie die zum Teil erheblich verzögerte Auslieferung wichtiger Produkte.

Noch auf der Hannover-Messe wußte Basziszta mit Erfolgsmeldungen aufzuwarten: Zum Ende des Geschäftsjahres 1984/85 am 30. Juni rechne die deutsche Wang mit einer Umsatzsteigerung von 30 Prozent auf 270 Millionen Mark, dies seien fünf Prozent über der anvisierten 25-Prozent-Marke.

Bei der Aufzählung der zukünftigen Prioritäten des Unternehmens klangen aber gleichwohl die bisherigen Defizite mindestens indirekt an. Da war beispielsweise die Rede von einer "verstärkten Mitarbeiter- und Kundenorientierung", von einer "Kontinuität und Konzentration bezüglich des DDP-Geschäfts, das heute schon 75 Prozent der Umsätze ausmacht", von besagter "Offensive bei der Informationsverarbeitung durch konsequentes Heranführen unserer Kunden und Mitarbeiter" und von einer "Verstärkung der Zusammenarbeit mit deutschen Software-Partnern, um die Wang-eigene Hard- und Softwarestrategie weiter erfolgreich umzusetzen und neue Märkte zu erschließen". Die wenig später in den USA für das erste Quartal dieses Jahres veröffentlichten Konzernzahlen - bei den Wang Labs das dritte Quartal des laufenden Geschäftsjahres - sprachen da eine wesentlich deutlichere Sprache: Der Umsatz konnte gerade noch um zwei Prozent gesteigert werden, der Gewinn fiel um in dieser Höhe nicht erwartete 66 Prozent.

Für Wang-Kunden kommen diese Ergebnisse nicht ganz überraschend. Sie werfen dem Unternehmen vor, daß oftmals einer vollmundigen Ankündigung strategischer Produkte eine erhebliche Überschreitung der Auslieferungsfristen gegenübersteht. Ein Beispiel ist hier das Softwarepaket "Wang Office", das die Kommunikation aller Wang-eigenen Produkte erlaubt; es kam acht Monate später als geplant. Beklagt wird von Kundenseite aber auch der oft unzureichende oder gar schlechte Service und Support durch die Wang-Mannschaft.

Marktforscher und Berater diagnostizieren weitere Schwächen in der Unternehmenspolitik des Textverarbeitungsspezialisten, der eigentlich keiner mehr sein will. Wang habe sich zwar als einer der ersten Anbieter von "integrierten Bürosystemen" profiliert, tatsächlich jedoch seien die angebotenen Lösungen nur für ein homogenes, weil auf Wang-Produkte begrenztes Umfeld ausgerichtet gewesen. Zudem verhielten sich die Kunden nicht den boomartigen Prognosen für den Bürokommunikationsmarkt entsprechend und zeigten sich äußerst zurückhaltend. Die Wang Labs mußten sogar ihr "Alliance"-System wieder zurückziehen.

Als gravierenden Managementfehler werten die Branchenbeobachter nicht zuletzt auch, daß Wang offenbar die Offensive IBMs in Richtung Büro - Stichwort PC - unterschätzte und sich nicht rechtzeitig auf den dadurch ausgelösten Push einstellte. Erst relativ spät bot das Unternehmen Möglichkeiten an, die in den Sekretariaten und Vorzimmern installierten eigenen Textsysteme durch den eigenen Professional Computer zu ergänzen und mit den Mikros des Marktführers und weiter mit dessen Mainframes kommunizieren zu lassen. (Siehe hierzu auch den CW-Bericht auf Seite 6 in dieser Ausgabe über die jüngsten Announcements von Wang.)

Den Fehler, auf ein IBM-Produkt verspätet zu reagieren, will Wang wohl nicht noch einmal machen: In ihrer jüngsten Ausgabe berichtet die "Micro Marketworld", eine Schwesterpublikation der COMPUTERWOCHE in den USA unter Berufung auf eine Insiderquelle, daß die Labs im Juni ein Pendant zum "AT" des Marktführers auf den Markt bringen wollen, den Advanced Professional Computer oder APC. Dieser neue Mikro liege preislich wie der AT, basiere auf dem Intel-286-Chip und biete eine MS-DOS- und eine Xenix-Umgebung sowie die Option zur Aufrüstung auf Unix System V. Der bisherige Professional solle außerdem zum APC erweitert werden können.

Auch mit neuen Produkten ist allerdings ein Problem von Wang (.....) nicht ausgeräumt: Angesichts der finanziellen Größenordnung, die auf die Unternehmen bei der Einführung von Bürokommunikationssystemen zukommen, haben bei den Entscheidungen darüber zunehmend die DV-/Org-Chefs das letzte Wort. Nach einer Untersuchung, die der Wang-Vertrieb in den USA durchgeführt hat, sind heute die DV-Leiter bereits in 80 Prozent aller Fälle an entsprechende Entscheidungen maßgeblich beteiligt, noch vor wenigen Jahren waren es erst 25 Prozent.